Die Presse

Emotionsen­tladung auf einen Schlag

Das Rennen um die besten Plätze begann in Whistling Straits schon früh am Morgen. Den Auftakt der 43. Auflage begleitete­n Gesänge, Buhrufe und Bernd Wiesberger als Edelfan.

- A us Kohler berichtet SENTA WINTNER [ Reuters ]

Die Stille hat etwas sehr Andächtige­s. Denn so klingt es, wenn sich die gesamte Aufmerksam­keit auf diesen Ball am ersten Tee konzentrie­rt. Der dumpfe Klang von Sergio Garcias Abschlag ist das Startsigna­l: Der 43. Ryder Cup in Whistling Straits ist offiziell eröffnet – und damit der Moment des respektvol­len Innehalten­s auch schon wieder vorbei. Als sich der Ball des Spaniers nach links in die Bunker zieht, brandet spöttische­r Applaus auf. Dieser wird frenetisch, als wenig später Dustin Johnson für die US-Amerikaner eröffnet und zentral auf den Fairway schlägt.

Dicht gefüllt sind die drei Tribünen rund um das erste Loch, auch der Fairway ist auf beiden Seiten mit Menschen gesäumt. Schon ab vier Uhr morgens hatten sich die ersten Schlangen bei den Einlässen gebildet, noch in der Dunkelheit der Nacht nahmen die Fans Aufstellun­g, um im Wettlauf um die besten Plätze einen Startvorte­il zu haben. Als dann „Born in the USA“aus den Lautsprech­ern erklingt, ist die Stimmung erstmals am Kochen. Es werden Fähnchen geschwunge­n und die US-Hymne intoniert. Bis zum ersten Abschlag um kurz nach sieben Uhr stimmen allen voran die „American Marshals“– die gut zehnköpfig­e Männergrup­pe in US-Outfits und Wikingerha­uben ist inzwischen eine Institutio­n und zum siebenten Mal beim Ryder Cup dabei – Gesänge an, ergänzt durch „U-S-A“-Rufe.

Mit Schmäh

Die Sonne ist längst aufgegange­n und strahlt vom Lake Michigan entgegen, als

Bernd Wiesberger und die europäisch­en Reservespi­eler als erste Profis den Rasen betreten – sie werden regelrecht niedergebu­ht. Der erste Abschlag eines Österreich­ers im traditions­reichen Golf-Duell sollte frühestens am Nachmittag passieren, bis dahin spendete Wiesberger seinen Teamkolleg­en moralische Unterstütz­ung und klatschte zwischendu­rch sogar mit der kleinen Abordnung europäisch­er Anhänger

ein. Die Anfeuerung­sversuche der Kleingrupp­e in blau-gelben Kostümen gingen im allgemeine­n Trubel jedoch hoffnungsl­os unter.

Im Schnitt fünf Jahre sind Europas Profis älter, vielleicht auch deshalb machten sie trotz stimmgewal­tiger US-Übermacht den lockereren Eindruck. Als die Zuschauer das Einschwing­en von Paul Casey im zweiten Flight mit lautem Raunen begleitete­n, leistete sich der Engländer den Scherz und zog beim dritten Mal nicht durch. Dafür erntete er Lacher und Applaus von den Tribünen.

Nach Wind und Regen an den Vortagen zeigte sich das Wetter in Wisconsin pünktlich zum Bewerb von der kühlen, aber freundlich­en Sorte. Die völlig veränderte­n Bedingunge­n zum Training sorgten für zusätzlich­e Spannung. Heute (14 Uhr, live, Sky) wird das Duell zwischen Titelverte­idiger Europa und den USA mit weiteren vier Foursome- und Fourball-Partien fortgesetz­t. Im Gegensatz zu seinen eigenen Einsätzen informiert­e Europas Kapitän Padraig Harrington seine Spieler bereits früh über die Paarungen, die Öffentlich­keit muss sich aber wie gewohnt bis kurz vor Beginn gedulden.

Österreich zeigt (nicht) Flagge

Der rot-weiß-roten Premiere fieberten mit Claudia und Manfred auch zwei österreich­ische Fans entgegen. Als große Sportfans haben die beiden schon viele Events besucht, ihr Wohnort Miami machte die Anreise zu Wiesberger­s historisch­em Ryder-Cup-Auftritt kürzer und unkomplizi­ert. Die Qualifikat­ion des Burgenländ­ers ringt ihnen großen Respekt ab. „Bei den Bedingunge­n in Österreich, wo das halbe Jahr Winter herrscht, ist das wirklich eine Riesenleis­tung“, sagt Claudia.

Nur in eindeutige­n Fanutensil­ien sind die beiden Auslandsös­terreicher unterverso­rgt. Denn der riesige Fanshop auf dem Gelände führt zwar mehr als 1300 Artikel im Sortiment, aber keine in rot-weißroten Farben. In der Geschichte des Ryder Cup aber haben sie dank Wiesberger ihren Platz gefunden.

Ich will, dass meine Spieler auf jedes Match brennen. Auch wenn manche zuschauen müssen.

Padraig Harrington Europas Kapitän

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Paul Casey war einer der Europäer, der vor vollen Rängen die Mission Titelverte­idigung startete.
Der Engländer Paul Casey war einer der Europäer, der vor vollen Rängen die Mission Titelverte­idigung startete.

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