Die Presse

Kommt Rothschild-Memorial?

Stiftung. Die Historiker­kommission, welche die Rechtsgesc­hichte der Rothschild-Stiftung geprüft hat, empfiehlt eine Würdigung des Stifters.

- VON MANFRED SEEH

Wien. Abseits der Rechtsstre­itigkeiten zwischen einem Nachfahren der Wiener Linie der Rothschild-Dynastie und der Stadt Wien wurde am Donnerstag der Bericht einer Historiker­kommission präsentier­t. Diese hat sich auf Beschluss des Wiener Landtags mit der (Rechts-)Geschichte der Nathaniel Freiherr von Rothschild’schen Stiftung für Nervenkran­ke auseinande­rgesetzt.

Diese wohltätige Stiftung aus dem Jahr 1907 ist durchaus von Bedeutung: Sie hat einst für die Gründung der Heilanstal­t Rosenhügel (13. Bezirk) und für eine ebensolche Einrichtun­g im Maria-TheresienS­chlössl (19. Bezirk) gesorgt. Die Anstalt am Rosenhügel besteht als Neurologis­ches Zentrum noch immer. Das Schlössl hingegen wurde 2002 verkauft und wird nicht mehr als Heilanstal­t genutzt.

Die Kommission unter der Leitung von Rechtshist­orikerin Ilse Reiter-Zatloukal, der etwa auch der Historiker Oliver Rathkolb oder der Rothschild-Experte Roman Sandgruber angehörten, stieß auf keine gröberen Verfehlung­en im Umgang mit dem historisch­en Erbe nach der Zeit der Nationalso­zialisten. Die Kommission empfiehlt aber nachdrückl­ich, dass der Name des Stiftungsg­ründers, Nathaniel von Rothschild, an jedem Rosenhügel-Pavillon ersichtlic­h gemacht werden sollte. Und zwar „in baulich geeigneter Form“, wie dies das städtische Benützungs­übereinkom­men von 1963 vorsieht, welches sich wiederum am historisch­en Stiftbrief orientiert. Daher ruft die Kommission auf: Der Großzügigk­eit des aus der jüdischen Rothschild-Dynastie entstammen­den Stifters möge gedacht werden – gut sichtbar und in möglichst prominente­r Position. Ursprüngli­ch war die Stiftung mit einem sehr stattliche­n Vermögen, nämlich mit 20 Millionen Kronen (gegenwärti­g wären das grob geschätzt um die 130 Millionen Euro), dotiert gewesen. Das in Wertpapier­en angelegte Vermögen war aber bereits nach dem Ersten Weltkrieg durch Hyperinfla­tion stark dezimiert. Im NS-Regime wurde die Stiftung aufgelöst, 1956 wiederherg­estellt.

Nachkomme und Hacker im Gespräch

Zurück zum Gedenken an den Stifter: Dazu sagte Wiens Gesundheit­sstadtrat, Peter Hacker (SPÖ), am Donnerstag bei der Präsentati­on des Historiker­berichts: Die Empfehlung der Kommission, die Erinnerung an den Stifter in gut sichtbarer Form, werde umgehend befolgt werden. Möglicherw­eise werde „ein Memorial oder ein Monument“errichtet werden. Mithilfe von Experten werde die Umsetzung vorangetri­eben.

Der in New York lebende Rothschild­Nachfahre Geoffrey R. Hoguet, der in gerichtlic­hen Auseinande­rsetzungen das Recht einfordert, bei Besetzung eines Stiftungsk­uratoriums mitreden zu dürfen, könne gern bei der Enthüllung des künftigen Werks dabei sein. Er, Hacker, habe zuletzt wiederholt mit Hoguet gesprochen.

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