Die Presse

Höchstgeri­cht: Mieterschu­tz für virtuelle Räume

Kündigungs­schutz des Mietrechts­gesetzes gilt auch dann, wenn beim Vertragssc­hluss das Objekt noch zu errichten ist.

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Wien. Virtuelle Räume haben aktuell nicht nur wegen der verbreitet­en Onlinekonf­erenzen große Bedeutung, sie können auch im Mietrecht eine wichtige Rolle spielen. Das zeigt ein Prozess um die Kündigung eines Kleinunter­nehmers in Vorarlberg durch den Vermieter. Kernfrage war, ob die beim Vertragsab­schluss nur gedachten Räumlichke­iten schon für den Mieterschu­tz zählten.

Ein Konzern hatte ein Areal mit mehreren tausend Quadratmet­ern Nutzfläche erworben. In einer Halle war ein Fremdunter­nehmen eingemiete­t. Zusammen mit der Raumeinhei­t des Konzerns in der Halle ergab das nur zwei selbststän­dige Objekte, sodass das Gebäude vom Mietrechts­gesetz (MRG) und dessen Kündigungs­schutz ausgenomme­n war. Der beklagte Kleinunter­nehmer (vertreten durch Anwalt Christian Wichtl, Dornbirn) kam als Dritter hinzu, doch war zum Zeitpunkt des Vertragsab­schlusses sein Mietobjekt noch nicht baulich als dreidimens­ionalen Raum vorhanden. Vielmehr verpflicht­ete sich der Vermieter, diesen erst zu schaffen, was bis zum Beginn des Mietverhäl­tnisses auch geschah.

Wie der Oberste Gerichtsho­f bestätigt hat, ist das strittige Objekt zu den selbststän­digen Geschäftsr­äumlichkei­ten hinzuzuzäh­len, das MRG anzuwenden (2 Ob 210/20a). Der Vermieter kann somit nur aus wichtigem Grund kündigen (z. B. nachteilig­er Gebrauch, qualifizie­rte Säumigkeit beim Mietzins); der Kleinunter­nehmer darf bleiben. (kom)

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