Vom Ameisenstuhl bis zum Pingpongtisch
Die Klassiker des Designs kommen am 6. Oktober im Dorotheum ebenso zum Aufruf wie zeitgenössische Entwürfe. Ein Schwerpunkt, der zuletzt auch preislich zulegte, ist Design aus Skandinavien.
Wien. Design ist fixer Bestandteil des Kunstmarkts geworden. Und viele Länder haben spannende und richtungsweisende Designer hervorgebracht. Wenn es um den Sammlermarkt geht, dominiert jedoch immer noch das sogenannte Mid-Century-Design der Fünfziger- und Sechzigerjahre. Unangefochten an der Spitze steht dabei französisches Design mit den Superstars Jean Prouve´, Charlotte Perriand und, wenn auch preislich nicht ganz so hoch bewertet, Le Corbusier. Neben den Franzosen brachten auch die Skandinavier in der Nachkriegszeit richtungsweisende Designer hervor, deren Entwürfe auf dem Markt gesucht sind. Zu den wichtigsten Vertretern des skandinavischen Designs zählt etwa Arne Jacobsen, dessen bekanntestes Stück der „Egg Chair“ist. Weniger bekannt ist, dass auch der Ameisenstuhl von ihm ist. Er ist bis heute oft in Wartezimmern zu finden. Da wären Poul Henningsen mit seinem berühmten Leuchter „PH Artichoke“, Alvar Aalto mit seinen Holzmöbeln und Hans J. Wegner, dessen „Shell Chair“mit seiner flügelförmigen Sitzschale Geschichte schrieb. Gerade skandinavisches Design mit seinen zeitlosen Entwürfen und seiner qualitativ hochwertigen Ausführung haben deshalb zuletzt auch preislich zugelegt.
Toplos: Kjaerholms Hängestuhl
Das Wiener Dorotheum setzt bei den Design-Auktionen ebenfalls gern Schwerpunkte auf skandinavisches Design, so auch in der nächsten Auktion am 6. Oktober. Da findet man beispielsweise Arne Jacobsens Ameisenstuhl in fröhlichem Türkis. Das Set von acht Stück ist auf 1600 bis 2000 Euro geschätzt.
Zu den Spitzenlosen zählt eines der bekanntesten Möbelstücke des dänischen Designers Poul Kjaerholm. Die Liege Modell PK24, entworfen im Jahr 1965, ist ein eindrucksvolles Beispiel für Kjaerholms Grundsatz des Formgebens mit unabhängigen Elementen. Die beiden Hauptbestandteile sind nicht miteinander verbunden. Durch das Aufliegen der Fläche an nur zwei Punkten der Bandstahl-Konstruktion gibt allein die Schwerkraft den Ton an. Der Designer, der ab 1959 an der Königlichen Dänischen Kunstakademie lehrte und 1976 zum Professor ernannt wurde, bezeichnete die Liege deshalb auch als „Hängestuhl“. Die Liege hat eine fließende, fast organisch geschwungene Form und besteht aus Peddigrohrgeflecht mit einer lederbezogenen Nackenrolle. Dieses sehr frühe Modell des Klassikers wurde von der Firma E. Kold Christensen ausgeführt, mit der Kjaerholm bis zu seinem Tod zusammenarbeitete. Die PK24 ist beeindruckendes Zeugnis des modernen skandinavischen Möbeldesigns der 1960er-Jahre in seiner besten Ausführung. Die Schätzung für dieses Möbel beträgt 10.000 bis 15.000 Euro.
Chinese Chair
Ebenfalls ein Klassiker ist Hans Wegners 1943 entworfener „Chinese Chair FH4283“, bei dem sich der Landsmann von Kjaerholm von den Thronen der chinesischen Kaiser inspirieren ließ. Das Dorotheum bietet ein Set von Sechs Armlehnstühlen mit einer Taxe von 10.000 bis 15.000 Euro an. Wegners Rekord liegt übrigens bei 216.478 Euro für ein Set „Cowhorn“-Sessel aus Teakholz, versteigert 2014 bei Phillips.
Ein weiteres Toplos ist eine seltene Liege von Helge Vestergaard Jensens. Sein „Daybed Mod. 701“wurde erstmals 1955 auf der Cabinetmaker’s Guild Exhibition in Kopenhagen ausgestellt. Mit der vierbeinigen Konstruktion aus massivem mattierten Teakholz mit Messing und Nylonschnüren ist es ein zeitloses, skulpturales Möbel. Experte Mathias Harnisch erwartet sich dafür 8000 bis 12.000 Euro. Sein teuerstes Möbelstück wurde 2018 in Kopenhagen versteigert. Es handelt sich dabei um seinen Easy Chair, der für 37.542 Euro den Besitzer wechselte.
Wer das Gefühl mag, sich an ein Schaf zu kuscheln, der sollte bei Arnold Madsens „Clam Armchair“mitsteigern. Madsen entwarf das Möbel 1944 für Madsen & Schubell. Im Dorotheum wird es für 6000 bis 9000 Euro angeboten.
Nicht aus Skandinavien, sondern aus England ist der in Israel geborene Designer Ron Arad. Bei zeitgenössischem Design gehört er zu den teuersten. Im Dorotheum sind regelmäßig Stücke von ihm unter den Losen. So auch diesmal und ein spektakuläres noch dazu: Ein „Ping Pong Table“in poliertem Stahl aus dem Jahr 1995 ist für Leute mit viel Platz ein echter Hingucker. Es ist der zweite von auf 20 Stücken limitierte Tisch. Experte Harnisch erwartet sich für dieses außergewöhnliche Objekt 36.000 bis 50.000 Euro.
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Der Schwerpunkt wurde von der Spezialredaktion unabhängig von Werbekunden erarbeitet. Redaktion: Eva Komarek
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