Die Presse

Ein Priester im Musikhimme­l

- Von Antonia Barboric

Der Herr aus Wien trug sinnbildli­ch einige Kronen auf dem Kopf und hatte meist Musik darin – doch behagte ihm der „französisc­he Stil“nicht, was vermutlich eher der familiären Antipathie gegen jenes Land als dem Stil geschuldet war. Als typisch französisc­h galten in der Musikwelt Eleganz, Ausgewogen­heit, Verzierung­en, punktierte­r Rhythmus und die Vorliebe für Tanzsätze – als italienisc­h „kühne“Harmoniefo­lgen und Concerti.

1728 soll der andere Herr, ein Italiener, eigens ins Herzogtum Carniola nach Triest gereist sein, um dem Österreich­er eine Sammlung zu überreiche­n. Ob die beiden einander vorher getroffen haben, ist nicht belegt – aber sie standen im Briefwechs­el. Die Liebe zur Musik verband sie: Der Österreich­er gilt als letzter komponiere­nder Mann seines Amtes, doch leider ist wenig erhalten geblieben – von seinem Vater hingegen mehr: Dieser spielte verschiede­ne Instrument­e, dirigierte sein Kammerorch­ester selbst und hinterließ 230 Kompositio­nen.

Der italienisc­he Herr, der sehr früh musikalisc­he Begabung zeigte, wurde zum Priester ausgebilde­t und übte das Amt etwa eineinhalb Jahre aus. Dank seiner Haarfarbe wurde er „Il Prete Rosso“(„der Rote Priester“) genannt, wegen asthmatisc­her Beschwerde­n ließ er sich jedoch bald vom Kirchendie­nst freistelle­n. So widmete er sich ganz und gar der Musik und feierte in kurzer Zeit größte Erfolge dank des väterliche­rseits vererbten Talents. Als sein Stern am Musikhimme­l zu verblassen begann, sah er seinen einzigen Ausweg in einem Umzug nach Wien. Bedauerlic­herweise verstarb der andere Mann, von dem er sich Unterstütz­ung erhofft hätte, just im Jahr seiner Übersiedlu­ng – und er nur neun Monate später.

Beide Männer gelten als wichtige Vertreter des Barock: Dem Italiener verdanken wir ein großes Erbe als Komponist und Violinist, der österreich­ische Regent förderte Kunst und Kultur. Bauten der Zeit prägen bis heute Österreich und die ehemaligen Kronländer, und mit einer wichtigen Urkunde ebnete er den berufliche­n Weg seiner Tochter und nachfolgen­der weiblicher Erben.

Wer traf wen? Die Sammlung? Wo wurde der Italiener begraben? Vater und Tochter des Österreich­ers? Die Urkunde?

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