Glaubhafter Otello in trister Umgebung
Staatsoper: Die Inszenierung von „Otello“bleibt banal.
Billige Verpackung, triste szenische Aufmachung, bloß bemühte musikalische Begleitung im Graben: Der jüngste Staatsopern-„Otello“zeigte einige Mängel, über die drei Sänger der Spitzenklasse bei ihren Wiener Rollendebüts nicht hinwegtäuschen konnten. Vor allem ist die so pauschale wie banale Inszenierung von Adrian Noble (Premiere im Juni 2019) auch bei ihrer erst neunten Aufführung eine Peinlichkeit für jedes seriöse Musiktheater.
Ein Moment, der versöhnlich stimmt: Zu Beginn des vierten Aktes findet die matronenhafte Desdemona der Rachel Willis-Sørensen im „Lied von der Weide“bewegend zu klaren Linien und weitem Atem. Nach langen Strecken kraftmeierischer Klanglichkeit bereitet Dirigent Bertrand de Billy dafür sogar innige Momente und rollt dann den philharmonischen Teppich für Gregory Kunde aus, der mit Otellos ungekünstelt und kitschfrei artikuliertem Todesgesang eine beeindruckende und seriöse Leistung krönte. Mit Geschmack und Stilsicherheit hat sich der stets klug auftretende Amerikaner zum Finale seiner großen Karriere ins dramatische Fach vorgearbeitet und erntet nun als „der“(weiße) Otello unserer Tage. Auch ohne schwarze Schminke macht er die inneren Qualen eines Intrigantenopfers glaubhaft. Dafür muss er weder einen Rabauken noch einen Epileptiker spielen, sein stets verlässlicher Heldentenor schafft das auch so bravourös. Zumal sich die Verführungskünste von Ludovic Te´zier recht zahm ausnehmen, denn sein Jago ist weder mit dem Satan noch anderen Dämonen verwandt. Der passionierte Schönsinger führt seinen Edelbariton spazieren und gibt den saturierten Zeitgenossen. Auch so kann man sich gemütlich an Shakespeare und Boito vorbeijonglieren.