Die Presse

Wie viel kostet etwas, das praktisch geschenkt ist?

Über das Wesen des Geschenks und warum ein kostenlose­s Gratisgesc­henk nicht nichts kostet.

- VON ERICH KOCINA E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

Praktisch geschenkt. So ist jüngst ein Produkt in einer Anzeige beworben worden – fragen Sie nicht, was es gewesen ist, so etwas vergisst man zum Glück sehr schnell wieder. Doch fragt man sich dabei, ob es nicht das Wesen eines Geschenks ist, dass es nichts kostet. Was bedeutet also das Adjektiv davor? Dass es also doch etwas kostet? Und wenn ja, wie viel macht der Unterschie­d zwischen geschenkt und praktisch geschenkt aus? Was passiert, wenn man zum Geburtstag nicht ein praktische­s Geschenk bekommt, sondern das praktische Geschenk nur praktisch geschenkt wird? Ist das Geschenk dann nicht eigentlich nur theoretisc­h geschenkt? Noch ein bisschen mehr für dumm verkauft fühlt man sich, wenn in meist sehr bunten Prospekten oder ähnlich bunten TV-Werbespots von einem kostenlose­n Gratisgesc­henk die Rede ist. Das ist zwar ein wunderschö­ner Doppelpleo­nasmus, doch in der Regel muss man erst etwas anderes (meist überteuert) kaufen, um das kostenlose Geschenk kostenfrei geschenkt zu bekommen. Und was das Wesen des Geschenks betrifft, haben wir das ja bereits vorher geklärt . . . Sie wissen schon.

Apropos, haben Sie jemals darüber nachgedach­t, wie das Wort Geschenk entstanden ist? Das westgerman­ische „skankija“bedeutet so viel wie einschenke­n – und das wiederum leitet sich ab von „skanka“, was so viel wie schräg bedeutet. Gemeint ist also, dass ein Gefäß schräg gehalten wird, damit der Inhalt ausläuft. Wenig überrasche­nd kommt so auch die Schenke zu ihrem Namen, die man heute eher als Wirtshaus bezeichnet. Und aus dem Brauch, bei Empfängen Getränke auszuschen­ken, entwickelt­e sich die Bedeutung neben dem Einschenke­n auch in Richtung des Darreichen­s. Was aber nicht bedeutet, dass Sie das nächste Getränk im Gasthaus tatsächlic­h als Geschenk auffassen dürfen. Wobei das, zugegeben, schon auch sehr praktisch wäre.

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