„Österreichweite Impfpflicht für neue Lehrer“
Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr über eine Impfpflicht für alle neu angestellten Pädagogen in Österreich, Restriktionen gegen Ungeimpfte in Wien und eine Neuverteilung der Lehrer in Wien.
Die Presse:
Vor einer Woche hat in der Bundeshauptstadt die Schule begonnen. Wann wird sie wieder geschlossen – nachdem die Infektionszahlen wieder massiv steigen?
Christoph Wiederkehr:
Aus meiner Sicht überhaupt nicht! Die Schul-Lockdowns haben bereits einen viel zu großen Schaden hinterlassen – psychosozial bei den Kindern und auch bildungspolitisch. Wir müssen alles tun, damit die Schulen offen bleiben.
Und wenn die Zahlen trotzdem ein kritisches Niveau erreichen? Das werden sie nach der derzeitigen Tendenz.
Ich bin zuversichtlich, dass es dieses Mal gelingen wird, eine Schließung der Schulen zu verhindern, weil wir ein sehr enges Sicherheitsnetz an den Wiener Schulen gespannt haben – zum Beispiel mit regelmäßigen PCRTests.
Nochmals: Wenn die Zahlen weiter steigen – wann werden die Schulen geschlossen?
So spät wie möglich! Bevor die Schulen geschlossen werden, bin ich für die Einführung von Einschnitten für Ungeimpfte.
An welche Restriktionen denken Sie dabei?
Dahingehend, dass manche Einrichtungen in der Stadt nur mehr von Geimpften und Genesenen betreten werden dürfen. Kinder und Jugendliche dürfen nicht die Leidtragenden dafür sein, dass sich Erwachsene nicht impfen lassen – obwohl sie die Möglichkeit dafür haben. Denn die Intensivstationen sind vor allem von Ungeimpften belegt. Ich sehe nicht ein, dass Kinder und Jugendliche nicht zur Schule gehen dürfen, nur weil die Durchimpfungsrate in der Bevölkerung zu gering ist.
Impfstoffe gegen Corona sind nun für Kinder ab dem Alter von 12 Jahren zugelassen. Wollen Sie, wie bei den Erwachsenen, eine unterschiedliche Behandlung von geimpften und ungeimpften Kindern?
Bis Kinder unter zwölf Jahren geimpft werden können, halte ich das nicht für denkbar. Aber wir differenzieren derzeit schon ab zwölf Jahren. Beim Testen wäre es auch eine sinnvolle Unterscheidung, dass geimpfte Schüler sich nicht so oft testen müssen wie ungeimpfte. Nach der Sicherheitsphase in den
Schulen wird das so gelebt werden.
In welcher Form wird aktuell zwischen geimpften und ungeimpften Kindern unterschieden?
Wenn es in einer Klasse einen Coronafall gibt, müssen geimpfte Kinder dann nicht in Quarantäne. Aktuell sind etwa ein Drittel der Schüler ab zwölf Jahren geimpft. Seit Schulbeginn können Direktoren in Wien dazu auch noch strengere Regeln an der eigenen Schule verhängen – beispielsweise eine Maskenpflicht für eine Woche, falls vermehrt Fälle von Infektionen auftreten.
Die Impfquote bei den Schülern liegt aber deutlich unter jener der Gesamtbevölkerung.
Das soll weiter nach oben gehen. Wir werden deshalb in den nächsten Wochen 50 Stopps an Wiener Schulen mit Impfteams machen. Ich möchte an Eltern appellieren, ihre Kinder impfen zu lassen.
Kinder und Jugendliche wollen sich impfen lassen, aber manche Eltern verhindern das?
Das wird immer öfter an mich herangetragen. Es ist unverantwortlich, eine Impfung der eigenen Kinder zu verhindern.
Sind das Einzelfälle oder handelt es sich um eine nennenswerte Gruppe?
Wir sehen eine relevante Gruppe an Impfgegnern. Aus meiner Sicht ist diese Gruppe zu groß. Die Pandemie kann nur über die Impfung bekämpft werden.
Wie groß ist die Gruppe in Wien?
Ich fürchte, dass es über 15 Prozent sind. Das ist problematisch.
Ihr Koalitionspartner in Form von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker will deshalb nur mehr Geimpfte in Discos lassen.
Eine Benachteiligung von frisch Genesenen kann ich mir nicht vorstellen. Dafür aber, dass Schnelltests nicht mehr gelten.
Nebenbei: Wie wollen Sie sozial schwache Schüler unterstützen, die durch Corona weiter abgehängt wurden? Die hatten oft keinen Laptop für Home-Schooling. Neben den Lernförderungen im Sommer und dem Summer City Camp (Ferienbetreuung, Anm.) wird es in diesem Jahr eine CoronaSonderförderung für alle Schulen geben, vor allem für die, die besondere Herausforderungen haben und Ressourcen dringend benötigen.
Konkret planen Sie eine Neuverteilung der Lehrkräfte, was auf erbitterten Widerstand an betroffenen Schulen stößt. Bleibt es trotzdem dabei?
Ich habe auch sehr viel Zustimmung für diese Reform bekommen. Die bisherige Verteilung der Ressourcen war unfair – es geht um eine gerechte Verteilung.
Sie orten viel Zustimmung? Es gab vielmehr harsche Kritik von Schulen, denen Ressourcen gekürzt werden sollen.
Mit diesen Schulen haben wir über den Sommer gearbeitet, um sie begleiten zu können. Wir haben Kapazitäten aufgestockt, um Härtefälle zu vermeiden. Ganz viele Schulen haben aber mehr bekommen und können neue Förderangebote machen. In Zukunft werden wir klar evaluieren, welche Sonderprojekte es an Schulen gibt. Früher hat ein Projekt 25 Jahre Ressourcen bekommen und keiner hat später mehr gewusst, wozu oder ob das wirklich weiterhin notwendig ist.
Man könnte es auch so formulieren: Schulen, die gute Arbeit machen und daher weniger Sonderprojekte benötigen, werden bestraft. Sind die Neos plötzlich leistungsfeindlich geworden?
Das stimmt so nicht. Wir fördern, wo es besondere Innovationen und mehr Förderbedarf gibt. Wir können nur die Ressourcen verteilen, die wir vom Bund bekommen.
In Wiener Kindergärten bekommen nur mehr jene einen Job, die geimpft sind. Wollen Sie das für die Schulen auch?
Im Bereich der Schule bin ich für einen verpflichtenden Impfnachweis bei Neuanstellungen. Ich halte es aber für notwendig, das bundesweit zu machen – das Lehrerdienstrecht ist Bundesmaterie.
Sie fordern eine Impfpflicht für Lehrer?
Ja, ich bin für einen verpflichteten Impfnachweis bei neu angestellten Lehrern.