Das beste Sushi selber machen
Joji Hattori, der Wien mit dem Shiki den elegantesten Japaner schenkte, hat ein Kochbuch geschrieben. Teilweise sogar zum Nachkochen.
In Sake und Saikyo-Miso marinierter Black Cod mit eingelegten Myogaknospen. Topinamburchips auf Umeboshi-Espuma. Sashimi vom Steinbutt mit Ponzu und MomijiOroshi. Sonderlich oft werde er tatsächlich nicht nach Rezepten gefragt, gibt Joji Hattori, Gründer des schicksten Wiener Japaners, des Shiki, zu.
Seine mit Küchenchef Alois Traint an europäische Grenzen gebrachte japanische Haute Cuisine ist nun einmal nicht unterkomplex. Und japanisches Essen dem Österreicher kulinarisch zwar lieb, praktisch aber sehr fern.
Dennoch – oder gerade deshalb – hat Hattori, dieser vielfache „Hybridmensch“zwischen Geiger, Dirigent und Wirt, zwischen den Kulturen Wiens und Tokios, jetzt auch ein ähnlich hybrides Kochbuch (Pichler-Verlag) geschrieben. Eine in dieser FineDining-Kategorie mittlerweile übliche Luxus-Visitenkarte, wie sie sich gerade ein japanisches Michelin-Star-Restaurant wohl nicht entgehen lassen darf, man sollte sie, bitte, mit beiden Händen annehmen (40 Euro).
Der zweite Lockdown war es schließlich, der diesen lang gehegten Wunsch letztendlich die nötig elegante, hochglänzende Gestalt annehmen ließ, wie Hattori erzählt. Und sogar den lokalen Berührungsängsten kam man in „The Art of Shiki“nach reiflicher Überlegung entgegen: Ein Viertel der Rezepte widmet sich vergleichsweise bodenständiger japanischer Hausmannskost (das Schnitzel heißt dort Tonkatsu), die Hattori aus der eigenen Familie besteuerte – schon als Kind war er übrigens ein ausgesuchter Feinspitz, wie ihm erzählt wurde. Womit die japanische Redensart „Die Seele eines Dreijährigen währt bis 100“nur bestätigt wäre, meint er. Der eigene, ebenfalls gerade dreijährige Sohn tendiere demnach in Richtung Gesang, Rennfahrt oder Kochen, er besitze sogar schon einen eigenen Spielzeug-Pürierstab, so der Vater.
Fischzerlegen als Bildgeschichte
Fehlt nur noch ein Spielzeug-Yanagiba-Messer, das typische schlanke Sashimi-Messer (muss es doch geben in Japan). Die Bild-für-Bild-Anleitungen zum Fischzerlegen im Kochbuch lassen beinahe kinderleicht aussehen, was Köche in Japan halbe Leben lang studieren. Der normalsterbliche Japaner könne das jedenfalls auch nicht, beruhigt Hattori, der könne den Fisch schließlich schon passend zugerichtet kaufen. Was in Österreich schwierig bis unmöglich sei.
Dieser didaktische Zugang zieht sich jedenfalls durch das Buch, typische Essgewohnheiten, Basiszutaten, Utensilien werden „dem Europäer“ohne übertriebenes Getue erklärt. Tägliches Brot für Hattori sozusagen, wenn auch er selbst den Großteil der eigenen Kindheit nicht in der Izakaya, sondern im Imperial gespeist hat. Die Eltern waren mit dem Achtjährigen, der in Japan als Geigenwunderkind herumgereicht worden war, von Tokio nach Wien gezogen, „klassische Kulturflüchtlinge“, wie er sie bezeichnet.
Geld spielte dabei kaum eine Rolle, die Familie stammt aus dem SeikoUhren-Clan ab. Die Söhne gingen ins Theresianum, danach führte Hattori das übliche einsame Solisten-Reiseleben, begann auch als Dirigent, suchte allerdings nach noch mehr Gesellschaft und tüftelte dann zwei Jahre lang am Konzept des Shiki. Allein der Name ist ein Kunstwerk, bedeutet er auf Japanisch zweierlei, „Vier Jahreszeiten“sowie „Dirigat“.
Stammgast Sir Simon Rattle
2016 halbierte er daher seine Konzerttätigkeit und eröffnete – bald bildete sich Stammkundschaft heran, darunter Kollegen Hattoris, Sänger Juan Diego Flo´rez oder Dirigent Sir Simon Rattle. Das Konzept, bei dem das Japanische so höflich unaufdringlich bleibt, scheint aufgegangen zu sein: So wird zu den Stäbchen immer auch Besteck eingedeckt, das Servicepersonal stammt aus der halben Welt, und auch in der Küche sind bis auf die SushiFraktion keine Japaner zu entdecken. „Traditionelle japanische Restaurants, also japanische Figlmüllers, gibt es eben viele“, beschreibt es Hattori. „Ein japanisches Mraz & Sohn nur einmal.“