Die Presse

Sternstund­e mit Gorillas

In den tropischen Bwindi-Regenwälde­rn trifft eine Handvoll Besucher mit Glück und Geduld auf die beeindruck­enden Gorillas. Die großen Affen hier gehören der letzten ihrer Art.

- VON CARSTEN HEINKE

Köstlicher Uganda-Kaffee, Kochbanane­n-Omelettes und das erste Stück Afrika zum Träumen. Vom Frühstücks­tisch im Garten schweift der Blick hinab und in die Ferne, wo das Hochland ganz allmählich in das Mondgebirg­e übergeht. Der himmelblau­e Streifen zwischen all dem Grün ist der Viktoriase­e. Er umspült die kleine Halbinsel, auf der die Stadt Entebbe liegt.

Auf einem ihrer Hügel steht das Guest House Carpe Diem. Stéphan Japhet, der Eigentümer, strahlt hinter seinem Mund-Nasen-Schutz. Er freut sich über jeden Gast in diesen Tagen. „Covid macht es uns nicht leicht“, sagt der gebürtige Madagasse. Trotz relativ niedriger Zahlen hat die Pandemie auch in Uganda spürbare Schäden angerichte­t. „Viele leben hier von den Touristen. Wenn keine kommen, fehlt uns Arbeit“, sagt er.

Auch William Bulega, Guide und Fahrer, ist froh, dass er Touristen wieder seine Heimat zeigen kann. Coronamüde und reisehungr­ig stürzen wir uns ins Abenteuer, das uns durch einige der Nationalpa­rks von Uganda bringen soll. Wir steigen ein und fahren von Entebbe nach Kampala – von der alten in die neue Hauptstadt.

Frauen tragen Lasten auf dem Kopf. Bananensta­uden werden auf rußenden Lkw oder klapprigen Fahrrädern transporti­ert. An der Tankstelle stöbern Marabus im Müll. Von den meist niedrigen Gebäuden außerhalb des Zentrums erinnern nur wenige an die Zeit des britischen Protektora­ts (1894– 1962). Dagegen ragen in Kampalas Downtown viele Geschäfts- und Wohnhochhä­user in den Himmel.

Schimpanse­n-Alarm

Der Jeep kämpft sich durch das Verkehrsge­tümmel der Millionenm­etropole. Schon bald rollt er durch leuchtend grüne Teeplantag­en. Und nach dem Mittagesse­n in Fort Portal sind wir bereits in den Kibale-Wäldern, dem Reich der Affen. Hier tummeln sich gleich 13 Arten von Primaten, darunter Meerkatzen, Stummel- sowie Mantelaffe­n und – als populärste – die Schimpanse­n. Am nächsten Morgen werden wir sie treffen.

Gut zwölf Meter über uns sitzen fünf von ihnen in den Feigenbäum­en und jausnen die süßen Früchte. Nach der stillen Mahlzeit im Geäst wechseln sie mit Geschrei die Plätze. Gordon Akampulira hat sie alle im Visier. „Das Familienob­erhaupt ist auch dabei“, freut sich der Ranger.

Sekunden später braucht er kein Fernglas mehr. So nahe tobt die wilde Jagd vorbei, dass uns einige der Tiere sogar streifen. Während die anderen im Dickicht warten, nimmt das Alpha-Männchen vor uns Platz. Bedeutungs­voll und gönnerhaft hockt es mitten auf dem Weg und mustert die maskierten Menschen. „Das ist Mister Orphan“, stellt ihn Gordon vor. 32, nur zwei Jahre älter als er selbst, ist der graumelier­te Muskelprot­z.

Erst als die Schimpanse­n wieder im Gebüsch verschwund­en sind, haben wir auch Augen für die Vögel, Schmetterl­inge, Blüten, Pilze, Farne. Mit 351 Arten sind die Bäume besonders reich vertreten. Ihre dichtbelau­bten Kronen bilden

Dächer. Im Südwesten, wo der Kibale-Nationalpa­rk übergeht in Grasland und Akaziensav­annen, verbindet ihn ein 180 Kilometer langer Wildtierko­rridor mit dem Queen-Elisabeth-Nationalpa­rk.

Wer den 180 Kilometer langen Schutzstre­ifen passiert, wechselt nicht nur von dem einen in den anderen Nationalpa­rk, sondern zugleich auch zwischen Nord- und Südhalbkug­el. Wir überqueren den Äquator auf der A109 kurz hinter Kasese. Da das Denkmal jemand umgefahren hat, müssen wir als Fotohinter­grund mit einem Pappschild vorliebneh­men.

Am Äquator, unter Vulkanen

Die Hähne krähen früh im Hochland von Kigezi. Es scheint, als wollten sie dazu animieren, die Schönheit dieser Szenerie vom ersten Tageslicht an auszukoste­n. Noch ruht darauf die Tropennach­t. Der gleichmäßi­ge Klang der Dunkelheit aus unzähligen Stimmen und Geräuschen gleicht dem Pulsschlag eines Schlafende­n.

Wie eine dicke, weiche Decke verhüllt die Finsternis die bergigen Konturen der Umgebung. In ihrem Schwarz versunken sind sogar die Silhouette­n der Virungas gegenüber. Die acht Vulkane liegen teilweise im äußersten Südwesten von Uganda wie auch in Ruanda und Ost-Kongo. Der Virunga-Nationalpa­rk ist eines der letzten beiden Rückzugsge­biete der vom Aussterben bedrohten Berggorill­as. Das zweite sind die Bwindi-Regenwälde­r etwas weiter nördlich. Dorthin

 ?? [ Carsten Heinke] ?? Mit Miel Mfitumukiz­a, Ranger im Bwindi Impenetrab­le Nationalpa­rk, geht’s durch den Dschungel. Die Suche nach den Gorillas kann lang dauern und manchmal ergebnislo­s sein. Doch dann – der große Moment!
[ Carsten Heinke] Mit Miel Mfitumukiz­a, Ranger im Bwindi Impenetrab­le Nationalpa­rk, geht’s durch den Dschungel. Die Suche nach den Gorillas kann lang dauern und manchmal ergebnislo­s sein. Doch dann – der große Moment!
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