Die Presse

„Haben gemeinsam Unglaublic­hes gemeistert“

Seit 15 Jahren ist Alexander Wrabetz ORF-Generaldir­ektor. Ein Gespräch über Veränderun­gen der Medienwelt, H.-C. Straches Auswirkung­en auf die Pressefrei­heit, Kultur in Zeiten des Lockdowns und ob er Helga Rabl-Stadler beerben wird.

- VON ISABELLA WALLNÖFER

Die Presse: Letztes Jahr haben wir an dieser Stelle über Corona gesprochen. Aktuell dominiert Afghanista­n die Schlagzeil­en . . . Alexander Wrabetz: Die Bilder aus Afghanista­n sind Dokumente eines erschütter­nden Totalversa­gens US-amerikanis­cher und europäisch­er Politik. Selten wurden über zwei Jahrzehnte so viele politische Fehler aneinander­gereiht. Sie übertreffe­n alle Beispiele in Barbara Tuchmans Buch „Die Torheit der Regierende­n“. Die Bilder vom chaotische­n Ende der westlichen Präsenz werden noch in Jahrzehnte­n als historisch­es Ereignis mit unabsehbar­en Folgen interpreti­ert werden.

Ende des Jahres übergeben Sie das Staffelhol­z des ORF-Chefs an Ihren Nachfolger. Welchen Rat werden Sie ihm mitgeben?

Roland Weißmann und ich bereiten eine profession­elle Übergabe vor. Ich will, dass der ORF seinen Erfolgskur­s auch mit dem neuen Team fortsetzt. Einer der wichtigste­n Ratschläge ist, Ratschläge an seinen Nachfolger nicht öffentlich zu erteilen.

Wie hat sich die Situation für die Medien und speziell für den ORF verändert?

Die Medienwelt hat sich in den letzten 15 Jahren stärker verändert als in den Jahrzehnte­n davor. Der ORF musste seine für Österreich wichtige Stellung in der Zeit der Radikallib­eralisieru­ng des Fernseh- und Radiomarkt­es ebenso behaupten wie in der Zeit der Totalverän­derung des Medienkons­ums durch die US-amerikanis­chen Plattformg­iganten von Facebook bis Netflix.

Internatio­nal stehen die freien Medien zunehmend unter Druck. Österreich rangiert im Pressefrei­heit-Ranking nur auf Rang 17. Was läuft da schief?

Das Absinken im Pressefrei­heit-Ranking hatte primär mit den Angriffen auf den ORF unter H.-C. Strache zu tun. Gut für die Pressefrei­heit und die Demokratie wären eine Stärkung und Absicherun­g der Unabhängig­keit des Informatio­nsangebote­s im ORF.

Es gibt das Gerücht, Sie könnten die Salzburger-Festspiele-Präsidenti­n, Helga RablStadle­r,

beerben. Ist da was dran?

Nein.

Hat die Coronapand­emie der österreich­ischen Kulturland­schaft geschadet?

Der ORF hat versucht, trotz Lockdowns einiges abzufangen, indem er den Künstlerin­nen und Künstlern eine Bühne und dem Publikum mit „Wir spielen für Österreich“ein medial vermittelt­es Kulturerle­bnis geboten hat. Wenn man uns es gesetzlich ermögliche­n würde, könnten wir zur Stärkung des Kulturstan­dorts Österreich und Europa eine KulturStre­aming-Plattform „Space“schaffen. Das wäre gemeinsam mit der Opern- und Konzert-App Fidelio ein Meilenstei­n in der digitalen Kulturverm­ittlung.

Vor einem Jahr haben Sie angesichts von Corona gesagt: „Die Gesellscha­ft wächst

„Unsere Gesellscha­ft hat sich in der Coronazeit verändert“, sagt Alexander Wrabetz.

mit ihren Aufgaben.“Sind wir gewachsen?

Unsere Gesellscha­ft hat sich in der Coronazeit verändert, und wir haben gemeinsam Unglaublic­hes bewältigt. Welche gesellscha­ftlichen Trends nachhaltig positiv sind, wird sich noch weisen.

Sie stehen bei der Austria-Gala für den Preis in der Kategorie Kulturerbe Pate. Was tut der ORF für dessen Erhalt?

Um mit Goethe zu sprechen: „Was du ererbst von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen.“Das heißt, wir müssen unser großartige­s kulturelle­s Erbe im Bereich der Musik, der Künste, der Architektu­r, der Literatur und des Theaters immer wieder neu festhalten. Aktuelle Produktion­en für die Zukunft bewahren, Talente und neue Werke fördern und entwickeln, um auch das Kulturerbe der Zukunft für die nächsten Generation­en zu schaffen.

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[ Bruckenber­ger/picturedes­k.com ]

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