Mateschitz startet Magazin „Der Pragmaticus“
Das Nachfolgeprojekt zum eingestellten „Addendum“kommt mit einer kleinen Redaktion aus, unter dem Ex-„Standard“-Journalisten Andreas Schnauder. Fachleute sollen hier „unverfälscht“zu Wort kommen.
„Jede Woche ein neues Thema. Jeden Tag gut recherchierte Artikel, Videos, Daten“: Mit diesen Worten warb einst „Addendum“um Kundschaft, die zu Dietrich Mateschitz’ Reich gehörende Recherche plattform. Im April 2017 nahm das von seiner Quo-VadisVeritas-Privatstiftung finanzierte Medium die Arbeit auf. Zehn Millionen Euro soll Mateschitz dafür jährlich lockergemacht haben. Dann aber verlor er rasch das Interesse.
Der Konzernchef war nicht zufrieden. Der ehemalige „Addendum“-Geschäftsführer Niko Alm erklärte das gegenüber der Recheplattform „Dossier“so: „Letztendlich haben wir ihm (Mateschitz; Anm.) wahrscheinlich nicht den ideologischen Unterbau dafür geliefert, was er für die Wahrheit hält.“
Schon im September 2020 wurde „Addendum“wieder eingestellt. 57 Mitarbeiter waren betroffen. In einer Aussendung hieß es dazu, Mateschitz wünsche sich einen Journalismus, der„ stärker auflösungs orientierte Projekte jenseits der politischen Alltags auseinandersetzungen“fokussiert.
Ein Jahr später bringt Mateschitz nun ein Nachfolgeprojekt auf den Markt: „Der Pragmaticus“erscheint dieser Tage als Monatsmagazin und als Online-Plattform (www.derpragmaticus.com). Begleitet werden sie von einer Talk-Sendung auf ServusTV (jeden ersten Sonntag im Monat um 22.55 Uhr ), die der Schweizer„ Welt woche“Chefredakteur, RogerKöppel, moderieren wird.
Im Impressum scheinen aber weder Mateschitz noch sein Red Bull Media House auf. Im Verwaltungsrat des Pragmaticus Verlags mit Sitz in Liechtenstein sitzt Prinz Michael von und zu Liechtenstein, der schon in die Projekt entwicklung involviert war und als Herausgeber fungiert. Ein paar Querelen dürfte es zwischen den beiden gegeben haben, denn das Heft hätte eigentlich schon Anfang des Jahres erscheinen sollen.
Der Prinz hat durc hauseigene Ambitionen im Medien-und In format ions geschäft.
Er ist Gründer des Thinktanks Geopolitical Intelligence Services AG. Als Chefredakteur des „Pragmaticus“fungiert der ehemalige „Standard“-Wirtschaftsressortleiter Andreas Schnauder. Elf weitere Redakteure listet das Impressum auf. Damit ist die Redaktion deutlich schlanker, als es jene von „Addendum“war.
Ein Männchen mit Hut
Wie das geht? Das Maskottchen, das sich dem Leser als „Pragmaticus“vorstellt, erinnert mit seinem Borsalino, aus dessen Banderole ein Presseausweis ragt, an einen Reporter der 1930er-Jahre. Ein Bild, das nicht ganz passt: Ging es bei „Addendum“um „intensive Recherchen in den Bereichen Politik, Gesellschaft und Umwelt“– also um personell und zeitlich aufwendigen investigativen Journalismus – sollen im „Pragmaticus“nun Experten „unverfälscht und abseits von tagespolitischen Debatten ihre Inhalte publizieren“, wie es in einer Aussendung heißt. Es werden also weniger die Journalisten selbst als vielmehr Forscher und Wissenschaftler zu Wort kommen. Der Redaktion fällt vor allem die Aufgabe zu, Inhalte verständlich zu machen und in zahlreichen (recht hübsch und informativ gestalteten) Grafiken aufzubereiten. Das Motto lautet: Pragmatismus statt Ideologie, unaufgeregter Tonfall statt Alarmismus, „in einer Zeit, die von Erregungsjournalismus, Verkürzung und Zuspitzung geprägt ist“.
In Heft eins, das am 6. September erscheint, widmen sich Fachleute wie der deutsche Volkswirt Ulrich Schmidt dem Trend zum E-Auto – und das mit einer klaren Tendenz, die sich schon am Titel des Hefts ablesen lässt: „Der große Öko-Bluff“. Zu wenig umweltfreundlich sei die neue Mobilitätstechnologie. Profitieren würden vor allem Unternehmen und ihre Mitarbeiter, die in den Genuss eines E-Dienstwagens kommen. Schon 2019 hat Red-Bull-Chef Mateschitz zu diesem Thema harte Worte gefunden: „Die Ziele bei Elektroautos sind politische Träumereien“, zitierte ihn damals das „Industriemagazin“.
Schwerpunkte: Wissen, Macht und Geld
Im ersten Heft finden sich auch sonst bekannte Namen. Der frühere SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel steuert ein Dossier über den schwierigen Umgang mit der Supermacht China bei, Philosoph Konrad Paul Liessmann einen Essay über geistige und manifeste Grenzen. Auch „Presse“-Kolumnist Christian Ortner wird ab und zu für das Heft schreiben. Nach eigenen Angaben kann sich „Der Pragmaticus“auf ein Netzwerk von „über 100 Experten“stützen.
Inhaltliche Schwerpunkte sind Wissen, Macht und Geld. Man wolle „auch Experten abseits des Mainstreams“zu Wort kommen lassen, heißt es. Die Auflage von 200.000 Stück wird wohl nicht über Abonnements erreicht werden können. „Der Pragmaticus“wird auch über vier österreichische Tageszeitungen verteilt, darunter „Die Presse“.