Zum vierten Mal in den Lockdown
Pandemie. In Salzburg und Oberösterreich gelten bald Beschränkungen für alle. Und im Rest Österreichs? Bund und Länder verhandeln.
Wien. Dieses Mal soll die Entscheidung nicht im Bundeskanzleramt gefällt werden. Günther Platter (ÖVP) lädt als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz die Amtskollegen in seine Heimat ein: Am Freitagvormittag werden die Landeshauptleute am Tiroler Achensee zusammenkommen. Sie wollen weitere Maßnahmen Pandemiebekämpfung besprechen – von regionalen Lockdowns bis hin zu bundesweiten Verschärfungen. Dafür reisen auch zwei Gäste aus Wien an: Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) und Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne). Am Vortag, dem Donnerstag, gab es schon wieder einen Rekord: 15.145 Neuinfektionen wurden gemeldet. Seit Beginn der Pandemie haben sich nun mehr als eine Million Menschen in Österreich infiziert. Nur wie man darauf reagieren soll, sieht man in den Ländern, in der Regierung und auch in der ÖVP zum Teil sehr unterschiedlich.
Der Lockdown
Die beiden Bundesländer, in denen das Coronavirus am heftigsten wütet, sind via Video zugeschaltet. Thomas Stelzer und Wilfried Haslauer (beide ÖVP) haben aber bereits am Vortag Fakten geschaffen. In Oberösterreich und Salzburg wird es ab Montag einen „mehrwöchigen“Lockdown geben. Egal, was bundesweit beschlossen wird. Gelten soll dieser Lockdown für alle – also sowohl für Ungeimpfte als auch für Geimpfte.
Damit haben die beiden ÖVP-Landeschefs ihre Meinung zwar spät, aber doch plötzlich geändert, denn auch sie wollten einen solchen Schritt bis zuletzt verhindern. Erst kürzlich hat sich der Salzburger Haslauer sogar noch abschätzig über die Virologen, die Menschen gern im Zimmer einsperren würden, geäußert. Am Donnerstagnachmittag klang das ganz anders: „Es bleibt uns nichts anderes mehr übrig. Wir haben keine andere Wahl“, sagte Haslauer. Es brauche einen „strengen Lockdown“. Der wird offenbar lange dauern. Formal wird er zwar nur für zehn Tage verhängt. Er hoffe, sagte Haslauer aber, „möglichst bald – wenn irgendwie geht noch vor Weihnachten – aus dem Lockdown herauszukommen“. Stelzer nannte den 17. Dezember als möglichen Stichtag. Da werde man entscheiden, ob es für Geimpfte Lockerungen geben könne.
De facto wird der Bund auf Ersuchen der Länder die Maßnahmen verhängen. In Oberösterreich und Salzburg werden die gleichen Regeln gelten. Darauf könnten auch andere Bundesländer zurückgreifen.
Die ÖVP
Die beiden ÖVP-Landeshauptleute hätten gern eine bundesweite Regelung gesehen. „Darauf konnten wir nun nicht warten.“Ob es die geben wird, ist weiterhin offen. Denn die Parteikollegen im Bund gaben in den vergangenen Tagen eine ganz andere Linie vor. Zumindest war das noch Anfang der Woche so: Schallenberg sprach sich am Montag gegen nächtliche Ausgangsbeschränkungen für alle aus. „Wir wollen die Ungeimpften zur Impfung bringen, und nicht die Geimpften einsperren“, sagte er im ORF.
Tourismusministerin Elisabeth Köstinger wiederholte diese Position auch am Mittwoch: „Mit dem Lockdown für Ungeimpfte haben wir weitreichende Maßnahmen gesetzt.“Geimpften Menschen müsste man „größtmögliche Freiheit“geben. Doch mit den steigenden Infektionszahlen dürfte sich die Position im Kanzleramt abgeschwächt haben.
Mückstein hat schon am Sonntag für nächtliche Ausgangsbeschränkungen plädiert – und zwar für alle. Er verwies auf einen Forderungskatalog von Experten. Am Mittwoch warnte auch das Prognosekonsortium: Es müsse befürchtet werden, dass die intensivmedizinischen Kapazitäten für Coronapatienten in naher Zukunft nicht mehr reichen. In sämtlichen Bundesländern. Die Entscheidung von Stelzer und Haslauer begrüßte Mückstein jedenfalls. „Gemeinsam mit den Ländern wird die Regierung über weitere bundesweite Maßnahmen entscheiden“, schrieb er auf Twitter.
Die Bundesländer
Und wie sehen das die anderen Bundesländer? In Wien will man weiterhin keine Maßnahme ausschließen – auch keinen Lockdown. Selbst wenn die Bundeshauptstadt vergleichsweise gut dasteht. In der Zwischenzeit treten am Freitag Verschärfungen in Kraft: In der Nachtgastronomie muss man nicht nur geimpft und genesen, sondern zusätzlich auch PCR-getestet sein. Wien schreibt auch alle 340.000 ungeimpften Bürger an. In einem Brief wird ihnen ein persönlicher Impftermin zugeteilt. Der Gastgeber in Tirol, Platter, bleibt hingegen vor dem Treffen am Freitag dabei: Er wolle keinen Lockdown für sein Bundesland. In Vorarlberg will man sich vor dem Gipfel gar nicht dazu äußern. Aber man verweist darauf, dass ab Freitag eine „deutlich ausgeweitete Maskenpflicht“herrsche, heißt es im Büro von Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). Auch er ist am Freitag nur virtuell dabei – Wallner wurde positiv getestet. Roland Frühstück, ÖVP-Klubobmann in Vorarlberg, wurde am Donnerstag schon deutlicher: Er sprach sich – wie die Grünen und die SPÖ – für einen „kurzen, knackigen Lockdown“aus. Auch Kärntens Landeshauptmann, Peter Kaiser (SPÖ), will einen „generellen, kurzen, aber harten Lockdown“prüfen. Gleichzeitig müsse man die Impfungen forcieren. Die Steiermark (siehe S. 4) will am Freitag offenbar sogar über eine generelle Impfpflicht sprechen.