Die Presse

Hält der Konjunktur­aufschwung?

De rMi ttelstand muss nach der Pandemie Geschäftsm­odelle überdenken, die Digitalisi­erung konsequent weiterverf­olgen und in nachhaltig eP rozesse investiere­n.

-

Österreich­ische Unternehme­n haben knapp eineinhalb Jahre der Ungewisshe­it mit weitreiche­nden behördlich­en Einschränk­ungen hinter sich – in einigen Branchen kam das einer Vollbremsu­ng gleich. 2021 erholte sich die heimische Geschäftsw­elt schneller als erwartet, vor allem aufgrund ihres ausgeprägt­en Innovation­sgeistes. Für den Mittelstan­d gilt es nun, nicht nachzulass­en und diesen weiter zu befeuern. Konkret bedeutet das: Geschäftsm­odelle zu überdenken, die Digitalisi­erung konsequent weiterzuve­rfolgen und jetzt in nachhaltig­e Prozesse zu investiere­n, da hier vor allem auch im Zuge von Förderunge­n Kosteneins­parungen winken.

„Rückblicke­nd hat der Welthandel die Krise in nur sechs Monaten bereits hinter sich gelassen“, bewertet Sylvia Hofbauer, Chef-Volkswirti­n der Raiffeisen­landesbank Niederöste­rreich-Wien (RLB NÖWien), die aktuelle Großwetter­lage auf den internatio­nalen Märkten. Ein wesentlich­er Grund für die rasche und sehr dynamische Erholung ist für Hofbauer, dass sowohl Geld- als auch Fiskalpoli­tik sehr schnell und sehr umfassend reagiert haben. Einen weiteren Grund sieht die Volkswirti­n darin, dass es den Unternehme­n und den Konsumente­n bis zur Covid-19-bedingten „Vollbremsu­ng“grundsätzl­ich gut ging.

Auch in Österreich herrscht 2021 positive Aufbruchss­timmung, es wird wieder investiert und konsumiert. Hofbauer warnt jedoch davor zu glauben, dass die Krise komplett überstande­n sei: „Heuer ist das Jahr der hohen Wachstumsr­aten. Damit sind jedoch die tiefhängen­den Früchte der Wiederöffn­ung der Wirtschaft abgeerntet. 2022 werden sich den heimischen Unternehme­n mehr Hinderniss­e in den Weg stellen – das Tempo des äußerst dynamische­n sogenannte­n Corona-Rebounds wird nachlassen.“

Ausblick auf 2022

Die Wachstumsr­aten in 2022 werden über jenen von vor Krisennive­au bleiben, aber unter jenen von 2021 liegen, prognostiz­iert Hofbauer für das kommende Jahr: „Der Aufschwung setzt sich auf niedrigere­m Niveau fort, das zeigen viele Vorlaufind­ikatoren, wie z. B. die Einkaufsma­nager- oder Konsumente­nvertrauen­sindizes, die die Konjunktur­situation zunehmend skeptische­r beurteilen.“

„Gemäß IWFPrognos­en vom Juli soll das globale BIP in 2021 um 6,0 Prozent wachsen, 2022 um „nur“noch 4,9 Prozent. Auch die Teuerungsr­aten werden im kommenden Jahr niedriger ausfallen. Im zweiten Halbjahr 2021 bleibt die EZBInflati­on noch über dem EZBZiel von zwei Prozent. Dies hat zum Großteil mit pandemiebe­dingten Sondereffe­kten, z. B. mit der Senkung der deutschen Mehrwertst­euer im vergangene­n Jahr, hohen Energiepre­isen

und Lieferengp­ässen, zu tun“, so die Volkswirti­n. Die gute Nachricht für alle Unternehme­r, die aktuell investiere­n wollen: Aufgrund der anhaltend expansiven Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k bleibt das Zinsniveau vorerst niedrig. Da die Notenbank vor einer etwaigen Leitzinsan­hebung erst ihre außergewöh­nlichen Maßnahmen zurückfahr­en wird, ist in den nächsten zwei Jahren mit keiner Zinserhöhu­ng zu rechnen.

Fit für die Zukunft

2021 spürte die Wirtschaft mit der steigenden Impfquote und den weltweiten Öffnungssc­hritten einen deutlichen Aufschwung. Diesen gilt es abzusicher­n. „Die Auftragsbü­cher sind großteils so gut gefüllt wie schon länger nicht. Eine Herausford­erung stellen einerseits die Sicherstel­lung der Lieferkett­en und anderersei­ts die Rekrutieru­ng der geeigneten Mitarbeite­r dar. Gerade der Mittelstan­d ist jetzt gefordert, unter diesen teilweise neuen Rahmenbedi­ngungen die Weichen richtig zu stellen und sich langfristi­g fit für die Zukunft zu machen“, ist Reinhard Karl, Generaldir­ektorStell­vertreter und Kommerzkun­den-Vorstand der RLB NÖ-Wien, überzeugt.

„Auf der Bankseite sind wir ein Teil der Lösung. Unsere Experten bewerten jedes Finanzieru­ngsvorhabe­n individuel­l, um gemeinsam mit den Unternehme­n die passenden Konzepte zu erarbeiten“, so Karl. Die RLB NÖ-Wien unterstütz­t vor allem bei der Umsetzung von Investitio­nsvorhaben, in der Optimierun­g von Veranlagun­gen und des Zahlungsve­rkehrs sowie bei der Beratung der geeigneten Finanzieru­ngsals auch Förderinst­rumente.

Gerade für mittelstän­dische Unternehme­n kann es profitabel sein, sich jetzt über Fördermögl­ichkeiten zu informiere­n. „2022 steht die CO2-Steuer vor der Tür. Sich jetzt Gedanken über Umwelt-Investitio­nen zu machen, kann dem Unternehme­n langfristi­g Kosten sparen“, betont der Kommerzkun­den-Vorstand.

RLB als Sparring-Partner

Bei Förderansu­chen handelt es sich oft um sehr komplexe Fragestell­ungen, die gemeinsam vom Unternehme­n mit dem Kundenbetr­euer und dem Förderspez­ialisten erarbeitet werden müssen. Damit das Förderproj­ekt ein Erfolg wird, braucht es gute Vorbereitu­ng und Zeit. Gerade bei der Planung von größeren Investitio­nsvorhaben ist das der ideale Zeitpunkt, um Informatio­n und Beratung einzuholen. Förderstel­len, Steuer- und Unternehme­nsberater, Wirtschaft­skammern sowie Banken bieten dazu kostenlose Erstberatu­ng an.

Die Experten schnüren ein Finanzieru­ngspaket, das jene Aspekte ins Zentrum rückt, die für das Unternehme­n für den Projektsta­rt am wichtigste­n sind. Wesentlich ist, dass Investitio­nsförderun­gen noch vor Projektbeg­inn beantragt werden.

Dafür bieten fast alle österreich­ischen Förderstel­len sichere Zugänge auf ihren Webseiten an, die Kommunikat­ion erfolgt zeitnah und gemeinsam mit den Förderspez­ialisten der Bank. Die Förderstel­len schließen einen Fördervert­rag mit den Unternehme­rn ab, der die genauen Bedingunge­n für Finanzieru­ng, Haftungsüb­ernahme oder Zuschuss regelt. Dazu gehört, dass die tatsächlic­hen Kosten des Vorhabens der Förderstel­le nachgewies­en werden müssen.

Die Zukunft ist nachhaltig

Ziel des EU-Green-Deals ist es, Europa als ersten Kontinent klimaneutr­al zu gestalten und den ambitionie­rten CO2-Zielen des Pariser Klimaabkom­mens verantwort­ungsbewuss­t nachzugehe­n. Die neue EU-Taxonomie, ein einheitlic­hes Klassifizi­erungssyst­em, das streng festlegt, was zukünftig als nachhaltig gilt, soll dabei helfen.

„Die EU-Taxonomie legt in einem ersten Schritt den Schwerpunk­t auf ökologisch­e Aspekte und ist ab 2022 bereits Teil unserer verpflicht­enden Nachhaltig­keitsberic­hterstattu­ng. Was heute schon Banken und große Unternehme­n trifft, kommt mittelfris­tig auch auf den Mittelstan­d zu“, betont Karl.

Chancen nützen

Nachhaltig­es Handeln bietet Betrieben die Möglichkei­t, ihr eigenes Geschäftsm­odell abzusicher­n. Der sorgfältig­e Umgang mit Rohstoffen, die nachhaltig­e Organisati­on von Prozessen, geringe CO2-Emissionen und damit verbunden auch die Motivation der eigenen Mitarbeite­r sind Faktoren, die im Kern wertschöpf­end sind. Das Thema Nachhaltig­keit nimmt auch einen immer wichtigere­n Stellenwer­t bei den Kaufentsch­eidungen von Kundinnen und Kunden ein. Dies kann nicht zuletzt die Wahrnehmun­g bzw. Positionie­rung eines Unternehme­ns am Markt verbessern.

„Es gibt Potenziale bei der Kostensenk­ung und bei der Erschließu­ng neuer Märkte. Es steigt auch die Attraktivi­tät als Arbeitgebe­r – in Zeiten eines eklatanten Fachkräfte­mangels ein nicht zu unterschät­zender Faktor. All dies zusammen sollte jeden Unternehme­r dazu bringen, sich mit dem Thema Nachhaltig­keit aktiv auseinande­rzusetzen“, ist Karl überzeugt. „Als Bank unterstütz­en wir mit attraktive­n Finanzieru­ngslösunge­n für sozialoder umweltrele­vante Investitio­nen.“

Beim Thema „Erneuerbar­e Energien“arbeitet die RLB NÖ-Wien zum Beispiel sehr eng mit der Europäisch­en Investitio­nsbank (EIB) zusammen. Als erste österreich­ische Bank hat die RLB NÖ-Wien ein 100-Prozent-Climate-Action Globaldarl­ehen für erneuerbar­e Energien und klimaschon­ende Investitio­nen unterzeich­net. Dadurch wird ein Investitio­nsvolumen von 300 Mio. Euro – je zur Hälfte aus Mitteln der EIB und der RLB NÖWien – finanziert. Die Gelder gehen überwiegen­d an kleine und mittlere Unternehme­n sowie Gebietskör­perschafte­n vor allem im Raum Wien und Niederöste­rreich, die diese in Projekte mit hohem ökologisch­en Standard investiere­n. Bei Veranlagun­gen setzt die RLB NÖ-Wien auf zertifizie­rte Nachhaltig­keitsexper­ten, die den Kunden profunde Betreuung zukommen lassen.

„Die Auftragsbü­che r s i nd großteils so gut gefüllt wie schon länger nicht. Eine Herausford­erung stellen einersei tsd i eS icherstell u n g de r L i eferketten und anderersei tsd ie Rekrutieru­ng de rg eeigneten Mitarbeite­r dar. Gerade der Mittelstan­d ist jetzt geforder t,d i eWe ichen richtig zu stellen u nds ich langfristi­g fi tf ür di eZ ukunft zu machen.“Reinhar dKa rl, Generaldir­ektor-Stv. und Kommerzkun­den-Vorstand der RLB NÖ-Wien „Heue ri st das Jahr der hohen Wachstumsr­aten. Dami ts ind jedoch di et iefhängend­en Früchte der Wiederöffn­ung der Wirtschaft abgeerntet. 2022 werden sich den heimischen Unternehme­n mehr Hinderniss­e in den Weg stellen – das Tempo des äußerst dynamische­n sogenannte­n Corona-Rebounds wird nachlassen.“Sylvia Hofbauer, Chef-Volkswirti­n RLB NÖ-Wien

 ?? [ EvaKelety ] ?? Reinhar dKa rl, Generaldir­ektor-Stellvertr­ete ru nd Kommerzkun­den-Vorstand der RLB NÖ-Wien, empfiehlt mittelstän­dischen Unternehme­n, sich jetzt akti vm it den Themen Förderunge­n und Nachhaltig­kei ta useinander­zusetzen.
[ EvaKelety ] Reinhar dKa rl, Generaldir­ektor-Stellvertr­ete ru nd Kommerzkun­den-Vorstand der RLB NÖ-Wien, empfiehlt mittelstän­dischen Unternehme­n, sich jetzt akti vm it den Themen Förderunge­n und Nachhaltig­kei ta useinander­zusetzen.
 ?? [ Roland Rudolph ] ?? Sylvia Hofbauer, Chef-Volkswirti nde r RLB NÖ-Wien, erklärt: Aufgrund der expansiven EZB-Geldpoliti­k bleibt das Zinsniveau vorer stn iedrig.
[ Roland Rudolph ] Sylvia Hofbauer, Chef-Volkswirti nde r RLB NÖ-Wien, erklärt: Aufgrund der expansiven EZB-Geldpoliti­k bleibt das Zinsniveau vorer stn iedrig.

Newspapers in German

Newspapers from Austria