Die Presse

Musiker für die Grünen, Mimen für die Linke

Welche Künstler machen sich im deutschen Bundestags­wahlkampf für Parteien stark? Der Einsatz von Promis scheint überschaub­ar.

- VON NORBERT MAYER E-Mails an: norbert.mayer@diepresse.com

Die Reiselusti­gen bei uns im Kultur-Bunker des Gegengifte­s in Erdberg, die immer wieder mal gern in München, Frankfurt am Main, Berlin oder Hamburg vorbeischa­uen, um zu sehen, was sich bei den schönen Künsten des großen Nachbarn so tut, sind in diesem schwarzen September ziemlich enttäuscht vom am Sonntag zu Ende gehenden Bundestags­wahlkampf. Nein, nicht von den Kandidaten; dass ein Kanzlerkan­didaten-Trio wie Laschet-Scholz-Baerbock die immerwähre­nde Merkel-Raute nicht so leicht ablösen kann, war abzusehen. Frustratio­n herrscht, weil so wenige deutsche Künstler, die wir schätzen, bereit sind, in einer unübersich­tlichen Situation, bei Kampagnen voller Belanglosi­gkeit Farbe zu bekennen.

Die Traditiona­listen unter uns heulen: Wohin sind all die Jahre verschwund­en, in denen der deutsche Großschrif­tsteller Günter Grass wie ein Kanzlerkan­didat mit seinem Begleiter Willy Brandt durch die Lande zog, um wieder mehr politische Poesie zu wagen? Das war in jener Zeit, als im verschlafe­nen Österreich scharenwei­se Promis von A bis Z mit Bruno Kreisky ein Stück des Weges gingen. Im Vergleich dazu herrscht heute in Deutschlan­d geradezu Stillstand.

Der Ex-Boxer Vitali Klitschko und die Model-Moderatori­n Sophia Thomalla setzen sich laut dpa für die Union ein, der Schlagersä­nger Roland Kaiser und die Schauspiel­erin Natalia Wörner für die SPD. Vergleichs­weise fast flotte Befürworte­r haben die Grünen. Schlagzeug­er Bela B. („Die Ärzte“) stellte den Ökos ein positives Attest aus, seinen Aufruf unterzeich­neten Dutzende Künstler. Auch Igor Levit war zur Begleitmus­ik bereit.

Theaterleu­te wie Corinna Harfouch und Martin Wuttke hingegen unterstütz­en die Linke. Auf Landeseben­e. In Berlin. Sie mögen offenbar den Retro-Chic von Typen wie Klaus Lederer. Da sage noch einer, Angela Merkel sei bieder! Die deutsche Kultur ist politisch zum Einschlafe­n brav.

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