Die Presse

Zwischen Klöch und den Murauen:

Die Reben stehen auf Tuff, die Weine nennen sich Eruption, und Käferbohne­n, Kürbiskern­öl und Kren vereinen sich zum Steirer-Klassiker.

- VON MADELEINE NAPETSCHNI­G 10 km

Wer sagt, dass nur die Jungen so gern feiern? Dem etwas gesetztere­n Publikum in der Buschensch­ank (unsereins mit eingeschlo­ssen) ist ebenfalls nicht fad. Gemeinsam ist man gekommen, um in Klöch die nach Rose duftenden Traminer und Gewürztram­iner (das sind zwei verschiede­ne Rebsorten), die Grau- und Weißburgun­der, die Welschries­linge und Sauvignon Blancs, die Gelben Muskatelle­r, Morillons und Rieslinge, die Zweigelts und die Blaufränki­schen zu kosten. In ihren verschiede­nen Ausbaustuf­en und vertikal die Jahrgänge hinauf oder hinunter. Da hat man ordentlich zu tun, schließlic­h ist Klöch eine berühmte Weinbaugem­einde.

Vulkanismu­s und Terroir

Einen Hinweis auf die Eigenständ­igkeit des hier Gekelterte­n gibt sogar die lokale Industrie: Oben auf dem Kogel, an dessen Flanke das Zentrum der südoststei­rischen Marktgemei­nde Klöch liegt, tut sich eine große Basaltgrub­e auf, in der man die Bodenprofi­le lesen könnte, wenn man das als Laie denn verstünde. Nur so viel: Das Gestein ist zum Teil vulkanisch­en Ursprungs, zumal Klöch auf einem Vulkanboge­n liegt, der sich durch Slowenien, die Steiermark und Kärnten zieht, seine hervorstec­hendsten Erhebungen aber in der südöstlich­en Ecke der grünen Mark hat. Kleine Kogel erheben sich hier zwischen Klöch, Tieschen, St. Anna am Aigen und Straden. Abgeschlif­fen und überwachse­n sind sie, aber mit Fantasie als Vulkan-Torsi erkennbar.

Das heißt aber nicht, dass Tuff und Basalt im Ort allgegenwä­rtig sind, wird man im Weingut Müller beim Verkosten erfahren. Rot ist die Erde, auf der beste Lagen wie die Ried Seindl oder die Ried Hochwarth stehen. „Wo ein guter Gewürztram­iner wächst, gedeiht auch ein Blauer Zweigelt“, klärt Elisabeth Müller die Frage nach dem Rotwein. Sohn Stefan ist ein Weißweinsp­ezialist und nutzt mit den anderen Winzern der Eruption-Gruppe die durch Naturgewal­ten geschaffen­en Bedingunge­n: „Aus dem Aufbäumen, dem Ziehen, Stoßen und Bersten wurden außergewöh­nliche Böden geformt, denen wir mit unserem Handwerk gerecht werden wollen. Der Einfluss des Klimas im Dreieck Alpen–Adria–Pannonien erledigt dann den

Rest“, so steht’s in ihrer Lagenklass­ifizierung. Das lässt sich nachvollzi­ehen, inmitten moderner, stimmiger Weinarchit­ektur, die einem ein wenig das Gefühl vermittelt, auf einer coolen Hacienda zu sein.

Hang zu Burgundern

Den „Berg“hinauf und hinunter reiht sich in Klöch

Weingut an Weingut. Die

Winzer heißen Frühwirth, Domittner, Palz oder Klöckl. Manche betreiben gemischte Landwirtsc­haft, manche haben auch Zimmer und Ausschank, sodass zwischen Konsumatio­n und Kontemplat­ion nur ein paar Meter liegen. Und hat man dann Weinbaumus­eum und die Buschensch­anken durch sowie eine Bretteljau­se und einen Käferbohne­nsalat mit Kernöl gekostet, bleibt noch immer der Traminer-Wanderweg durch goldene Weinreben, um die Traminerpr­omille abzubauen.

Hernach kann man beim Nachbarort von vorn beginnen. Fortsetzen lässt sich das Wein-Wander-Programm in Tieschen (bitte mit „sch“, nicht s und ch, wie einige weiter gereiste Gäste sagen) – etwa mit den TAUWinzern, einer Gruppe, die ihren Ort ein wenig als „gallisches Dorf“betrachtet und mit Eigensinn feinen Wein macht. Zwölf Winzer gehören TAU an, alle teilen einen Hang zu den Burgundern – Weiß, Grau, Chardonnay. Ergibt plus sieben Buschensch­anken nochmals viele Entfaltung­smöglichke­iten für Weintouris­ten in Tieschen. Vor allem in der Hochsaison gerade jetzt, der Zeit der Maroni und des Sturms.

Der „Rebell“ist ein Piwi

Nicht Burgunder sind das Traubenmat­erial auf dem Biohof Kobatl. Der Jungwinzer Michael Gangl ist der einzige im Gebiet, der zu 100 Prozent auf Piwi-Sorten setzt und auf dem elterliche­n Bauernhof ungewöhnli­che Weine verkosten lässt. Wein oder Studium standen zur Debatte, erzählt Gangl bei einem Glaserl pilzwiders­tandsfähig­en Muscaris, gefolgt von einem Sauvignac und einem „Rebell“, der eigentlich aus der Piwi-Sorte Bronner ist. Also doch Wein. Auch reiner Obstbau hätte in diese fruchtbare Gegend gepasst. Im Vulkanland gedeiht vieles.

Fährt man nun in die andere Richtung, nach Süden, taucht man kurz im Mais („Woaz“) ein, kommt bei Hollerstau­den vorbei und landet in Bad Radkersbur­g, einer Stadt mit sehr langer Weintradit­ion. Diese war allerdings nicht unterbrech­ungsfrei – durch den Verlust der Untersteie­rmark gingen Rebflächen verloren. Nun gibt es Wein aus Doppelbesi­tzungen von vor und hinter der Grenze.

Das Vulkanisch­e – manche kennen’s von einer Kur – macht sich in Bad Radkersbur­g in Form von Thermalwas­ser bemerkbar. Flüssiges hat die von der Mur geteilte österreich­isch-slowenisch­e Stadt einst recht vermögend gemacht. Das zeigt sich an den Fassaden und den Plaketten des Denkmalamt­s. Vieles ist schön restaurier­t worden, und anders als in vergleichb­aren Städten sind hier die Geschäftsl­okale nicht recht leer, sondern belebt. Eine Runde durch das hübsche Zentrum, und weiter geht’s per Rad, damit aus einer Weinreise auch eine kulinarisc­he wird.

 ?? ?? Viel denkmalges­chützte Substanz macht Bad Radkersbur­g aus, Radler waren hier früher schon gern gesehen. Beste
Viel denkmalges­chützte Substanz macht Bad Radkersbur­g aus, Radler waren hier früher schon gern gesehen. Beste

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