Uhrmacherin? Nicht mit mir!
Ich habe in jeder Hinsicht sehr viel verloren: einen echten Freund und beruflich einen wunderbaren Partner.“So sprach die Dame, die eben um ihren guten Freund, ja, man könnte gar so weit gehen zu sagen: Lebensmenschen, trauerte, als dieser vor einigen Jahren starb.
Die Dame war genau wie der Mann vielseitig begabt und tätig. Geboren als Tochter eines Uhrmachermeisters, sollte sie auf Wunsch des Vaters denselben Beruf erlernen – um einmal seine Werkstatt zu übernehmen. Die Frau hatte es sich jedoch bereits als Kind in den Kopf gesetzt, ihrer späteren Profession nachzugehen, und so erlernte sie sie heimlich. Ihr Spitzname rührte von einer Mischform her: Ihre Mutter hatte sie Eva nennen wollen, doch setzte sich ihr Vater durch, und so blieb als Variation „Evi“. Geheiratet hat sie 1991 ihren anderen Lebensmenschen, einen Autor und Kritiker; der aber wenig später starb.
Ihren Freund zeichnete nach ihren Erzählungen dessen enormes fachspezifisches Wissen aus, jedoch hatte er Schwierigkeiten, sich in seinen letzten Lebensjahren an Veränderungen und moderne Gegebenheiten anzupassen. An das professionelle Geschichtenerzählen habe er geglaubt, meinte die Dame.
Sein Vater, den er wahrscheinlich nie kennenlernte, da er unehelich auf die Welt gekommen war, hieß mit Nachnamen Weichselbaum, die Mutter Stand; bekannt sollte er jedoch mit dem Namen seines späteren Stiefvaters werden. Auf die Frage der Mutter nach der Konvertierung des Sohns zum Judentum riet der Wiener Rabbi ab: Es seien zu ungünstige Zeiten für so einen Schritt. Um sich und den Sohn vor den Nationalsozialisten zu schützen, ließ sich die Mutter nach deren Machtübernahme in Österreich scheiden; der Stiefvater floh aus dem Land.
Nun die traurige Nachricht: Inzwischen ist die Dame ebenso verstorben – exakt einen Tag nach ihrem 94. Geburtstag sowie zehn Jahre und einen Monat nach dem Tod des Freundes. Bleibt nur zu hoffen, dass die beiden, wiedervereint, im Theater- und Kabaretthimmel weitermachen wie einst so viele Jahre auf österreichischen Bühnen.