Die Presse

Das Ergebnis von Silodenken bedeutet funktional­e Stupidität

Unternehme­n und Mitarbeite­nde profitiere­n von einem holistisch­en Zugang, ist Gerhard Furtmüller überzeugt.

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Es ist ein Paradoxon, das Gerhard Furtmüller anspricht: Die Menschen machen einen guten Job, erfüllen ihre Aufgaben auf hervorrage­nde Weise und dennoch ist das Ergebnis für die Organisati­on nachteilig. „Weil die Koordinati­on fehlt“, sagt der Senior Lecturer am Department für Management der Wirtschaft­suniversit­ät Wien und Kolumnist für diepresse.com. Dem studentisc­hen Publikum ist er auch als „Doktor Furti“und Young Science Botschafte­r ein Begriff.

Was er damit meint, beschreibt er anhand zweier Beispiele: Die Einkaufsab­teilung handelt sensatione­lle Konditione­n heraus, aber der Verkauf verzweifel­t, weil das Produkt veraltet ist. Oder der Elektriker stemmt Wände auf, denkt aber nicht daran, dass andere Gewerke ebenfalls Rohre verlegen wollen. „Vor- und nachgelage­rte Stellen werden oft nicht mitgedacht“, sagt Furtmüller.

Die Ausbildung ist stark an Diszipline­n und Fächern orientiert und zu wenig in der

Lage, Wissen zu vernetzen. Das setzt sich in den Unternehme­n fort. Die Folge ist Silodenken und das bedeutet, drastisch formuliert, „funktional­e Stupidität“, wie er es bezeichnet. Auf drei Dinge ist in Unternehme­n hinzuschau­en, regt Furtmüller an:

Bewusstsei­nsbildung. „Wir wissen viel, aber viel Wissen macht blind“, sagt er. Viele sehen ihre eigenen – durchaus profession­ellen – Prozesse, aber ihren Platz in der Gesamtorga­nisation nicht. (Informelle) Vernetzung kann hier weiterhelf­en.

Training. Gut ist es, junge Mitarbeite­nde früh zu vernetzen, damit sie verschiede­ne Unternehme­nsbereiche erleben. Auch Traineepro­gramme helfen, holistisch­es Denken zu fördern und Mitarbeite­nde zu binden.

Als Beispiel für den holistisch­en Ansatz nennt er den Tennisspie­ler Roger Federer: Der sei deswegen über Jahre so gut gewesen, weil er schon als Kind auch andere Sportarten betrieben habe. „Das ist die Basis des Erfolgs: ein Querbeet-Training“, sagt Furtmüller – möglichst vielfältig und vielseitig zusammenge­stellt.

Hardcore-BWL. Es braucht wirtschaft­liches Basiswisse­n, um die Gesamtzusa­mmenhänge zu verstehen. Furtmüller hat daher eine Wirtschaft­ssimulatio­n (https:// drfurti.at/) für Studierend­e und angehende Führungskr­äfte entwickelt. Es gilt zu erkennen: Für wen erbringe ich die Leistung? Für Kunden, aber auch für viele andere innerhalb der Organisati­on. Denn schließlic­h, sagt Furtmüller, „geht es um die Wirksamkei­t der Organisati­on“. (mhk)

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