Salamitaktik ist ein großer Fehler
Wer als „Leihmanager“erfolgreich sein will, darf nicht nur Zahlen, sondern muss auch die Mitarbeitenden im Blick haben, sagen Gisela Kollmann und Christian Kniescheck.
Es erinnert ein wenig an die „Brenner“-Romane von Wolf Haas. Die meisten beginnen mit dem Satz: „Jetzt ist schon wieder was passiert.“Immer etwas passiert ist auch, wenn Interim-Manager ins Unternehmen gerufen werden, sagt Gisela Kollmann: „Es gibt einen Engpass, etwa weil die frühere Führungskraft für längere Zeit ausfällt oder es nach einem unerwarteten Abgang dauert, bis die Nachfolge geregelt ist. Oder eine andere Situation eintritt, die Druck verursacht.“
Interim-Manager sollen wie ein Turbo für aufzuholende Aufgaben und Projekte wirken, sollen neue Energie ins Spiel bringen, „wie wenn man im Fußball neue Spieler einwechselt, wenn die Mannschaft in die Verlängerung muss“. Denn sie sind stark operativ ausgerichtet und anders als Berater pragmatisch unterwegs: Was sie vorschlagen, muss unmittelbar umsetzbar sein; bloße Empfehlungen abzugeben, reicht nicht aus.
Kollmann, spezialisiert auf Personalagenden, wurde von der Dachorganisation Österreichisches Interim-Management
(DÖIM) heuer als Interim-Managerin des Jahres ausgezeichnet. Christian Kniescheck – heuer vom DÖIM für ein Restrukturierungsprojekt ausgezeichnet – ergänzt das Bild: „Es ist wie bei einer Notoperation. Interim-Manager bringen eine andere Expertise als jemand aus der Linie. Sie können unvorbelastet an die Aufgaben gehen und werden als objektiv wahrgenommen, weil sie keine Eigeninteressen haben.“Für sie ist ja von vornherein klar, dass sie auf Zeit im Unternehmen sind.
Laufend steigende Nachfrage
Das dürfte auch die Entscheider in den Unternehmen überzeugen: Rund 1500 Interim-Manager gebe es in Österreich, sagt DÖIM-Vorstand Martin L. Mayr, der Markt für „Leihmanager“wachse in Österreich zwischen jährlich zehn und 20 Prozent.
Die Mitarbeiter der betreffenden Unternehmen hingegen erleben die Situation oft mit gemischten Gefühlen. „Veränderung kann von Mitarbeitenden als Chance oder aber als Bedrohung gesehen werden“, sagt Kniescheck, wobei konstruktive Mitarbeit in diesen Phasen meist die Chancen erhöhe, langfristig im Unternehmen zu bleiben, und interessante Aufgaben mit sich bringe.
Wichtig sei, dass Interim-Manager „Vertrauen aufbauen und den Mitarbeitenden im Unternehmen erklären, warum Interim-Management überhaupt notwendig ist“, sagt Kollmann. „Schnell entsteht sonst Skepsis und es taucht die Frage auf: Wie kann diese Person etwas schaffen, was wir über Jahre nicht geschafft haben?“Interim-Manager agieren deshalb immer mit den internen Teams gemeinsam, um aus dem Krisenmodus zu führen und den Businessalltag am Laufen zu halten. Danach übernehmen in der Regel wieder Führungskräfte, die dauerhaft im Unternehmen bleiben sollen.
Aus diesem Grund kommt der Personalführung in der Krise große Bedeutung zu. „Die Führungskraft darf keine leeren Versprechungen machen: Realismus und Ehrlichkeit sind gefragt. Es gilt, transparent mit den Beteiligten zu kommunizieren und zu informieren“, sagt Kollmann.
Ein großer Fehler sei daher, die Salamitaktik anzuwenden, vom großen Ziel immer nur in kleinen Scheiben zu erzählen. „Manchmal muss man mit der vollen Wahrheit ,reinfahren‘“, sagt Kniescheck. Also mit dem Worst-Case-Szenario, um die Dramatik der Situation zu zeigen und gleich aber auch Optionen aufzuzeigen. Man müsse klarmachen, „wir müssen etwas ändern“, und gleichzeitig die typischen Phasen im Umgang mit schwierigen Situation (Leugnung, Wut, Lösung, Depression, Akzeptanz) bedenken und berücksichtigen.
„Ein schwerer Fehler ist, für Mitarbeitende nicht erreichbar und zugänglich und außerdem nicht ehrlich zu sein“, sagt Kollmann. Da brauche es jedenfalls immer wieder Mut, Entscheidungen zu treffen, ohne alle Informationen zur Verfügung zu haben.
Stattdessen gelte es, Mitarbeitenden das Gefühl zu geben, Teil von etwas Wichtigem und Sinnvollem zu sein und die eigene Veränderungsfähigkeit zu erfahren – das aber funktioniere nur, wenn es authentisch vermittelt wird, betonen Kollmann und Kniescheck.
Ein schwerer Fehler ist, für Mitarbeitende nicht erreichbar und zugänglich und außerdem nicht ehrlich zu sein.
Christian Kniescheck, Interim-Manager Sie bringen neue Energie, wie wenn man im Fußball neue Spieler einwechselt, wenn die Mannschaft in die Verlängerung muss.
Gisela Kollmann, Interim-Managerin