Zwischen Klöch und den Murauen:
Die Reben stehen auf Tuff, die Weine nennen sich Eruption, und Käferbohnen, Kürbiskernöl und Kren vereinen sich zum Steirer-Klassiker.
Wer sagt, dass nur die Jungen so gern feiern? Dem etwas gesetzteren Publikum in der Buschenschank (unsereins mit eingeschlossen) ist ebenfalls nicht fad. Gemeinsam ist man gekommen, um in Klöch die nach Rose duftenden Traminer und Gewürztraminer (das sind zwei verschiedene Rebsorten), die Grau- und Weißburgunder, die Welschrieslinge und Sauvignon Blancs, die Gelben Muskateller, Morillons und Rieslinge, die Zweigelts und die Blaufränkischen zu kosten. In ihren verschiedenen Ausbaustufen und vertikal die Jahrgänge hinauf oder hinunter. Da hat man ordentlich zu tun, schließlich ist Klöch eine berühmte Weinbaugemeinde.
Vulkanismus und Terroir
Einen Hinweis auf die Eigenständigkeit des hier Gekelterten gibt sogar die lokale Industrie: Oben auf dem Kogel, an dessen Flanke das Zentrum der südoststeirischen Marktgemeinde Klöch liegt, tut sich eine große Basaltgrube auf, in der man die Bodenprofile lesen könnte, wenn man das als Laie denn verstünde. Nur so viel: Das Gestein ist zum Teil vulkanischen Ursprungs, zumal Klöch auf einem Vulkanbogen liegt, der sich durch Slowenien, die Steiermark und Kärnten zieht, seine hervorstechendsten Erhebungen aber in der südöstlichen Ecke der grünen Mark hat. Kleine Kogel erheben sich hier zwischen Klöch, Tieschen, St. Anna am Aigen und Straden. Abgeschliffen und überwachsen sind sie, aber mit Fantasie als Vulkan-Torsi erkennbar.
Das heißt aber nicht, dass Tuff und Basalt im Ort allgegenwärtig sind, wird man im Weingut Müller beim Verkosten erfahren. Rot ist die Erde, auf der beste Lagen wie die Ried Seindl oder die Ried Hochwarth stehen. „Wo ein guter Gewürztraminer wächst, gedeiht auch ein Blauer Zweigelt“, klärt Elisabeth Müller die Frage nach dem Rotwein. Sohn Stefan ist ein Weißweinspezialist und nutzt mit den anderen Winzern der Eruption-Gruppe die durch Naturgewalten geschaffenen Bedingungen: „Aus dem Aufbäumen, dem Ziehen, Stoßen und Bersten wurden außergewöhnliche Böden geformt, denen wir mit unserem Handwerk gerecht werden wollen. Der Einfluss des Klimas im Dreieck Alpen–Adria–Pannonien erledigt dann den
Rest“, so steht’s in ihrer Lagenklassifizierung. Das lässt sich nachvollziehen, inmitten moderner, stimmiger Weinarchitektur, die einem ein wenig das Gefühl vermittelt, auf einer coolen Hacienda zu sein.
Hang zu Burgundern
Den „Berg“hinauf und hinunter reiht sich in Klöch
Weingut an Weingut. Die
Winzer heißen Frühwirth, Domittner, Palz oder Klöckl. Manche betreiben gemischte Landwirtschaft, manche haben auch Zimmer und Ausschank, sodass zwischen Konsumation und Kontemplation nur ein paar Meter liegen. Und hat man dann Weinbaumuseum und die Buschenschanken durch sowie eine Bretteljause und einen Käferbohnensalat mit Kernöl gekostet, bleibt noch immer der Traminer-Wanderweg durch goldene Weinreben, um die Traminerpromille abzubauen.
Hernach kann man beim Nachbarort von vorn beginnen. Fortsetzen lässt sich das Wein-Wander-Programm in Tieschen (bitte mit „sch“, nicht s und ch, wie einige weiter gereiste Gäste sagen) – etwa mit den TAUWinzern, einer Gruppe, die ihren Ort ein wenig als „gallisches Dorf“betrachtet und mit Eigensinn feinen Wein macht. Zwölf Winzer gehören TAU an, alle teilen einen Hang zu den Burgundern – Weiß, Grau, Chardonnay. Ergibt plus sieben Buschenschanken nochmals viele Entfaltungsmöglichkeiten für Weintouristen in Tieschen. Vor allem in der Hochsaison gerade jetzt, der Zeit der Maroni und des Sturms.
Der „Rebell“ist ein Piwi
Nicht Burgunder sind das Traubenmaterial auf dem Biohof Kobatl. Der Jungwinzer Michael Gangl ist der einzige im Gebiet, der zu 100 Prozent auf Piwi-Sorten setzt und auf dem elterlichen Bauernhof ungewöhnliche Weine verkosten lässt. Wein oder Studium standen zur Debatte, erzählt Gangl bei einem Glaserl pilzwiderstandsfähigen Muscaris, gefolgt von einem Sauvignac und einem „Rebell“, der eigentlich aus der Piwi-Sorte Bronner ist. Also doch Wein. Auch reiner Obstbau hätte in diese fruchtbare Gegend gepasst. Im Vulkanland gedeiht vieles.
Fährt man nun in die andere Richtung, nach Süden, taucht man kurz im Mais („Woaz“) ein, kommt bei Hollerstauden vorbei und landet in Bad Radkersburg, einer Stadt mit sehr langer Weintradition. Diese war allerdings nicht unterbrechungsfrei – durch den Verlust der Untersteiermark gingen Rebflächen verloren. Nun gibt es Wein aus Doppelbesitzungen von vor und hinter der Grenze.
Das Vulkanische – manche kennen’s von einer Kur – macht sich in Bad Radkersburg in Form von Thermalwasser bemerkbar. Flüssiges hat die von der Mur geteilte österreichisch-slowenische Stadt einst recht vermögend gemacht. Das zeigt sich an den Fassaden und den Plaketten des Denkmalamts. Vieles ist schön restauriert worden, und anders als in vergleichbaren Städten sind hier die Geschäftslokale nicht recht leer, sondern belebt. Eine Runde durch das hübsche Zentrum, und weiter geht’s per Rad, damit aus einer Weinreise auch eine kulinarische wird.