Die Presse

Streit um Schließung der Schulen: Haslauer gegen Bildungsmi­nister

Distance Learning. Betreuung wird es in den Schulen weiterhin geben. Alles andere ist noch unklar.

- VON JULIA NEUHAUSER

Wien/Linz/Salzburg. Es ist kein unbekannte­s Bild mehr in dieser Coronapand­emie: Da stemmt sich Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) mit großer Vehemenz gegen eine Schließung der Schulen – und dann kommt sie trotzdem. Weil es andere in der Partei so wollen. In der Vergangenh­eit ist das mächtige Gegenüber der ÖVP-Parteichef selbst gewesen. Sebastian Kurz setzte als Kanzler die Schulschli­eßungen gegen Heinz Faßmann durch. Nun stellt sich ein Landeshaup­tmann gegen den Bildungsmi­nister. Salzburgs Landeschef, Wilfried Haslauer, sprach sich für einen Lockdown inklusive eines Wechsels ins Distance Learning und Home-Schooling aus.

Dieser Machtkampf war am Donnerstag quasi live, über Stunden hinweg, zu beobachten. Als die Länder Oberösterr­eich und Salzburg, die sich lang gegen harte Coronamaßn­ahmen stemmten, am Vormittag einen „mehrwöchig­en“Lockdown ankündigte­n und noch nichts Konkretere­s zu den Schulen verkündete­n, rückte nur wenig später der Bildungsmi­nister aus. Die Schulen könnten in den betroffene­n Bundesländ­ern trotzdem offen bleiben, ließ er die Medien wissen. Aus virologisc­her Sicht sei das vertretbar. Immerhin würde „nirgends so systematis­ch getestet wie in den Schulen“. Die Schulen sollten auch aus pädagogisc­her Sicht offen bleiben. Immerhin gelte es, eine weitere Belastung der Schüler zu vermeiden.

Doch schon zu Mittag widersprac­h ihm der Salzburger Landeschef: „Ich sehe keine andere Möglichkei­t, als auch die Schulen zu schließen“, sagt Wilfried Haslauer im Ö1-„Mittagsjou­rnal“. Gerade in den Schulen gebe es „extreme Entwicklun­gen“. Die Sieben-Tage-Inzidenz bei den Fünf- bis 15-Jährigen liege bei 2500 und sei noch weiter im Steigen begriffen. Insofern könne man nicht anders vorgehen. Mehr Details gab es vorerst aber nicht dazu.

Schulen für Betreuung offen

Rein rechtlich kann der Landeshaup­tmann eine solche Schulschli­eßung selbst verordnen – auch ohne Zustimmung des Bildungsmi­nisters. Dazu müsste er die Schulschli­eßung laut Epidemiege­setz vollziehen. Damit wäre die Schule aber komplett zu. Sie dürfte also nicht betreten werden. Das, mutmaßte man im Bildungsmi­nisterium, hätte man im Land wohl nicht bedacht. „Damit entsteht eine gewisse Betreuungs­problemati­k für die, die man vielleicht in anderen Bereichen braucht“, warnt der Bildungsmi­nister und meint damit vor allem jene Eltern, die im Gesundheit­sund Pflegebere­ich arbeiten und nicht wissen, wie sie ihre Kinder in einer solchen Situation betreuen sollten.

In den bisherigen Phasen des Distance Learning waren die Schulen nie komplett zu. Eine Betreuung hat es immer gegeben. Im ersten Lockdown, im Frühjahr 2020, wurde das noch relativ streng gehandhabt. Damals wurden an den Schulen nicht allzu viele Kinder betreut. In den darauffolg­enden Home-Schooling-Phasen ging man lockerer mit der Frage, wer Betreuung für seine Kinder braucht, um. Im Herbst 2020 und Frühjahr 2021 wurden dementspre­chend mehr Kinder in die Betreuung an den Schulen geschickt.

Freiwillig­es Home-Schooling

Am späten Nachmittag stellte dann auch Landeshaup­tmann Haslauer klar: Ganz geschlosse­n würden die Schulen nicht. Jene Kinder, die Betreuung brauchten oder Lernschwäc­hen hätten, dürften die Schule weiterhin vor Ort besuchen. So werde das ab Montag sowohl in Salzburg als auch in Oberösterr­eich gehandhabt. Oberösterr­eichs Landeshaup­tmann, Thomas Stelzer (ÖVP), hat sich in der Frage der Schulschli­eßungen auffallend zurückgeha­lten. Doch die beiden Bundesländ­er haben gemeinsam mit dem Bildungsmi­nisterium verhandelt.

Also stimmt Bildungsmi­nister Heinz Faßmann dem Vorhaben, großflächi­g ins Distance Learning zu wechseln, doch zu? Jein, lautet die Antwort. Rein formal passiert das Ganze nun mit der Zustimmung des Bildungsmi­nisters. Kommunizie­rt wird es aber höchst unterschie­dlich. In den Augen des Bildungsmi­nisteriums werden die Schulen in Salzburg und Oberösterr­eich ab Montag nämlich nicht geschlosse­n. „Die Schule bleibt für einen den Umständen angebracht­en Schulbetri­eb offen“, heißt es in einem Schreiben an die Schulleite­r, das der „Presse“vorliegt.

Der Stundenpla­n bleibt aufrecht. Für Eltern wird jedoch die Möglichkei­t geschaffen, ihre Kinder zu Hause zu lassen, und zwar ohne ärztliches Attest. Man gilt als entschuldi­gt. Dadurch erwartet man sich eine „Entdichtun­g“in den Klassen. Es findet für diese Kinder aber „kein flächendec­kendes Distance Learning statt, da der Unterricht grundsätzl­ich in Präsenz stattfinde­t“, heißt es in dem Schreiben. Die Schüler können, falls die technische­n Voraussetz­ungen gegeben sind, „aufgrund ihrer Eigeniniti­ative“am Unterricht virtuell teilnehmen. Schularbei­ten und Tests soll es in der Zeit des Lockdowns nicht geben. Wie viele Kinder tatsächlic­h in den Klassen sitzen werden, wird sich also wohl erst am Montag zeigen.

Maskenpfli­cht für alle im Unterricht

Dort wird es jedenfalls neuerlich verschärft­e Sicherheit­smaßnahmen geben. In allen Schulstufe­n gilt eine Maskenpfli­cht während des Unterricht­s. Derzeit ist das nur in der Oberstufe der Fall. Dort muss eine FFP2-Maske getragen werden.

Sowohl in Oberösterr­eich als auch in Salzburg ist das Contact Management an Schulen zusammenge­brochen. Man ist dort allerdings sehr unterschie­dlich damit umgegangen. Damit soll nun Schluss sein. Tritt ein einziger Coronafall in einer Klasse auf, müssen nicht alle Schüler automatisc­h in Quarantäne. Sie sollen in den darauffolg­enden fünf Tagen täglich getestet werden.

 ?? [ imago ] ?? Heinz Faßmann will nur strengere Maßnahmen: Die Maskenpfli­cht soll im Unterricht für alle gelten.
[ imago ] Heinz Faßmann will nur strengere Maßnahmen: Die Maskenpfli­cht soll im Unterricht für alle gelten.

Newspapers in German

Newspapers from Austria