Wie Wien smarter wird
Einkaufsstraßen. In der Seestadt Aspern verwirklichte Wien die erste „gemanagte Einkaufsstraße Europas“.
Gerade in der Coronapandemie bekam der Onlinehandel einen kräftigen Rückenwind. Vielerorts muss der stationäre Handel die Segel streichen. Die Leerstände in den Geschäftsstraßen nehmen zu, oft sind billige Ein-Euro-Shops die traurigen Vorboten eines steten Niedergangs. In Wien will man sich allerdings nicht kampflos geschlagen geben. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) verweist im Gespräch mit der „Presse“auf die Seestadt Aspern. Diese sei von Anfang an auf Nachhaltigkeit ausgelegt worden. „Wir haben in der Seestadt Aspern eine U-Bahn hingebaut, bevor noch die erste Wohnung übergeben worden ist. Ich habe damals scherzhaft gemeint: Das ist die einzige Baustelle Europas, zu der die Arbeiter mit der U-Bahn fahren können.“
Tatsächlich wurde die Stadt dafür nicht nur gelobt, sogar der Rechnungshof kritisierte die U-Bahn ins Nirgendwo. Selbst der Bürgermeister gesteht heute ein, dass er sich damals nicht so sicher gewesen sei, dass das Konzept aufgehen würde. Aus heutiger Sicht sei die Entscheidung „völlig richtig“gewesen, weil es die Attraktivität der Seestadt Aspern von Anfang an gehoben habe.
Aber nicht nur die Verkehrsinfrastruktur sei im Fokus gestanden. „Wir haben in der Seestadt Aspern ein international sehr anerkanntes Modell initiiert: die erste gemanagte Einkaufsstraße Europas“, sagt Ludwig. Bewusst verwehrte die Stadt einem Einkaufszentrum die Widmung. Stattdessen habe man in Abstimmung mit einem großen Handelsunternehmen in den Erdgeschoßzonen verschiedenste Gassenlokale angesiedelt. Mittlerweile gibt es Frisör, Trafik, Buchhandlung, Bäcker oder Kaffeehaus. „Es funktioniert, weil es viele Bewohnerinnen und Bewohner schätzen, vor der Haustür einen guten stationären Handel zu haben“, sagt Ludwig. Und das Konzept sei vor allem auch für jene ideal, die auf ein Auto verzichten wollen. „Das ermuntert mich, und wir werden das auch in anderen Stadtteilen umsetzen. So kann eine Smart City, eine Stadt der Zukunft, funktionieren“, sagt Ludwig.
Aktuell müsse die Stadt genau jene Kleinund Mittelbetriebe sowie Einpersonenunternehmen in der Pandemie unterstützen, betont der Bürgermeister. „Mir war wichtig, gemeinsam mit Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke punktuelle und ergänzende Maßnahmen zu setzen. Wir wollten also die Pakete der Bundesregierung nicht duplizieren, sondern zielgruppenorientierte Unterstützung bieten.“Dies gelte vor allem für die Gastronomie, die Hotellerie, das Kongress- und Konferenzwesen und viele Kulturbetriebe. (red.)