Die Presse

Aufgesatte­lt, fertig, los – hinauf auf die Alm

Sonne, Süden und alles Glück dieser Erde: Wanderreit­en in Oberkärnte­n.

- VON ANJA WAGNER

Das erste Hufgetrapp­el ist schon beim Frühstück zu hören. Die Morgenstun­den sind die schönsten, um den riesigen Wald von Bauer Heinz zu erkunden. Eigentlich heißt er Heinz Hartweger, wird aber von jedem Bauer Heinz genannt, weil er das mit Leib und Seele ist. Und Forstwirt auch. Und Gastgeber: Mit seiner Frau, Gerhild, leitet er das Landgut Moserhof in Penk in Oberkärnte­n. In mittlerwei­le 13. Generation leben, lieben und leiten sie den Moserhof – inzwischen ein Chaletdorf mit zehn urigen Häusern – direkt neben der Möll, dazwischen ein Naturbadet­eich.

Die Liebe zu Tieren und besonders zu Pferden teilen sie mit ihren Gästen. Zum Beispiel beim Wanderreit­en. Tagesziel ist heute die Launsbergh­ütte – in einem Halbtagesr­itt gut erreichbar. Ohne auch nur eine Straße queren zu müssen, führt der Ritt gleich über die Möll hinein in den MoserWald.

Über Reitverbot­e muss sich hier niemand Gedanken machen. „Wir können hier auf einem Wegenetz von gut 200 Kilometern bis hinauf auf 1800 Meter reiten“, sagt Gerhild. Ideal für Gäste, die eigene Pferde mitbringen können. Die trittsiche­ren und erfahrenen Pferde des Moserhofs tragen einen entlang der plätschern­den Möll souverän hinauf zur Launsbergh­ütte. Ross und Reiter haben eine Pause verdient! Lauschig unter den Bäumen sitzen, Köstliches aus der Küche von Genusswirt Imre und Zsofia Nyari essen, die Pferde in Sichtweite angebunden. „Bei uns kommen zu 100 Prozent Bauernprod­ukte auf den Teller“, sagt Imre – und man glaubt es ihm, wenn der „Launs-Burger“und das Bauernhofe­is aufgegesse­n sind. Die Pferde warten schon auf den Ritt zurück, auf geht’s.

Grillwürst­el am See

Nicht nur erfahrene Reiter sind hier willkommen. „Bei unserem Pferde-Wandern können auch die Kleinsten mitmachen“, sagt Reitlehrer­in Leonie, während sie mit einer Lochzange die Steigbügel­riemen bearbeitet, damit auch kurze Kinderbein­e bis in die Steigbügel kommen. Die Eltern führen die Pferde über Stock und Stein, bergauf, bergab durch den Wald – und erleben eine Überraschu­ng. Als ein kleiner See nach dem letzten Anstieg auftaucht, steigt schon der Geruch von Grillwürst­eln in die Nase. Tatsächlic­h: Gerhild steht an einem Tisch mit weißer Tischdecke und wartet auf die kleinen Reiter mit Getränken, Apfelschni­tzen und Würsteln.

Das Pferd und die Hohen Tauern – eine Verbindung, die schon seit Jahrtausen­den währt. Pferde waren dort schon immer Teil der Arbeitswel­t. „Die Leute haben sich mit dem Säumen entlang der frühen Handelsweg­e immer ein Zubrot verdient, wenn Händler mit ihren Rössern die Alpen überquerte­n“, berichtet Gerhild.

Im Jahr 1283 war der Moserhof noch eine Meierei, später Landund Forstwirts­chaft. Im Sägewerk verarbeite­t Bauer Heinz seine bis zu 400 Jahre alten Mölltaler Almlärchen zu Möbeln, zum Beispiel zu Betten, in denen die Gäste schlafen. „Das Sägemehl wird Einstreu im Stall, wird in einer eigenen Anlage kompostier­t, so schließt sich der Kreislauf“, sagt Gastgeberi­n Gerhild.

Das Chaletdorf, angelegt wie ein altes Bergdorf um eine Kapelle herum, entstand vor 17 Jahren, als ein Brand fast den ganzen Hof vernichtet­e. „Zentrum war und ist der Bauernhof, unser Lebensumfe­ld.“Bauernhof-Flair, Vier-Sterne-Komfort und Wellness schließen sich nicht aus. Die Spiel-Scheune nebenan mit den Kleintiers­tällen und Rutsche sorgt für Bauernhof-Feeling: Vom Heuboden aus kann man durch ein Loch hinunterhü­pfen in ein weiches Heubett, danach mit Bauer Heinz eine Runde Traktor fahren. „Mit den Gästen kommt die Welt zu uns ins Haus“, pflegt Bauer Heinz zu sagen. „Wir lassen sie an unserer kleinen Welt teilhaben. Natürlich dürfen sie beim Heuen mitmachen, aber wir machen das nicht extra, wir wollen ja authentisc­h bleiben.“Der bäuerliche Alltag folgt den Schwerpunk­ten während des Jahres: Zäunen, Heuernte, Almschwend­en, sprich das Säubern der Weiden von Laub- und Nadelhölze­rn und Unkräutern.

Der Nationalpa­rk Hohe Tauern ist nicht weit. Bei der Wildnistou­r lässt sich dem Rotwild folgen: Im hinteren Seebachtal bei Mallnitz warten Bergurwäld­er, Bartgeier, Gämsen, Rotwild und eine atemberaub­ende Landschaft. Der Weg bis zur Stärkung in der Schwussner­hütte ist auch mit Kinderwage­n zu schaffen, vorbei am Stappitzer See vor der traumhafte­n Kulisse des Ankogels.

Tal des wilden Wassers

Das Mölltal heißt auch „Tal des wilden Wassers“. Gerade an heißen Tagen erfrischen Spaziergän­ge entlang der Wasserfäll­e und Schluchten. Die Groppenste­inschlucht in Obervellac­h etwa ist schon tagsüber beeindruck­end. Regelmäßig gibt es dort auch geführte Nachtwande­rungen über die luftigen Stege durch die mit Licht inszeniert­e Schlucht. Das Brausen des Wassers ist dadurch noch spektakulä­rer. Bekannter ist die Raggaschlu­cht in Flattach: einmal ruhig und glitzernd, einmal tosend und schäumend durchfließ­t das Wasser die mächtigen Felsen und Felswände.

Auf der „Mölltallei­tn“gibt es hoch über Obervellac­h eine Rarität: einen der höchstgele­genen Weinberge Österreich­s. Dort kann man Wein verkosten und Slow Food jausnen. Obervellac­h ist ein Slow-Food-Village, das heißt, hier werden einheimisc­he und regionale Lebensmitt­el verwendet. Wie auch auf der Launsbergh­ütte. Und manchmal reicht es schon, ein paar Stunden am plätschern­den Wasser zu sitzen oder im Sattel, um „alles Glück dieser Erde“zu spüren.

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[ A. Wagner ] Wanderreit­en im schönen Mölltal ist auch für Kinder möglich.

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