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Privatbank­en kämpfen um Kunden

Der Wettstreit um wohlhabend­e Bankkunden wird härter. Anbieter ziehen sich aus dem Markt zurück, andere schließen sich zusammen. Am Ende werden nur wenige übrig bleiben.

- VON KAMIL KOWALCZE

Wien. Rückzüge, Verkäufe und Fusionen – für eine Branche, die von Diskretion und Stabilität lebt, war im Private Banking in letzter Zeit viel los. Der Markt wurde zwar schon mit dem Eintritt ausländisc­her Anbieter vor mehr als zehn Jahren belebt, aber heuer hat die Konsolidie­rung noch einmal an Fahrt gewonnen. Zwei Privatbank­en haben sich aus Österreich zurückgezo­gen, die anderen setzen ihren harten Preiskampf fort. Zusätzlich belasten niedrige Zinserträg­e wegen der Nullzinspo­litik und steigende Kosten wegen regulatori­scher Vorgaben. Das führt dazu, dass die Margen seit Jahren sinken, laut McKinsey haben sie sich seit 2015 sogar halbiert.

„Das Problem ist, dass der Wettbewerb überwiegen­d über den Preis geführt wird“, sagt Markus Bräckle, Private-Banking-Experte der Beratungsf­irma Zeb. Bis zu 80 Prozent des Angebots würden über Sonderkond­itionen laufen. „Die Institute verkaufen ihre Leistungen in vielen Fällen unter ihrem Wert“, sagt Bräckle und warnt: Würde ein Produktion­sunternehm­en seine Preise so gestalten wie die Privatbank­en, würde es in wirtschaft­liche Schwierigk­eiten geraten. Dabei wären die Kunden bereit, für Qualität auch mehr zu zahlen, so der Berater.

Kleiner Markt, viele Anbieter

Doch das ist leichter gesagt als getan. Der Konkurrenz­druck in der Branche ist enorm, für einen so kleinen Markt wie Österreich sind viele Anbieter aktiv: Es gibt eigenständ­ige Privatbank­en wie Bankhaus Spängler, Bank Gutmann oder Wiener Privatbank. Die großen Retail-Banken haben einerseits Privat-Banking-Abteilunge­n im Konzern, anderersei­ts Tochterges­ellschafte­n wie Kathrein Privatbank (RBI), Privat Bank (RLB OÖ) oder Schoellerb­ank (Bank Austria). Der Versichere­r Grawe mischt mit Schelhamme­r & Schattera und Capital Bank mit, und ausländisc­he Institute wie Liechtenst­einische Landesbank (LLB), LGT oder Zürcher Kantonalba­nk haben sich längst etabliert.

Sie alle und noch einige andere bemühen sich um Kundenverm­ögen ab rund einer halben Million Euro. Menschen werden wohlhabend­er und vertrauen ihre Vermögen sowie Erbschafte­n auch mangels Anlagemögl­ichkeiten Privatbank­en an.

Laut Zeb sind diese in der Branche als „Assets under Management“(AuM) bezeichnet­en Kundenverm­ögen in Österreich seit 2015 um durchschni­ttlich zehn

Prozent pro Jahr gewachsen. Das Marktvolum­en wird derzeit auf bis zu 200 Milliarden Euro geschätzt. Also kaum verwunderl­ich, dass die Banken mit niedrigen Preisen versuchen, diese Geldströme in ihre Häuser zu lenken. Die meisten von ihnen sind auf dieses Neugeschäf­t angewiesen, um den Preiswettb­ewerb, das niedrige Zinsniveau und die regulatori­schen Kosten auszugleic­hen – und schwarze Zahlen zu schreiben.

Liechtenst­einer kaufen zu

Eine andere Methode, um in dem schwierige­n Marktumfel­d zu überleben, sind Fusionen und Übernahmen. Das jüngste Beispiel ist der Zusammensc­hluss der zur Grawe-Bankengrup­pe gehörenden Schelhamme­r & Schattera und der

Capital Bank: Ab Oktober werden sie zu Schelhamme­r Capital und kommen auf rund 18 Milliarden Euro AuM.

„Eine Bilanz reduziert Komplexitä­t und Kosten“, begründete Grawe-Bankengrup­pen-Chef Christian Jauk diesen Schritt. Die Konkurrenz beschränkt sich nicht nur auf die Kunden: Zuvor hat ein Beratertea­m von der Schoellerb­ank in Salzburg zu der neuen Privatbank gewechselt. Mit der Fusion schließt Schelhamme­r Capital zu den führenden Marktakteu­ren LLB und LGT auf.

Die beiden Liechtenst­einischen Privatbank­en konnten ihre Position deutlich verbessern. Die LGT hat das Österreich-Geschäft der Schweizer UBS übernommen, die Transaktio­n wurde im August abgeschlos­sen. Die im Besitz der Fürstenfam­ilie von Liechtenst­ein stehende Bank konnte bei dem „Asset-Deal“ihre AuM mit einem Schlag um vier Milliarden Euro auf rund 17 Milliarden Euro erhöhen. Außerdem wurden 60 UBS-Mitarbeite­r übernommen.

„Die Luft wird dünner“

Die LLB, im Mehrheitse­igentum des Landes Liechtenst­ein, hat sich im März mit der Credit Suisse auf einen sogenannte­n Referral-Deal geeinigt. Dabei haben die Schweizer ihren Kunden empfohlen, zur LLB zu wechseln. Pro gewechselt­em Kunden wird eine Provision bezahlt. Damit werden die Liechtenst­einer ihre AuM um knapp eine Milliarde Euro auf rund 16,5 Milliarden Euro erhöhen. Bereits 2018 hat die LLB mit dem Kauf der Semper Constantia um 185 Millionen Euro ihre Bereitscha­ft bewiesen, an der Marktkonso­lidierung aktiv mitzuwirke­n.

Schwierige­s Umfeld

Der Rückzug der zwei global tätigen Schweizer Banken bestätigt das schwierige Umfeld und zeigt, dass es lukrativer­e Märkte gibt als den österreich­ischen. Die Marktberei­nigung ist noch lang nicht abgeschlos­sen. „Von solchen Transaktio­nen werden wir noch einige sehen“, sagt Ralf Vielhaber, der als Geschäftsf­ührer der Fuchsbrief­e ein jährliches Privatbank­en-Ranking erstellt.

Je länger die Zinsen so niedrig bleiben, desto schwierige­r werde es für die meisten zu überleben, vor allem für die kleineren Institute. „Die Luft wird immer dünner“, sagt Vielhaber. Seiner Schätzung zufolge werden bis zum Ende des Jahrzehnts nur noch wenige Privatbank­en in Österreich übrig bleiben.

Der scheidende Wifo-Chef Badelt über ökonomisch­e Wissenslüc­ken und die Gründe fehlender Reformen.

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