Ein Triumph der Forschung über das Virus
Kann man Covid-19 auch etwas Positives abgewinnen? Die Pandemie habe zu einem Motivationsschub bei Innovationen geführt, sagen die Chefs der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, Henrietta Egerth und Klaus Pseiner.
Das Jahr 2020 war anders – für alle. Für die Forschung unterschieden sich die vergangenen eineinhalb Jahre seit Beginn der Pandemie aber auch klar von früheren Krisen. Einerseits, weil diese Zeit zur Leistungsschau wissenschaftlicher Entwicklungen im Medizinsektor wurde. „Es ist ein Triumph der Forschung, was da gelungen ist“, sagt Henrietta Egerth, Geschäftsführerin der FFG, und nennt Impfstoffe, Therapeutika und Schutzkleidung als Beispiele. Und andererseits hebt sich die aktuelle Krise ab, weil der Aufwärtstrend – die Unternehmen setzten stark auf F&E – bis heute anhält: „Das war ein positiver Schub für die angewandte Forschung“, berichtet Klaus Pseiner, der gemeinsam mit Egerth seit 17 Jahren an der Spitze der nationalen Förderinstitution für unternehmensnahe Forschung steht. Die Finanzkrise 2008 habe man anders erlebt, da sei den Firmen irgendwann die Luft ausgegangen.
Technologien rasch anpassen
Allein 2020 sei die Nachfrage nach Investitionen in Forschungsprojekte um 30 Prozent höher gewesen als sonst, schildert Pseiner. Rund 40 Prozent der Akteure seien neu. Im März 2020 war ein Corona-Emergency-Call gestartet worden, mit dem auch klinische Studien gefördert wurden. Welche sind aber nun – neben den viel beachteten medizinischen Erfolgen – die wichtigsten inhaltlichen Stoßrichtungen? Besonders gefragt sind Forschungsprojekte in der Digitalisierung und solche mit nachhaltigen, ökologischen Forschungsinhalten: 2020 wurde mit 263 Millionen Euro nahezu jeder zweite Fördereuro der FFG in Digitalisierung investiert – 572 Millionen Euro gingen in diesem Jahr insgesamt in Forschung, Entwicklung und Innovation.
Mit in Summe 165 Millionen Euro wurden klimarelevante Projekte gefördert. Wobei sich die Bereiche Digitalisierung und Klimaforschung freilich stark überlappen.
Ein Beispiel ist die gemeinsam mit der europäischen Weltraumagentur ESA betriebene Forschung. Hier nutzt man Signalverarbeitung und andere Technologien, um etwa mittels hoch auflösender Erdbeobachtungssatelliten
Gletscher zu kartieren, Niederschlagsmessungen durchzuführen oder Klimamodelle zu erstellen. Die aufgebauten Industriekapazitäten seien so leistungsfähig, dass man die Technologien sehr rasch für neue Schwerpunkte einsetzen könne, so Pseiner. Im Umweltbereich wird Forschung zu neuen Verkehrskonzepten genauso gefördert wie jene zu alternativen Antriebssystemen,
etwa E-Mobilität oder Wasserstoff, aber auch Batterieforschung und andere Speichertechnologien.
Die kollaborativen Forschungsformate mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft scheinen sich jedenfalls bewährt zu haben. Von einer systematischen Kooperationsschwäche, wie sie Ende der 1990er-Jahre noch geortet worden sei, könne man heute nicht mehr sprechen, sagt Egerth. Vielmehr sei man hier ein Spitzenreiter geworden
Klaus Pseiner und Henrietta Egerth stehen seit 17 Jahren gemeinsam an der Spitze der FFG.
– ein Erfolg, der in den vergangenen zehn bis 20 Jahren durch die Kompetenzzentrenprogramme, aber auch thematische Programme, die stets einen Kooperationspartner verlangen, möglich geworden sei.
Größere Antworten anbieten
Den aktuellen gesellschaftspolitischen Herausforderungen, etwa auch der Ökologisierung, will man nun umfassender begegnen und fragen: „Was braucht es rund um das eigentliche Forschungsprojekt sonst noch?“, so Egerth. Gedacht ist etwa an Infrastruktur oder Human-Ressourcen. „Wir versuchen nicht mehr nur einzelne neue Programme aufzusetzen, sondern größere Antworten für die Forschung-Community zu geben.“Generell werde von einer Forschungsförderungseinrichtung sehr viel Flexibilität erwartet. Dem will man sich stellen. Nicht nur in Zeiten einer Pandemie.