Die Golfnormalität kehrt wieder ein
Auf den Tribünen fehlte das lautstarke Duell, Bernd Wiesberger war eines der neun neuen Gesichter auf dem Rasen. Was von der 43. Auflage in Whistling Straits bleiben wird.
Debütanten und Historie
Bernd Wiesberger trug sich als 164. europäischer Spieler und erster Österreicher in die 94-jährige Geschichte des Ryder Cup ein. Neben dem 35-Jährigen sorgte Viktor Hovland für die norwegische Premiere, ein persönliches Debüt war es für den Iren Shane Lowry. Auf Seiten der USA waren der zweimalige Majorsieger Collin Morikawa, Fedex-Cup-Champion Patrick Cantlay, Olympiasieger Xander Schauffele, Harris English, Daniel Berger und Scottie Scheffler erstmals dabei. Mit einem Durchschnittsalter von 29 Jahren stellten die USA zugleich das bislang jüngste Team und zeigten, dass frischer Schwung Trumpf sein kann.
Der größte Heimvorteil
Es ist Ryder Cup, wenn am Golfplatz von den Tribünen Bierdosen fliegen und Justin Thomas eine nimmt, um kräftig daran zu ziehen, oder die Fans so lange skandieren, bis Ehrengast Michael Jordan das Trikot eines Fans eben doch signiert. Nicht nur das Duell auf dem Rasen, sondern auch das Treiben auf den Rängen macht den Flair dieses traditionsreichen Wettkampfes aus. Insofern fehlt mit den europäischen Fans – die USA erlauben Touristen erst ab November wieder die Einreise – etwas vom atmosphärischen Zauber.
Ohne herausfordernde Gegenstimme lief das US-Publikum hörbar nicht zu Höchstleistungen auf. „Es hat gedauert, sich an die andere Stimmung zu gewöhnen“, erklärte Europas Kapitän Pa´draig Harrington – und die logische Folge für sein Team: „Für uns ist diese Woche Stille Gold wert.“Den berühmten Extra-Push gibt das den Profis allerdings eher nicht.
Spanischer Rekordmann
Schon am Samstag stieg Sergio Garc´ıa zum Ryder-Cup-Teilnehmer mit den meisten Punkten und Siegen auf. Seine Erfolgsquote liegt bei über 60 Prozent. „Ich wusste nichts von dem Rekord und er war mir auch egal“, sagte der 41-Jährige, der damit Nick Faldo (ENG) hinter sich ließ. Zum bereits zehnten Mal vertrat der Spanier Europa in Wisconsin, nur sein diesjähriger Teamkollege, der Engländer Lee
Westwood, hatte mit elfmal noch öfter die Ehre. Den Rekord beider Mannschaften hält der US-Amerikaner Phil Mickelson mit zwölf Auftritten (zuletzt 2018).
DeChambeaus Schocker
Gleich am ersten Tag zwang USStar Bryson DeChambeau dem Golfplatz seinen Willen auf: 417 Yards (381 Meter) jagte er den Abschlag auf Loch Nummer fünf weit und machte aus Par-5 einen Eagle. Hatte der streitbare Muskelprotz (Rekord 480 Yards) im Vorfeld wieder einmal aufgeregt, weil er für einen Longhitter-Bewerb trainiert und sich Blasen an den Fingern geholt hatte, deutete er auch beim Ryder Cup erneut an, warum er den Golfsport langfristig revolutionieren könnte. In die WM-Weitenjagd diese Woche geht DeChambeau dennoch als Außenseiter, der Weltrekord steht bei 515 Yards.
„Postman“hat Lieferproblem
Ian Poulter firmierte als „Mr. Ryder Cup“Europas, auch dank seiner Rolle als Motivator war er heuer ein „Captain’s Pick“. Doch so verlässlich der Engländer in den vorangegangenen sechs Teilnahmen gepunktet hatte, in Whistling Straits lieferte „The Postman“nicht wie erhofft. Erstmals seit seinem Debüt 2004 schrieb Poulter in keinem einzigen Paarduell an und trat auch nicht als der erhoffte Leader auf. Eine der Enttäuschungen neben Rory McIlroy, könnte es für den 45-jährigen Poulter ein matter Abschied vom Ryder Cup gewesen sein.
Eine Bühne für alle
Nicht nur die Profis bekamen es in Whistling Straits mit den rund 1000 Bunkern (für die jüngsten Gäste übrigens eine beliebte Sandkiste) zu tun. Wie einmal für Shane Lowry wurde der hügelige Rundgang auch für Besucher immer wieder zur Rutschpartie. Mit rund 120.000 Quadratmetern verlegten Teppichs und temporären Zelten war es einer der größten Aufbauten für ein Golfevent. Der pure „Straits Course“steht nun nach der Turnierwoche wieder allen offen, denn der Platz in Wisconsin ist der erste öffentliche Ryder-CupAustragungsort seit 1991. Rund 485 Dollar (410 Euro) beträgt die Greenfee, die Termine sind allerdings schon weit bis ins nächste Jahr hinein ausgebucht.