Themen, die die Märkte in Zukunft dominieren
Als Anleger muss man nicht jede Korrektur zum Anlass nehmen, um sein Portfolio umzuschichten. Auch muss man nicht jeden Trend mitmachen. Allerdings sollte man sich fragen, was die Börsen in Zukunft beschäftigen wird.
Wien. Langfristig zu denken, ist nicht jedermanns Sache. An den Aktienmärkten kann sich aber gerade das auszahlen. Die Börsen sind schließlich vielen Schwankungen unterworfen. Wer seinem Depot seit der Finanzkrise beispielsweise keine Beachtung mehr geschenkt hat, ist heute nicht nur merklich reicher, sondern konnte sich auch so manchen Ärger ersparen.
Doch eines hat sich in den vergangenen Jahren durchaus verändert: die globale Gemengelage. Die Börsen werden in den kommenden fünf bis zehn Jahren von anderen Themen dominiert als noch in der letzten Dekade. Ist der Klimawandel nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers nur bei Wissenschaftlern und Aktivisten hoch im Kurs gestanden, kann der Erderwärmung heute niemand mehr entrinnen. Sind die Zentralbanken bisher vor allem damit beschäftigt gewesen, niedrige Inflationsraten zu bekämpfen, werden sie sich künftig eher mit höheren Preisen auseinandersetzen müssen. Die Finanzkrise bescherte den Schwellenländern im Vergleich zu den Industriestaaten ein verlorenes Börsenjahrzehnt – was freilich nicht so bleiben müsste. Weshalb sich Anleger langfristig mit diesen drei Themen auseinandersetzen sollten.
Der Klimawandel
Der Anstieg des Meeresspiegels und immer extremere Wetterereignisse werden für die Menschheit vermehrt zum Problem – so sie nicht gegensteuert. Auch die Finanzbranche ist sich dessen bewusst. Sie versagt Firmen nach und nach die Finanzierung klimaschädlicher Praktiken und versucht ihre Kapitalströme in die „richtigen“Bahnen zu lenken. Was auch bedeutet, dass zahlreiche Unternehmen bei ihrem Wandel begleitet werden. Denn niemand will auf sogenannten Stranded Assets, also gestrandeten Vermögenswerten, sitzen bleiben. Firmen, die sich der Veränderung verschließen, werden über kurz oder lang von den Finanzmärkten fallen gelassen – selbst in den USA, wo Nachhaltigkeit nun auch immer mehr zum Thema für die Vermögensverwalter wird.
Auch Staaten können wegen ihrer Klimarisken in Mitleidenschaft gezogen werden, etwa wenn ihre Bemühungen, Treibhausgase zu reduzieren, nicht groß genug sind. Das Problem sind hier vor allem Staatsanleihen, die den größten Teil des globalen Schuldenmarktes ausmachen. Viele Investoren stellen sich nämlich die Frage, ob die Kreditwürdigkeit mancher Länder den nationalen Anstrengungen auch Rechnung trägt. Staaten sind schließlich nicht nur für zwei, sondern 30, 50 oder auch 100 Jahre in die Zukunft verschuldet.
Die Inflation
Die Coronakrise hat das geschafft, was die Zentralbanken lang vergeblich versucht haben: die Inflation anzutreiben. Derzeit steigen die Verbraucherpreise stärker als erwartet. Das wird sich zwar wieder geben, wenn die Corona-Effekte wie Chipmangel, Probleme in den Lieferketten und hohe Rohstoffpreise verschwinden, doch etwas höhere Inflationsraten dürften bleiben. Nicht nur, weil der Klimawandel Geld kostet (Stichwort CO2-Bepreisung), sondern auch, weil der Anteil der erwerbsfähigen Bevölkerung schrumpft und sie mehr Lohndruck ausüben könnte.
Höhere Inflationsraten werden vor allem dann zum Problem, wenn die Zinsen nicht mithalten. Bis es in der Eurozone zu ersten Zinserhöhungen kommt, wird es aber noch dauern. Weshalb es Sinn macht, etwa auf Aktien mit Preismacht zu setzen, da sie höhere Kosten an Endkunden weitergeben können. Von Sparbüchern sollte man sich endgültig verabschieden, denn reale Verluste werden dort wohl bleiben – selbst wenn es moderate Leitzinserhöhungen gibt.
Die Schwellenländer
Die Schwellenländer haben in den vergangenen zehn Jahren zwar 70 Prozent zum globalen Wirtschaftswachstum beigetragen, in den USA hat man als Anleger trotzdem höhere Renditen erzielt. Das muss nicht so bleiben, schon gar nicht in Asien. Bei Pictet geht man für die Region in den kommenden fünf Jahren von Renditen von rund elf Prozent jährlich aus. Viele Regierungen hätten die Coronakrise genutzt, um Reformen anzugehen und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Selbst China, das zuletzt für Negativschlagzeilen gesorgt hat, will künftig gesünder wachsen. Viele Staaten hängen heute nicht mehr nur am Export, weil Dienstleistungen eine größere Rolle spielen. Auch die Geschichte der aufstrebenden Mittelschicht ist noch nicht zu Ende erzählt. Wenngleich auch die Risken nicht unter den Tisch zu kehren sind.