Radical Chic am linken Mur-Ufer
Ob jene Bürgerlichen, ob boboesk oder katholisch grundiert, die in Graz nun aus Jux und Tollerei die KPÖ gewählt haben, das wirklich wollten? Die Kommunistische Partei auf dem ersten Platz, mit Aussicht auf eine kommunistische Bürgermeisterin. Man weiß es nicht genau. Das Kokettieren mit den Kommun isten gehört in Graz jedenfalls seit Längerem zum guten Ton. Radical Chic am linken Mur-Ufer.
Die erste Bresche in das bürgerliche Graz hat Ernest Kaltenegger geschlagen. Weil er weniger als Peppone, sondern mehr als Don Camillo daherkam. Auf Samtpfoten, gnadenlos sympathisch, der Engel der Armen. Seine Nachfolgerin
Elke Kahr, nicht unbedingt mit Kalteneggers Charisma gesegnet, hat seinen Weg wider Erwarten mit Erfolg fortgesetzt. Beim KPÖSchlager Nummer eins, den Mieten, war auch sie glaubwürdig. Sie hat Kaltenegger nun noch einmal überflügelt. Und die Chance, jetzt wirklich zum Peppone von Graz zu werden, also zur Bürgermeisterin.
Für die ÖVP ist das eine herbe Niederlage, im Besonderen für Bürgermeister Siegfried Nagl. Immer wieder auch als steirischer ÖVP-Chef gehandelt, steht er nun vor den Trümmern seiner Regentschaft in der Landeshauptstadt. Er habe viel zu viel bauen lassen, heißt es, das habe für Widerstände vielerorts gesorgt. Die ÖVP habe zudem Schwierigkeiten gehabt, ihre Anhänger zu mobilisieren, zu sicher schien der erneute Wahlsieg Siegfried Nagls für die einen, zu ermüdet vom Langzeitbürgermeister waren die anderen.
Die SPÖ spielt als Alternative schon länger keine Rolle mehr, die Grünen konnten das Vakuum nicht füllen. In dieses stieß die KPÖ hinein, als dunkelrote
Alternative. Mit den alten leninistischen Hammer-und-Sichel-Kommunisten hat die Grazer KPÖ tatsächlich wen igzutun. Sie bietet vi elmehr für gelangweilte bzw. sozial engagierte Bürgerliche die Möglichkeit zur gepflegten Provokation. Mit allen möglichen Konsequenzen.
Das Kokettieren mit den Kommunisten gehört in Graz jedenfalls seit Längerem zum guten Ton.