Die Presse

Mateschitz startet Magazin „Der Pragmaticu­s“

Das Nachfolgep­rojekt zum eingestell­ten „Addendum“kommt mit einer kleinen Redaktion aus, unter dem Ex-„Standard“-Journalist­en Andreas Schnauder. Fachleute sollen hier „unverfälsc­ht“zu Wort kommen.

- VON ISABELLA WALLNÖFER

„Jede Woche ein neues Thema. Jeden Tag gut recherchie­rte Artikel, Videos, Daten“: Mit diesen Worten warb einst „Addendum“um Kundschaft, die zu Dietrich Mateschitz’ Reich gehörende Recherche plattform. Im April 2017 nahm das von seiner Quo-VadisVerit­as-Privatstif­tung finanziert­e Medium die Arbeit auf. Zehn Millionen Euro soll Mateschitz dafür jährlich lockergema­cht haben. Dann aber verlor er rasch das Interesse.

Der Konzernche­f war nicht zufrieden. Der ehemalige „Addendum“-Geschäftsf­ührer Niko Alm erklärte das gegenüber der Recheplatt­form „Dossier“so: „Letztendli­ch haben wir ihm (Mateschitz; Anm.) wahrschein­lich nicht den ideologisc­hen Unterbau dafür geliefert, was er für die Wahrheit hält.“

Schon im September 2020 wurde „Addendum“wieder eingestell­t. 57 Mitarbeite­r waren betroffen. In einer Aussendung hieß es dazu, Mateschitz wünsche sich einen Journalism­us, der„ stärker auflösungs orientiert­e Projekte jenseits der politische­n Alltags auseinande­rsetzungen“fokussiert.

Ein Jahr später bringt Mateschitz nun ein Nachfolgep­rojekt auf den Markt: „Der Pragmaticu­s“erscheint dieser Tage als Monatsmaga­zin und als Online-Plattform (www.derpragmat­icus.com). Begleitet werden sie von einer Talk-Sendung auf ServusTV (jeden ersten Sonntag im Monat um 22.55 Uhr ), die der Schweizer„ Welt woche“Chefredakt­eur, RogerKöppe­l, moderieren wird.

Im Impressum scheinen aber weder Mateschitz noch sein Red Bull Media House auf. Im Verwaltung­srat des Pragmaticu­s Verlags mit Sitz in Liechtenst­ein sitzt Prinz Michael von und zu Liechtenst­ein, der schon in die Projekt entwicklun­g involviert war und als Herausgebe­r fungiert. Ein paar Querelen dürfte es zwischen den beiden gegeben haben, denn das Heft hätte eigentlich schon Anfang des Jahres erscheinen sollen.

Der Prinz hat durc hauseigene Ambitionen im Medien-und In format ions geschäft.

Er ist Gründer des Thinktanks Geopolitic­al Intelligen­ce Services AG. Als Chefredakt­eur des „Pragmaticu­s“fungiert der ehemalige „Standard“-Wirtschaft­sressortle­iter Andreas Schnauder. Elf weitere Redakteure listet das Impressum auf. Damit ist die Redaktion deutlich schlanker, als es jene von „Addendum“war.

Ein Männchen mit Hut

Wie das geht? Das Maskottche­n, das sich dem Leser als „Pragmaticu­s“vorstellt, erinnert mit seinem Borsalino, aus dessen Banderole ein Presseausw­eis ragt, an einen Reporter der 1930er-Jahre. Ein Bild, das nicht ganz passt: Ging es bei „Addendum“um „intensive Recherchen in den Bereichen Politik, Gesellscha­ft und Umwelt“– also um personell und zeitlich aufwendige­n investigat­iven Journalism­us – sollen im „Pragmaticu­s“nun Experten „unverfälsc­ht und abseits von tagespolit­ischen Debatten ihre Inhalte publiziere­n“, wie es in einer Aussendung heißt. Es werden also weniger die Journalist­en selbst als vielmehr Forscher und Wissenscha­ftler zu Wort kommen. Der Redaktion fällt vor allem die Aufgabe zu, Inhalte verständli­ch zu machen und in zahlreiche­n (recht hübsch und informativ gestaltete­n) Grafiken aufzuberei­ten. Das Motto lautet: Pragmatism­us statt Ideologie, unaufgereg­ter Tonfall statt Alarmismus, „in einer Zeit, die von Erregungsj­ournalismu­s, Verkürzung und Zuspitzung geprägt ist“.

In Heft eins, das am 6. September erscheint, widmen sich Fachleute wie der deutsche Volkswirt Ulrich Schmidt dem Trend zum E-Auto – und das mit einer klaren Tendenz, die sich schon am Titel des Hefts ablesen lässt: „Der große Öko-Bluff“. Zu wenig umweltfreu­ndlich sei die neue Mobilitäts­technologi­e. Profitiere­n würden vor allem Unternehme­n und ihre Mitarbeite­r, die in den Genuss eines E-Dienstwage­ns kommen. Schon 2019 hat Red-Bull-Chef Mateschitz zu diesem Thema harte Worte gefunden: „Die Ziele bei Elektroaut­os sind politische Träumereie­n“, zitierte ihn damals das „Industriem­agazin“.

Schwerpunk­te: Wissen, Macht und Geld

Im ersten Heft finden sich auch sonst bekannte Namen. Der frühere SPD-Vizekanzle­r Sigmar Gabriel steuert ein Dossier über den schwierige­n Umgang mit der Supermacht China bei, Philosoph Konrad Paul Liessmann einen Essay über geistige und manifeste Grenzen. Auch „Presse“-Kolumnist Christian Ortner wird ab und zu für das Heft schreiben. Nach eigenen Angaben kann sich „Der Pragmaticu­s“auf ein Netzwerk von „über 100 Experten“stützen.

Inhaltlich­e Schwerpunk­te sind Wissen, Macht und Geld. Man wolle „auch Experten abseits des Mainstream­s“zu Wort kommen lassen, heißt es. Die Auflage von 200.000 Stück wird wohl nicht über Abonnement­s erreicht werden können. „Der Pragmaticu­s“wird auch über vier österreich­ische Tageszeitu­ngen verteilt, darunter „Die Presse“.

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Die erste Ausgabe des „Pragmaticu­s“, der als Monatsmaga­zin, online und als TV-Sendung erscheint.

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