Passivhausstandards nehmen Fahrt auf
Vor Kurzem wurden in Deutschland die Passive House Awards 2021 vergeben. Unter den Preisträgern aus neun Ländern befanden sind auch drei Projekte aus Österreich.
Komfortabel, umweltfreundlich, wirtschaftlich und energieeffizient – das sind die Attribute, die man Passivhäusern nach 30 Jahren Praxis zuschreibt. Dabei spielen Wärmedämmung, Luftdichtheit, Wärmebrückenfreiheit, Passivhaus-Fenster und kontrollierte Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung die entscheidenden Rollen. „Als ganzheitliches Konzept berücksichtigen die Kriterien des Passivhauses nicht nur den Heizwärmebedarf, sondern auch Kühlung, Warmwasser, Lüftung, Haushaltsstrom und auch erneuerbare Energien“, erklärt Laszlo Lepp von der österreichischen Netzwerkorganisation Passivhaus Austria.
Ressourcen schonen
Die gesamte Energiebilanz wird erfasst und auf Nachhaltigkeit bewertet. Der Energieverbrauch und somit auch die CO2-Emissionen sind beim Passivhaus so gering, „dass, wenn alle Gebäude in diesem festgelegten Standard errichtet würden – Passivhaus im Neubau und Passivhausstandards bei der Sanierung – die regional verfügbaren Ressourcen an erneuerbaren Energien für alle reichen würden“. Weltweit betrachtet ist der Gebäudesektor für 38 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Damit steht dieser Sektor an erster Stelle, gefolgt von Industrie und Transport. Insofern sei es nur logisch, sich zu fragen, ob es wirtschaftlich und angesichts der Klimakrise überhaupt Sinn mache, einen weniger energieeffizienten Standard zu setzen, sagt Martina Feirer. Sie ist Partnerin bei aap Architekten, die bei den Passive House Awards den Anerkennungspreis in der Kategorie „Mehrfamilienhaus“gewonnen haben. Ausgezeichnet wurde das Architektenteam rund um Feirer für das 2016 fertiggestellte Studierendenheim mineroom in Leoben.
Die Idee eines Passivhauses sei immer, den Energiebedarf eines
Gebäudes extrem gering zu halten: „Das Passivhauskonzept betrachtet immer den Gesamtenergiebedarf, den Komfort über das ganze Jahr, die bauphysikalisch korrekte Ausführung der Gebäudehülle und die Raumluftqualität durch eine effiziente Komfortlüftung mit einer Rückgewinnung der Wärme aus der Abluft“, erklärt Feirer.
Teilweise können bei einem Passivhausbau höhere Investitionen nötig sein, sagt Lepp, doch es gibt ausreichend Beispiele für kostenneutral realisierte Passivhäuser.
Baumeister Helmut Schöberl, der beim Studierendenheim in Leoben für die Bauphysik verantwortlich war, beziffert den finanziellen Unterschied zu einem herkömmlichen Haus mit „mittlerweile unter drei Prozent der üblichen Baukosten. Diese geringen Mehrkosten rentieren sich aufgrund der massiven Energieeinsparung für Heizwärme bald“. Für die Sanierung des Verwaltungsgebäudes der österreichischen Sozialversicherungen in Wien hat das Architekturbüro Schöberl und Pöll den ersten Preis in dieser Kategorie bei den Passive House Awards erhalten.
Geld sparen
Der Energiebedarf eines Gebäudes, das ursprünglich fossil beheizt wurde, könne nach einer Sanierung um bis zu 90 Prozent reduziert werden. „Die Entscheidung, ein Gebäude energieeffizient auszulegen, ist über längere Hinsicht sogar wirtschaftlich: Durch die massive Reduktion des Energieverbrauchs werden klimaschädliche Emissionen eingespart und Kosten gespart.“Österreich steuert mit seinen Mindeststandards in den jeweiligen Bauordnungen bereits auf den Passivhausstandard zu und fordert aktuell „Niedrigstenergiehäuser“. Die unterschiedlichen Dämmstoffstärken spielen kaum eine Rolle, aber „der Unterschied ist, dass das Passivhaus eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung hat. Mit dieser ist eine weitere Energieeinsparung möglich“, erklärt Schöberl.