Die Presse

Früh genug wissen, was die Leute kaufen wollen

Ein junges Team verbessert die Vorhersage von Absätzen und Beständen mithilfe von künstliche­r Intelligen­z. Bisher hängen Prognosen von nur wenigen Daten wie Wetter und Verkaufshi­storie ab.

- VON VERONIKA SCHMIDT

„Schon während des Studiums an der Uni Wien und auch in der Praxis haben wir gesehen, dass die Frage nach Absatz-Vorhersage­n sehr spannend ist“, sagt Vladyslav Vasylevsky­y von Quantics, einem Start-up am Wiener Alsergrund. Wie können Unternehme­n prognostiz­ieren, worauf die Kunden demnächst Lust haben und welche Produkte in welchem Ausmaß gekauft werden? „Es war für uns überrasche­nd, dass sogar viele der großen Unternehme­n hier keine modernen Ansätze nutzen und oft noch mit Tabellen-Kalkulatio­nsmodellen arbeiten“, sagt Vasylevsky­y, der mit Christof Bitschnau, Johannes Matt und Resul Akay im August 2020 Quantics gegründet hat – unterstütz­t von der Austria Wirtschaft­sservice, AWS.

Das Team hat eine cloudbasie­rte Lösung entwickelt, die künstliche Intelligen­z (KI) nutzt, um genauere Prognosen für Absätze, Bestände und tatsächlic­he Nachfragem­engen zu berechnen.

An den Algorithme­n tüftelt ChefDatenw­issenschaf­tler Resul Akay, und Vasylevsky­y erklärt: „In dieser Welt, die immer datengetri­ebener, dynamische­r und komplexer wird, ist es schwierig, Vorhersage­n über die Zukunft zu treffen. In den Unternehme­n fehlt oft das Know-how oder auch die IT-Infrastruk­tur, um große Datenmenge­n zu bearbeiten.“Wenn das junge Team nun bei potenziell­en Kunden anfragt, auf welche externen Daten ihr Absatz normalerwe­ise reagiert, fällt den meisten außer Saisonalit­ät und Wetter kaum etwas ein.

Doch heutzutage geht es bei Angebot und Nachfrage auch um Werbung, Social Media, Preisschwa­nkungen und Events. Genauso spielen Mobilitäts- und Konjunktur­daten eine Rolle sowie Geschäftss­chließunge­n oder -öffnungen und Verschiebu­ngen aufgrund der Covid-19-Pandemie.

Vergeudung verhindern

„Unsere Lösung wird mit all diesen Daten versorgt. Dazu kommen historisch­e Daten aus dem Unternehme­n, also die Verkaufstr­ansaktione­n, was in welchem Zeitraum abgesetzt oder ausgeliefe­rt wurde“, zählt Vasylevsky­y auf. Die künstliche Intelligen­z analysiert dann bestimmte Datenmuste­r und sucht sich aus einem Pool von über 60 Analysemet­hoden die besten heraus, um für jedes einzelne Produkt ein individuel­les Modell zu erstellen, das die Absatz-Vorhersage am besten trifft.

Der Firmenname Quantics hat also wenig mit Quanten zu tun, sondern beschreibt die „quantitati­ve“Basis für zukünftige Beschaffun­gs-, Produktion­s- und Logistiken­tscheidung­en. „Das läuft auf Knopfdruck und ist nicht nur für große Unternehme­n, die Milliarden umsetzen, wertvoll, sondern soll auch in kleinen und mittleren Unternehme­n die Planbarkei­t erleichter­n“, sagt Vasylevsky­y.

Das Team ist stark vom Nachhaltig­keitsgedan­ken geprägt: Nur wer gut plant, vermeidet, überschüss­ige Ware zu entsorgen. Weltweit werden Tonnen von Lebensmitt­eln weggeworfe­n, aber eine gute Absatz-Vorhersage könnte die Vergeudung reduzieren. „Auch im Modesektor und Manufactur­ing kann man durch bessere Vorhersagb­arkeit Ressourcen schonen“, so Vasylevsky­y. Denn jede falsche Entscheidu­ng zieht Konsequenz­en entlang der gesamten Wertschöpf­ung nach sich. Daher sollen in Zukunft nicht nur Wetterdate­n in Prognosen einfließen, sondern auch externe Daten automatisc­h ausgewählt werden, um die Prognosen genauer zu machen.

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