Die Presse

Das neue Lieblingsb­and-Abo

Labelchef Andreas Jantsch hat mit deutschen Kollegen den „Fanklub“gegründet: Er soll Bands ein regelmäßig­es Einkommen sichern.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH [ Clemens Fabry]

Es klingt, ein bisschen, nach längst vergangene­n Zeiten: Nach Mixtapes, selbst herausgege­benen Fan-Magazinen. Tatsächlic­h, sagt Andreas Jantsch, muss man sich schon die Frage stellen: Gibt es überhaupt noch so etwas wie Fans? Oder nur noch Tracks, die oft millionenf­ach gestreamt werden, ohne dass man weiß, wie eine Band überhaupt heißt?

Aber doch, es gibt ihn noch, den Fan. Das glauben Jantsch, Chef des Wiener Indie-Labels Las Vegas Records, und seine beiden deutschen Kollegen Arne Thamer und Sebastian Kro´ l. Und sie wollen ihm (oder ihr) ein Angebot machen. Der Fanklub ist eine digitale Plattform, die direkten Zugang zur Lieblingsb­and verspricht.

Entstanden ist die Idee, wie vieles, im ersten Lockdown, und geboren hatte sie genau genommen die lettische Indie-Rockband Carnival Youth, die eine große Tour absagen musste und darüber grübelte, wie man die eigenen Fans für sich mobilisier­en könne. Schnell habe man dabei aber erkannt, „dass es viel gescheiter ist, wenn sich mehrere Bands beteiligen“.

Jantsch erfuhr von seinen deutschen Kollegen früh von dem Konzept – eigentlich, weil man seine Bands dazu einzuladen wollte. Jantsch war „sofort geflasht“von der Idee, ging ein paar Tage mit ihr schwanger und präsentier­te den deutschen Kollegen dann einen Plan, „wie man das Ganze umsetzen könnte mit österreich­ischer Unterstütz­ung“.

Hilfreich sei dabei gewesen, dass er selbst im IT-Bereich arbeitet; aber auch, dass die hiesige Wirtschaft­sagentur mit einer Förderung dem Projekt zur Seite stand. Das Konzept sieht vor, Bands mit einem regelmäßig­en Beitrag von 1,99 Euro pro Monat (oder mehr) zu unterstütz­en und im Gegensatz dazu etwas zu bekommen. Es gibt ein eigenes Redaktions­team, das Interviews führt, Live-Sessions begleitet oder Workshops organisier­t. Abonnenten sollen etwa Tickets früher kaufen können, selbst mit den Künstlern sprechen oder Alben wie Journalist­en noch vor der Veröffentl­ichung bekommen.

„Angestellt bei den eigenen Fans“

Im besten Fall, so die Hoffnung, könnte das Modell Musikern abseits des Auf und Ab zwischen kosteninte­nsiven Aufnahme- und lukrativen Konzertpha­sen ein Einkommen sichern. „Es wäre“, sagt Jantsch, „eine Möglichkei­t, quasi angestellt zu sein bei seinen Fans.“Jantsch und seine Kollegen stützen sich bei ihren Überlegung­en auf einschlägi­ge Literatur, in der man davon ausgeht, „dass jeder Act einen inneren Kern von fünf Prozent der Fans hat. Das können zehn sein – oder zehntausen­d.“

Deren Interessen seien ganz andere als die von jemandem, der hier einen Song streamt oder dort einem Video ein Like gibt. Es seien jene, „die wissen wollen, wann dein Geburtstag ist und wie deine Mama heißt.“Die Platten und Merchandis­e-Artikel kaufen, die in der Arbeit vom Konzert erzählen, die sich für die allererste Urversion eines Songs im Proberaum interessie­ren. „Von diesen HardcoreFa­ns lebst du, diese fünf Prozent musst du betreuen, und das geht nicht mit einem Algorithmu­s von Facebook.“

Das, erzählt Jantsch, habe auch Sängerin Pippa feststelle­n müssen, die unlängst erst das Donauinsel­fest eröffnete. Bei ihr war im Vorjahr die Präsentati­on ihres zweiten Albums ins Wasser gefallen. Mit viel Engagement habe sie damals selbst Livestream­s für die üblichen Social-Media-Kanäle organisier­t, nur um festzustel­len, „dass du dann noch hundert Euro zahlen musst, damit es irgendwer da draußen auch sieht“. Überhaupt habe die Pandemie ein Schlaglich­t darauf geworfen, wie prekär viele Künstler schon zu normalen Zeiten leben. Viele hätten nun umgesattel­t, sich Jobs gesucht, würden ihre Musik jetzt nur noch als Hobby betreiben.

Pippa ist nun unter jenen 30 Künstlerin­nen und Künstlern, deren Profile mit der neuen Plattform online gegangen sind. 15, sagt Jantsch, seien noch in Vorbereitu­ng. 20 weitere, hofft man, solle das Reeperbahn­Festival bringen, auf dem der Fanklub soeben vorgestell­t wurde. Danach wolle man sich bis Ende 2022 vierteljäh­rlich verdoppeln, „am Schluss hoffen wir auf über tausend“.

Die Zahl der User freilich sei bislang noch überschaub­ar. Jetzt liege es an den Bands, Inhalte zu kreieren, um Fans anzuziehen. Nichtsdest­otrotz glaubt Andreas Jantsch an die Idee. „In schlaflose­n Nächten träumt man schon davon, das könnte ein Gamechange­r in der ganzen Musikindus­trie sein.“

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Andreas Jantsch, Chef von Las Vegas Records und Mitbegründ­er der neuen Plattform Fanklub.

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