Winzige Kristalle – leuchtende Farben
Quantenpunkte machen schnell Röntgenstrahlen sichtbar und verbessern Bildschirme.
Wer einen modernen Fernseher oder teuren Laptop neu zu Hause hat, denkt sich: „Wow! So klare Farben, so scharfe Bilder!“Und doch ist die heutige Technologie solcher Bildschirme noch weiter verbesserbar. „Die Farben wirken oft ausgewaschen. Und wenn man von schräg oder seitlich zum Screen blickt, sieht man kaum etwas“, sagt Erik Reimhult, der an der Boku Wien das Institut für biologisch inspirierte Materialien leitet. Er hat mit Behzad Shirmardi ein Spin-off-Unternehmen gegründet, das strahlendere Farben in Bildschirme bringen will: BrightComSol (unterstützt von der Austria Wirtschaftsservice, AWS, dem INiTS Inkubator und der Forschungsförderungsgesellschaft FFG).
Die Technologie, die strahlendere Farben mit weniger Energieverbrauch verspricht, basiert auf Nanopunkten, auch QuantumDots genannt. Ähnliche Quantenpunktefernseher gibt es freilich schon, doch die neue Entwicklung soll eine einfache, günstige und energiesparende Herstellung der modernen Bildschirme schaffen.
Weniger Energie verbrauchen
„Wenn Sie Ihren Laptop jetzt genau ansehen“, sagt Shirmardi im Online-Interview, „dann wird bei jedem Farbpunkt eigentlich Energie verschwendet.“Denn Pixel bestehen aus den drei Grundfarben Rot, Blau und Grün, und jene Lichtanteile, die nicht gebraucht werden, werden „ausgeblockt“. Die Herangehensweise von Quantum-Dots-Technologien ist, dass die drei Grundfarben als Nanopunkte aufgetragen sind: Jede Farbe kann heller leuchten und für sich selbst erzeugt werden. „Im Prinzip wird die Darstellung so um zwei Drittel energiesparender, weil wir keine Wellenlängen ausblocken“, sagt Reimhult, der dabei auf das bunte Hemd seines Kollegen im Online-Interview deutet. Behzad Shirmardi bestätigt lachend: „Und je genauer man die Wellenlänge der Farben trifft, umso echter empfinden wir die Bilder.“
Das Ziel von BrightComSol ist, solche Quantum-Dots auf Basis von Salzkristallstrukturen (Perowskite, siehe Lexikon) massentauglich zu fertigen. Das ist bisher nicht möglich, aber das Team tüftelt seit Jahren an einer Einbettung in eine Polymerhülle, sodass Perowskit-Quantum-Dots in einer Folie hergestellt werden können.
Das Gefinkelte an der Handhabung solcher Nanopartikel ist, dass sich die winzigen Teilchen gern zusammenrotten und dann nicht mehr funktionsfähig sind. Man muss also eine Umgebung schaffen,
LEXIKON
Die Nanokristalle für Bildschirme und Röntgenabbildungen bestehen aus Cäsium-Blei-Halogenid-Verbindungen und haben die Struktur von Salzen (Perowskit-Kristallstruktur). Solche Perowskit-Quantenpunkte sind extrem helle Lichtquellen, die eingehende Wellenlängen in andere Farben umwandeln können. So können auch Röntgenstrahlen in sichtbares grünes Licht gewandelt werden. in der sich ein Nanopartikel so wohlfühlt, dass es nicht die Nähe seiner „Artgenossen“sucht, sondern fix an seinem Platz bleibt. Die neue Polymerhülle ist so eine Umgebung, in der es sich die Perowskit-Nanokristalle gemütlich machen und an ihrem Platz in der Folie bleiben, anstatt mit den restlichen Kristallen zu verklumpen.
Spektakuläre Entwicklung
Diese Entwicklung eignet sich nicht nur für strahlende Bildschirme, sondern auch, um Röntgenstrahlen sichtbar zu machen. Das kann man sich zwar nicht so spektakulär vorstellen wie in ScienceFiction-Filmen, wo Brillen versteckte Strahlen erkennen. Aber für die Forschung und Industrie ist die Entwicklung spektakulär, da sich die Materialuntersuchung mittels Röntgenstrahlen vereinfacht, präziser und günstiger wird.
Im digitalen Röntgen, wie man es vom Zahnarzt oder der Unfallklinik kennt, verwandeln Szintillatoren die ionisierende Strahlung in sichtbare Farben. Die neuen Perowskit-Quantenpunkte schaffen die Umwandlung noch präziser, schneller und energieschonender: Die Schatten der Röntgenstrahlen leuchten mithilfe der BrightComSol-Szintillatoren hell in Grün.
„Mögliche Anwendungen in der Industrie sind vielfältig“, sagt Reimhult. So kann ein Flugzeugflügel bis ins Innerste auf kleine Risse untersucht oder ein Fehler in einer großen Maschine sichtbar gemacht werden. „Wir können eine viel höhere Auflösung bieten als derzeit möglich ist“, sagt Shirmardi. Für den medizinischen Bereich ist die Hoffnung, dass die Technologie dazu führt, pro Röntgenbild eine geringere Strahlendosis zu verwenden. „Immerhin sind zwei Prozent der Krebserkrankungen von ionisierender Strahlung wie Röntgen verursacht“, so Shirmardi. Könnte man die Strahlendosis von medizinischen Untersuchungen wie Mammografie oder Lungenröntgen reduzieren, wäre das ein großer Gewinn für die Patientinnen und Patienten sowie für das medizinische Personal. „Gerade für Kinder und schwangere Frauen wären weniger starke Röntgenuntersuchungen sinnvoll“, sagt Shirmardi.