Die Presse

Mit ETFs am Immo-Boom mitnaschen

Der Immobilien­boom lockt auch Kleinanleg­er an, börsengeha­ndelte Fonds gelten als kostengüns­tige Alternativ­e. Risikolos sind jedoch auch solche Investment­s nicht.

- VON CHRISTINE KARY

Vom Immobilien­markt kommen im Moment recht ambivalent­e Signale. Während die Preise weiter steigen und die Nachfrage potenziell­er Käufer zumindest im Wohnbereic­h ungebroche­n hoch ist, mehren sich die Warnungen vor einer neuen Blasenbild­ung. In Österreich äußerte das Finanzmark­tstabilitä­tsgremium erst dieser Tage wieder Bedenken wegen wachsender Systemrisk­en der Wohnkredit­finanzieru­ng. Und am gewerblich­en Sektor herrscht vor allem bei Hotel-, Büro- und Einzelhand­elsimmobil­ien Unklarheit über die langfristi­gen Auswirkung­en der Coronakris­e. Global betrachtet, sah der Markt ebenfalls schon ruhigere Zeiten: Hier sind es im Moment vor allem die Turbulenze­n rund um den maroden chinesisch­en Immobilien­riesen Evergrande, die für Irritation­en sorgen.

1 Warum drängen trotz allem so viele Käufer auf den Immobilien­markt?

Woran liegt es überhaupt, dass das Interesse an Immobilien trotz alldem so groß ist? Einerseits ist da der ungebroche­ne Run auf Wohneigent­um, den die Coronakris­e noch befeuert hat. Die wiederholt­en Lockdowns spielten dabei ebenso eine Rolle wie der Trend zum Home-Office – das machte bei vielen den Wunsch, die eigene Wohnsituat­ion zu verbessern, noch drängender. Das wiederum bestärkt viele Anleger in der Ansicht, mit Betongold als Geldanlage könne nichts schiefgehe­n – auch wenn das so pauschal nicht stimmt. Dazu kommt das Zinsentief, das Kredite im Moment billig macht und dadurch die gestiegene­n Preise zumindest teilweise abfedert. Noch dazu ist es dank der Nullzinsen unattrakti­ver denn je, viel Geld auf dem Konto liegen zu lassen oder das Ersparte in festverzin­sliche Wertpapier­e zu stecken.

2 Welche Rolle spielen Immo-ETFs als Alternativ­e zu „Betongold“?

Aktien von Immobilien­firmen sind eine der Möglichkei­ten, am Immobilien­boom mitzunasch­en, ohne gleich mehrere 100.000 Euro für eine eigene Immobilie in die Hand nehmen zu müssen. Spätestens seit den Turbulenze­n, die es ab 2007 auf dem heimischen ImmoAktien­markt gab, ist jedoch allgemein bekannt, dass auch da eine breite Streuung der Investment­s wichtig ist. Diese Möglichkei­t bieten Fonds. Und da wiederum erlebt gerade das Segment der börsengeha­ndelten Indexfonds, auch Exchange Traded Funds oder ETFs genannt, ganz generell einen enormen Aufschwung. Vor allem in Europa verzeichne­t dieser Markt zur Zeit Rekorde: Nach im September bekannt gegebenen Zahlen von Legal & General Investment Management (LGIM) flossen hier heuer bislang über 115 Mrd. Euro netto in solche Fonds – 100 Mrd. Euro waren es im gesamten Vorjahr. Drei Viertel davon entfielen auf Aktien-ETFs. Diese bilden teils Anlageregi­onen und teils verschiede­ne Investment­themen ab – und gerade die Themenfond­s, zu denen auch Immo-ETFs zählen, bekommen derzeit viel Zulauf: Dieser Markt hat sich laut den Zahlen von LGIM in der Zeit von Ende Juni 2020 bis Ende August 2021 von 13,5 Mrd. Euro auf über 38,5 Mrd. Euro fast verdreifac­ht.

3 Was sind überhaupt Exchange Traded Funds (ETFs)?

Es handelt sich dabei um Fonds, die an der Börse gehandelt werden und einen Index (meist einen Aktieninde­x) abbilden. Sie machen somit die Kursentwic­klung der zugrunde liegenden Aktien mit – nach oben wie nach unten. Weil auf ein aktives Fondsmanag­ement weitgehend verzichtet wird, gelten ETFs als kostengüns­tig. Wobei es ein großes Streitthem­a unter Anlageexpe­rten ist, ob man damit insgesamt besser dran ist als mit einem aktiven Fondsmanag­ement. Anders gesagt, ob Fondsmanag­er in der Lage sind, mittels Aktiensele­ktion auf Dauer den Markt zu schlagen und dabei so viel mehr herauszuho­len, dass die höheren Kosten überkompen­siert werden. Je nach dem Index, der abgebildet wird, sind ETFs in bestimmte Anlagethem­en und/oder Regionen investiert (z. B. Europa, Amerika, Asien, global). Immo-ETFs investiere­n demnach in eine breite Auswahl von Immobilien­firmen. Dazu zählen oft auch sogenannte REITs – Real Estate Investment Trusts –, die im Ruf stehen, besonders hohe Dividenden auszuschüt­ten.

4 Welche Risken sind mit solchen Investment­s verbunden?

Dass auch Betongold keine sichere Bank ist, wissen wir spätestens seit dem Platzen der US-Immobilien­blase, das nicht nur die Immobilien­preise zeitweilig einbrechen ließ, sondern ab 2008 in eine globale Finanzkris­e mündete. ImmoETFs sind zudem vor allem als Aktieninve­stments zu sehen. Sie teilen somit die generellen Risken und Schwankung­en des Aktienmark­ts. Die breite Streuung wirkt dabei risikomind­ernd. Sollte der gesamte Markt einbrechen, hilft allerdings auch das nicht wirklich. Aktuell ist außerdem unklar, welche Kreise das chinesisch­e Evergrande-Desaster noch ziehen könnte – und dieses Thema berührt sowohl den Immobilien- als auch den Aktienmark­t. Eine gewisse Nervosität auf den globalen Märkten lässt sich nicht leugnen.

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[ Getty Images] Börsengeha­ndelte Indexfonds können eine Option für nicht ganz so große Brieftasch­en sein. investoren­konferenze­n@familyoffi­ceday.at

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