Linzer Auftakt zur BrucknerGesamtschau
Markus Poschner legt Teil eins seiner umfassenden CD-Edition der Symphonien in allen Versionen vor.
Rechtzeitig zum Brucknerfest kam die jüngste Linzer Eigenproduktion in den Handel: eine Neuaufnahme von Bruckners Sechster Symphonie durch das Brucknerorchester unter Leitung seines Chefdirigenten Markus Poschner. Poschner hat sich am Pult seines Orchester in den vergangenen Jahren als einer der beachtenswertesten Interpreten dieses Komponisten positionieren können. Nun startet er eine Gesamtaufnahme der Bruckner-Symphonien, die zum 200. Geburtstag des Komponisten beendet sein soll.
Nun ist die Frage, wie viele Symphonien Bruckner komponiert habe, so leicht nicht zu beantworten. Außer den bekannten neun liegen ja noch zwei vom Komponisten nicht nummerierte Symphonien in f-Moll und d-Moll (die sogenannte Nullte) vor, die jüngst erstmals von den Philharmonikern unter Christian Thielemann aufgenommen wurden. Aber nicht genug damit: Einige der nummerierten Werke liegen in mehreren Fassungen vor, die sich zum Teil sehr stark voneinander unterscheiden.
Wie stark, das hat Jakob Hrusa soeben am Fallbeispiel der Vierten mittels einer CD-Edition (Accentus) gezeigt, die drei Versionen des Werks enthält (in der ersten fehlt noch das so berühmt gewordene „Jagd-Scherzo“) und dazu Fragmente unterschiedlicher Lesarten bestimmter Passagen. Das ist für BrucknerKenner ein Fest, das keine Sekunde langweilig wird.
Markus Poschner hat sich nun entschieden, bis 2024 mit dem Brucknerorchester alle Symphonien in den verschiedenen Fassungen aufzunehmen. Einen solchen Zyklus hat es noch nie gegeben. Der Auftakt mit der – nur in einer Version erhaltenen – Nummer sechs ist schon vielversprechend; denn jenseits des enzyklopädischen Werts der Unternehmung darf man von Poschner auch noch weit geatmete, dramatische Wiedergaben dieser Musik erwarten. Das bleibt also ein anregendes Hörabenteuer.