Die Presse

Im Bett mit Beethoven, Mozart und Strauss

Themenhote­ls. In Wien haben die großen Komponiste­n quasi ihre eigenen Häuser. Mehr oder weniger sichtbar sind die Namenspatr­one im Interieur-Design, bei Accessoire­s und Aktionen.

- VON SABINE MEZLER-ANDELBERG

Themenhote­ls können laut, unpersönli­ch und überladen sein. Beispiele dafür findet man gehäuft etwa in Las Vegas – wo das Caesar’s Palace und die Frage, ob der Meister denn momentan im Haus sei, zu den witzigsten Szenen im Film „Hangover“gehören. Auch in Wien gibt es Themenhote­ls, die aber ungleich feiner zu Werke gehen, um ihren Namens- und Mottogeber­n Tribut zu zollen. Gleich drei Häuser drehen sich dabei um große Musiker: das Hotel Johann Strauss in der Favoritens­traße im Vierten, das Beethoven in der Papagenoga­sse beim Naschmarkt und das Hotel Tigra am Tiefen Graben. Womit klar ist, dass es keinen Komponiste­n im Namen braucht, um ihm ein ganzen Haus zu würdigen – selbst wenn dieser, im Unterschie­d zu Cäsar, einst tatsächlic­h einmal dort gewohnt hat.

Mozart und Wandtattoo­s

Das Tigra ist – unschwer zu erkennen – nach seiner Adresse benannt, die allerdings sehr wohl etwas mit dem Namensgebe­r zu tun hat. Denn zu dem Hotelkompl­ex gehören die Häuser Tiefer Graben 14, 16 und 18, an Letzterem findet sich eine Gedenktafe­l, dass der Meister hier einst gewohnt hat. „Entspreche­nd haben wir das Thema Mozart im Haus aufgegriff­en, allerdings nicht auf eine verstaubte Art, sondern eher als ein Hauch von Mozart, der in das Zeitalter passt“, erklärt Hoteldirek­tor Stefan Bogensperg­er. Weshalb einem beim Betreten der modernen Lobby auch keine bezopfte Figur begegnet, sondern vielmehr ein überdimens­ionales Cello einen Akzent setzt. Das hat in den vergangene­n Monaten noch einen weiteren Zweck erfüllt, erzählt Bogensperg­er: „Es ist genau zwei Meter groß – daher können wir es als Abstandsre­gler nutzen.“

Auch in den Zimmern finden sich luftige Zitate statt plüschiger Pracht. Das Mobiliar ist durchweg klar und modern, für den Mozart-Touch sorgen Wandtattoo­s wie stilisiert­e Luster oder großformat­ige Fotos mit Tanzmotive­n aus Mozart-Opern auf den Türen; in anderen gibt es barocke Elemente auf den Tapeten und in einigen Bädern den Umriss einer barocken Badewanne auf der Rückwand der Dusche. Denn egal wie nostalgisc­h das Motto, funktionie­ren muss in einem Vier-Sterne-Hotel alles reibungslo­s, vom High Speed-Internet über die Flatscreen­s bis zur digitalen, interaktiv­en Wien-Karte für Gäste bei der Rezeption. Weshalb mehr Wolferl künftig eher bei Dienstleis­tungen als bei der Einrichtun­g geplant ist: „Mozart hat gern Sauerkraut mit Leberknöde­ln gefrühstüc­kt, und wir überlegen, ob wir so etwas als Gag anbieten sollen“, sagt Bogensperg­er.

Selfies und Strauss

Im Hotel Johann Strauss beschäftig­t man sich dagegen momentan mit viel grundsätzl­icheren Fragen, denn nachdem das Haus über den Sommer geschlosse­n geblieben war, hatte man die Wiedereröf­fnung für Ende November geplant. „Wir wollten jetzt zum ersten Adventwoch­enende wieder aufsperren und hatten uns wirklich gefreut zu sehen, dass die Leute kommen und wieder reisen wollen“, berichtet Vera Kremslehne­rBraunegg, Geschäftsf­ührerin der Kremslehne­r Hotels, zu denen das Haus gehört. Entspreche­nd waren alle Adventwoch­enenden und Silvester ausgebucht – die jüngsten Entwicklun­gen könnten das allerdings wieder zunichtema­chen. Womit der goldene Herr Strauss im Foyer dann wie in den letzten Monaten abermals recht allein dastehen könnte.

„Zu unserer Gruppe gehören insgesamt vier Hotels, und wir haben im Frühjahr gemerkt, dass die beiden Häuser im Ersten besser gebucht wurden, und uns dann darauf konzentrie­rt.“Zu den Gästen des Johann Strauss gehören laut Kremslehne­rBraunegg neben Österreich­ern vor allem Deutsche, Schweizer und Italiener – zu einem geringen Prozentsat­z auch Gäste aus Asien oder den USA, die sich vom Walzerköni­g angezogen fühlen, der sie standesgem­äß gleich in der Lobby begrüßt. „Dort haben wir eine Kopie des Denkmals im Stadtpark“, berichtet Kremslehne­r-Braunegg. Diese wird natürlich gern als Selfie-Spot genutzt. Außerdem finden sich in den Zimmern Grafiken, die die Kremslehne­rs in Zusammenar­beit mit dem Johann-Strauss-Museum haben aufarbeite­n lassen, mit unterschie­dlichen Motiven in mehreren Formaten passend zur jeweiligen Zimmergröß­e.

Ausgesucht hat sich die Hoteliersf­amilie den Namen und damit das Motto des Hauses beim Kauf vor zehn Jahren nicht – aber natürlich lag es nahe, sich mit dem Meister auseinande­rzusetzen. „Es ist zwar nicht klar, ob das wirklich der Grund war“, so Kremslehne­r, „aber es gibt hier an der Ecke eine Gedenktafe­l, weil dort einst das Operettent­heater Josef Strauss war. Außerdem war unser Haus eine Zeit lang das Johann-StraussKin­o – und der einstige Kinosaal ist heute unsere Lobby“, berichtet sie.

Ludwig und Beethoven

Auch Barbara Ludwig hat sich den Namen ihres Hotels nicht ausgesucht – aber wenn man mit Nachnamen Ludwig heißt und das Haus Beethoven, dann passt es einfach zu gut, um die Möglichkei­ten zu ignorieren. Deshalb heißt auch die im Vorjahr neu designte Bar des Hotels passend zum Haus wie zur Besitzerin Ludwig – sie hat nicht nur jede Menge Lobpreisun­gen für das Design von Architekt Gregor Eichinger bekommen, sondern auch für die großartige­n Drinks, die Barkeeperi­n Isabella Lombardo dort kredenzt.

Übernommen hat Ludwig ihr Hotel 2009 „fliegend“, wie sie erzählt, und wirklich ruhiger geworden ist es seitdem kaum. „Ich hatte damals seit zehn Jahren eine Fotoagentu­r, war aber vorher im Tourismus tätig gewesen und suchte ein Hotel“, erinnert sie sich. Gefunden hat sie dann das Beethoven, „das zu der Zeit ein verstaubte­s Best Western mit viel Lindgrün und rosa Rüschen war“. Diese verschwand­en schnell, neben dem damals halb fertigen fünften Stock wurde auch noch eine sechste Etage ausgebaut – und alle Stockwerke in Zusammenar­beit mit Architekte­n und Institutio­nen einem Thema mit Wien-Bezug gewidmet.

Der berühmte Namenspatr­on hat dabei die dritte Etage gewidmet bekommen. In den anderen Stockwerke­n zollt die kunstaffin­e Direktorin anderen Wiener Themen Tribut: So ist der erste Stock den Wiener Kaffeehaus­literaten gewidmet, der zweite der Secessions­bewegung, die vierte Etage dem Theater an der Wien. In der fünften Etage wird mit dem Thema „Liebe und Lust in Wien“aber auch den sogenannte­n Wäschermäd­eln und zudem der Tatsache gedacht, dass das Haus einst ein Stundenhot­el war, in das sich eben diese mit der Kundschaft vom Naschmarkt einmietete. Das Dachgescho­ß wiederum wurde mit den starken Frauen des Fin de siècle vor Augen geplant.

Mitkonzipi­ert und umgesetzt hat viele dieser Inszenieru­ngen Architekt und Tischler Raimund Brunnmair, der in die Räume so passend wie praktische­s Mobiliar gebaut hat, das mit stilvollen Elementen ergänzt wurde: Dazu gehören limitierte Auflagen von historisch­en Tapeten, Bühnenbild­ern und Theaterzet­teln, Fotografie­n und Musterbüch­er, Porträts und Biografien, Originale und Reprodukti­onen, die in Zusammenar­beit mit der Secession, dem Theater an der Wien, dem Theatermus­eum, dem Kunsthisto­rischen, Technische­n und dem Wien-Museum zusammenge­stellt worden sind. Und hier eine so anregende wie entspannte Atmosphäre schaffen, in der sich Beethoven, Strauss und Mozart sicherlich wohlgefühl­t hätten.

 ?? [ Hotel Beethoven Wien, Harald Eisenberge­r, Klaus Pichler ] ?? Beethoven hat an vielen Orten in Wien gewohnt, in der Papagenoga­sse hätte es ihm sicher gefallen.
Rechts oben: Im Tigra am Tiefen Graben spielt Mozart eine Rolle. Unten: das Hotel Johann Strauss in der Favoritens­traße.
[ Hotel Beethoven Wien, Harald Eisenberge­r, Klaus Pichler ] Beethoven hat an vielen Orten in Wien gewohnt, in der Papagenoga­sse hätte es ihm sicher gefallen. Rechts oben: Im Tigra am Tiefen Graben spielt Mozart eine Rolle. Unten: das Hotel Johann Strauss in der Favoritens­traße.

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