Trafiken nur noch befristet zu vergeben?
VwGH zwingt Monopolverwaltung GmbH, ihre Vergabepraxis zu ändern. Mit möglicherweise einschneidenden Folgen.
Wien. Trafiken sind meist eher unscheinbare Läden, klein und ohne große Überraschungen in den Auslagen. An guten Standorten mit hoher Kundenfrequenz aber – zum Beispiel auf Flug- oder Bahnhöfen – können darin wahre Goldgruben verborgen sein. Ein solcher Fall, mit geschätztem Tabakwarenumsatz von 3,3 Millionen Euro jährlich, ist jetzt vor dem Verwaltungsgerichtshof gelandet, weil sich ein Bewerber um die Konzession übergangen fühlte. Die Entscheidung kommt einer kleinen Revolution gleich.
Nach einer Idee von Kaiser Joseph II.
Der Verkauf von Tabakwaren unterliegt in Österreich einem staatlichen Monopol. Kaiser Joseph II. hatte es 1784 eingeführt, um Kriegsinvaliden ein Auskommen zu sichern. Heute werden die Trafiken von der Monopolverwaltung GmbH (MVG) vergeben – alle, die frei werden, an Menschen mit Behinderung. Solche wurden auch dem späteren Revisionswerber vorgezogen, zwei Mal hintereinander, wobei beide Male die erfolgreichen Kandidaten ihre Bewerbung zurückzogen. Der Übergangene wandte sich an das
Bundesverwaltungsgericht: Er wollte festgestellt haben, dass die Vergabevorgänge nicht dem „Bundesvergabegesetz Konzessionen 2018“entsprochen hätten. Das Gericht wies die Anträge zurück und bestätigte das Vorgehen der MVG nach dem Tabakmonopolgesetz, das spezielle Bestimmungen für die Vergabe von Trafiken enthält.
Doch nun korrigiert der VwGH das Gericht: Er sieht in der Bestellung von Trafikanten
eine Beschaffung im vergaberechtlichen Sinn: Erworben wird dabei die vom Trafikanten verrichtete Dienstleistung, einschließlich seiner Verpflichtungen wie der Betriebspflicht (Ro 2019/04/0231). Also ist das erwähnte Bundesvergabegesetz anzuwenden.
Das könnte einschneidende Folgen haben, wie Christian F. Schneider, Anwalt bei bpv Hügel und Dozent an der Uni Wien, der „Presse“erläutert: „Die Laufzeit von Konzessionen darf nach diesem Gesetz grundsätzlich fünf Jahre nicht überschreiten, außer wenn der Inhaber besondere Investitionsaufwendungen tätigen muss, die sich so schnell nicht rechnen.“Die Investitionen für eine Trafik dürften in der Regel aber eher rasch zu verdienen sein. Schneider: „Es wird eine Herausforderung sein, das System so zu gestalten, dass es dem Versorgungscharakter weiter Rechnung trägt.“
Hannes Hofer, Geschäftsführer der MVG, ist da zuversichtlich: „Es gibt gute Gründe, warum die Fristen länger als fünf Jahre sein sollten.“Im Idealfall versorgt eine Trafik den Inhaber für den Rest seines Lebens, etwa wenn er durch Krankheit oder einen Unfall aus seiner bisherigen Berufstätigkeit gerissen wird. „Wir machen jeden 6.
Tag aus einem Menschen mit Behinderung einen Unternehmer“, sagt Hofer. Derzeit werden 1230 der insgesamt 2300 Volltrafiken von Menschen mit Behinderung geführt. „Wir sind damit das größte inklusive Unternehmernetzwerk Österreichs“, so Hofer. Diese soziale Ausrichtung kann und wird jedenfalls aufrechterhalten werden; das Vergabegesetz erlaubt ausdrücklich auch die Berücksichtigung solcher Aspekte.
Knackpunkt „Vererbungsparagraf“
Dass nicht alle „Tabakfachgeschäfte“von Menschen mit Behinderung geführt werden, hat einen besonderen Grund: den sogenannten Vererbungsparagrafen im Tabakmonopolgesetz. Er erlaubt die Weitergabe von Trafiken an Angehörige ohne Behinderung – und ist dem Vergabegesetz ebenso fremd wie unbefristete Konzessionen. Der Widerspruch ist Hofer durchaus bewusst: „Es ist spannend, dass es zwei unterschiedliche Rechte gibt – das Vergabegesetz und das Recht der Vererbung, das Angehörige aus dem Monopolgesetz ableiten können.“Wie beides in Einklang gebracht werden kann, würden jetzt die Juristen der MVG prüfen, so Hofer zur „Presse“.