Musiker für die Grünen, Mimen für die Linke
Welche Künstler machen sich im deutschen Bundestagswahlkampf für Parteien stark? Der Einsatz von Promis scheint überschaubar.
Die Reiselustigen bei uns im Kultur-Bunker des Gegengiftes in Erdberg, die immer wieder mal gern in München, Frankfurt am Main, Berlin oder Hamburg vorbeischauen, um zu sehen, was sich bei den schönen Künsten des großen Nachbarn so tut, sind in diesem schwarzen September ziemlich enttäuscht vom am Sonntag zu Ende gehenden Bundestagswahlkampf. Nein, nicht von den Kandidaten; dass ein Kanzlerkandidaten-Trio wie Laschet-Scholz-Baerbock die immerwährende Merkel-Raute nicht so leicht ablösen kann, war abzusehen. Frustration herrscht, weil so wenige deutsche Künstler, die wir schätzen, bereit sind, in einer unübersichtlichen Situation, bei Kampagnen voller Belanglosigkeit Farbe zu bekennen.
Die Traditionalisten unter uns heulen: Wohin sind all die Jahre verschwunden, in denen der deutsche Großschriftsteller Günter Grass wie ein Kanzlerkandidat mit seinem Begleiter Willy Brandt durch die Lande zog, um wieder mehr politische Poesie zu wagen? Das war in jener Zeit, als im verschlafenen Österreich scharenweise Promis von A bis Z mit Bruno Kreisky ein Stück des Weges gingen. Im Vergleich dazu herrscht heute in Deutschland geradezu Stillstand.
Der Ex-Boxer Vitali Klitschko und die Model-Moderatorin Sophia Thomalla setzen sich laut dpa für die Union ein, der Schlagersänger Roland Kaiser und die Schauspielerin Natalia Wörner für die SPD. Vergleichsweise fast flotte Befürworter haben die Grünen. Schlagzeuger Bela B. („Die Ärzte“) stellte den Ökos ein positives Attest aus, seinen Aufruf unterzeichneten Dutzende Künstler. Auch Igor Levit war zur Begleitmusik bereit.
Theaterleute wie Corinna Harfouch und Martin Wuttke hingegen unterstützen die Linke. Auf Landesebene. In Berlin. Sie mögen offenbar den Retro-Chic von Typen wie Klaus Lederer. Da sage noch einer, Angela Merkel sei bieder! Die deutsche Kultur ist politisch zum Einschlafen brav.