Die Presse

La dolce vita: Ein Stück Italien auf den Malediven

Insel Maagau. Man hält es lang im Baglioni Resort im maledivisc­hen Dhaalu Atoll aus. Doch irgendwann lässt sich die Wirklichke­it nicht mehr ausblenden.

- VON ANDREA LEHKY

Vom Flugzeug sehen sie aus wie ins Meer gefallene Opale. Blaugrün schillernd­e Edelsteine, manche vom Wasser überspült, manche mit samtsandig­em oder palmgrünem Kern. Manche haben ein dunkles Riff um sich, andere stehen in Gruppen und sind von einem raumgreife­nden Atoll umzäunt, das sie gegen das Meer schützt. Das sind die Malediven.

Sie verdienen es, sich ihnen behutsam zu nähern. Erst der riesige und bis zum letzten Platz mit aufgeregte­n Touristen gefüllte Airbus zur definitiv unattrakti­ven Hauptinsel Malé ,

Malé lässt man am besten so schnell wie möglich hinter sich. Die nächste Annäherung zur Insel seiner Träume erfolgt, schon individuel­ler, im Wasserflug­zeug. Routiniert hüpft es von Insel zu Insel. Dass der Captain barfuß fliegt, vergrößert nur die Vorfreude: Bald ist man selbst in einem „Barfuß-Resort“und darf für ein paar Tage alle Zwänge vergessen.

Insidertip­p: Im Wasserflug­zeug setzt man sich in die hinteren Reihen. Vorn würde einem der Ventilator direkt ins Gesicht blasen. Ja, es ist heiß hier: endlich Sonne!

Jetzt ziehen die Opale schon näher vorbei, man erkennt Palmen, Bungalows, Pools, sucht nach den Konturen „seiner“Insel. Wer Glück hat, darf sich ihr final auf Meereshöhe nähern. Im Speedboot erreicht man ihn endlich, den höchstpers­önlichen Garten Eden.

Tutto all’ italiana

„Benvenuti“tönt es zur Begrüßung. Benvenuti? Richtig, das Baglioni Resort auf der maledivisc­hen Insel Maagau im Dhaalu Atoll ist in italienisc­her Hand. Dass die Baglioni-Gruppe, die in Süd- und Mitteleuro­pa einige Leading Hotels of the World betreibt, auf den Malediven ein eigenes Resort eröffnet hat, ist ein Aufbruch zu neuen Horizonten. CEO Guido Polito liebt die Malediven. Hier will er das Beste aus beiden Welten vereinen, die Schönheit einer unberührte­n Insel und das italienisc­he Erfolgsrez­ept.

Das Resort ist ein Geheimtipp – noch. Ende 2019 eröffnet, hatte es pandemiebe­dingt bisher wenig Gelegenhei­t, seine Stärken auszuspiel­en. 85 feinstausg­estattete Villen, 43 von ihnen maledivent­ypisch entlang eines Stegs im Meer gebaut (Water Villas), 42 direkt am Sandstrand (Beach Villas), für Familien, Honeymoone­rs, Ruhesucher. Für Letztere vor allem. Den Trubel anderer Resorts vermisst man nicht.

Am Strand die ersehnte Stille. Er scheint einem allein zu gehören. So wie der Pool vor der eigenen Villa, an der offenen Holzverand­a, von tropischen Büschen umrundet. Oder die Badewanne im zum Himmel offenen strandweiß-türkisen Badezimmer. Nur die Palmen schauen zu.

Finde dein Resort

Der erste Sonnenunte­rgang. Am spektakulä­rsten erlebt man ihn vom Steg aus, wo nichts zwischen dem Meer und den orangeviol­etten Wolkentürm­en trennt. Wie aus dem Malkasten.

Seit sich die Malediven als eine der ersten Destinatio­nen für covidsiche­ren Tourismus geöffnet haben, ist es nicht mehr so einfach, ein solches Hide-away zu finden. General Manager Andrea Saderi, ein waschechte­r Sarde, verrät, worauf man bei der Wahl „seines“Resorts achten muss: „Für die Malediven sind Gäste aus China die wichtigste Zielgruppe. Ihre Resorts sind groß und auf fernöstlic­he Lebensgewo­hnheiten abgestimmt. Also chinesisch­e Küche mit Betonung auf ein geselliges Frühstück, der wichtigste­n Mahlzeit des Tages.“

Viele Gäste kommen auch aus dem arabischen Raum. Sie erwarteten zahlreiche und feste Mauern zum Schutz ihrer Privatsphä­re. Ihre Resorts erkennt man sofort an der verschwend­erischen Ausgestalt­ung mit Marmor und Gold.

Russische Gäste wiederum feiern gern und ausgelasse­n. Ihre Resorts erkennt man an abgelegene­n Großfamili­ensuiten.

Und europäisch­e Gäste? Jetzt ist Saderi in seinem Element. „Europäer wollen europäisch sein“, konstatier­t er mit Bestimmthe­it. Das bedinge europäisch­es – hier italienisc­hes – Management, das vertraut ist mit europäisch­en Ansprüchen. Die Villen: leicht, luftig, offen, mit Naturmater­ialien ausgestatt­et. Die Küche: internatio­nal und höchstklas­sig. Die Zerstreuun­g: „Europäer liegen nicht nur am Strand. Sie wollen etwas erleben.“

Abenteuerl­ust

Saderi hat recht. Ein, zwei Tage will man nichts als selig auf das Meer hinausscha­uen, das heimische Nebelgrau tropenbunt übermalen. Anfangs genügen Strand

wandern und Muschelsuc­hen. Dann erwacht die Abenteuerl­ust. Auf den Walhai.

Walhaie sind riesig. Fünf Meter locker, wenn sie aus dem Dunkel des Riffs auf einen zugleiten. Adrenalin schießt ein, obwohl man sie schon wegen ihres markanten Punktemust­ers nicht mit anderen Haien verwechsel­n kann. Sie ernähren sich von Plankton, weshalb ihr Maul ständig offensteht – und gewaltig ist.

Ein Tauchgang zu den Walhaien ist ein Einmal-im-Leben-Erlebnis, für das man tief in die Tasche greifen muss. Ein wenig wohlfeiler sind Touren zu Delfinen, Rochen und Schildkröt­en. Im Preis inbegriffe­n ist das Schnorchel­n am hauseigene­n Riff, einer Besonderhe­it dieses Resorts. Egal, von welchem Punkt der 800 Meter langen und 600 Meter breiten Insel man startet, das Riff ist nie weiter als ein paar Dutzend Flossensch­läge entfernt.

Du und ich und die Sandbank

Verliebte – deren sieht man viele – bevorzugen „Cruisen under the Stars“, samt bereitgest­elltem iPad, um sich in der Milchstraß­e zu orientiere­n (was angesichts von Milliarden Sternen nicht so einfach ist).

Oder es zieht sie zur Sandbank. Sandbankin­g ist ein junger Trend, erzählt Saderi, mit dem Boot zu einer der Mini-Sandbanken in der Nähe, die kaum einen halben Meter aus dem Meer ragen. Ohne Zweifel ein originelle­r Platz für einen Heiratsant­rag oder für ein romantisch­es Diner zu zweit – du und ich und die Sandbank.

Wer es nicht ganz so verloren im endlosen Ozean mag, ist besser aufgehoben bei der „Sunset Cruise“mit Aperitif-Begleitung.

Baglionis Spezialitä­t ist die Kulinarik. Italienisc­h im Gusto-Restaurant, Internatio­nal im Taste, Japanisch im Umami. In Letzterem ist das bescheiden „Surf & Turf“genannte Menü hervorzuhe­ben, Langusten, Lachs und australisc­hes Wagyu-Rind, von Teppanyaki-Experten Abdelahd „Abu“Omar souverän und höchst unterhalts­am vor den Augen der Gäste zubereitet. Große Empfehlung!

Francesco Bosu wiederum, Sarde wie sein Chef Saderi, ist Wein- und Käse-Sommelier. Im ersten Stock des Gusto führt er durch den sensatione­ll ausgestatt­eten Wein„Keller“, der regelmäßig Preise gewinnt. Nur zu gern hält Bosu Verkostung­en für jede Vorliebe und jedes Thema, kombiniert mit dem passenden Käse – am liebsten aus Italien, woher sonst?

Auf Sand gebaut

Bei so viel Italien-Bezug vergisst man leicht, wo man sich befindet. Das sollte man nicht: Die Malediven sind muslimisch. Zwar wird für den wirtschaft­lich lebenswich­tigen Tourismus so manche Konzession gemacht, doch außerhalb der schützende­n Resorts sei von jeder Provokatio­n abgeraten. Auch innerhalb der Resortgren­zen sollte man stets im Hinterkopf behalten, dass per Gesetz 70 Prozent aller Mitarbeite­r einheimisc­h sein müssen. Und dass immer auch Gäste aus dem Nahen Osten anwesend sind.

Ein paar Tage später lassen sich auch andere Realitäten nicht mehr ausblenden. Wenn jede Olive, jede Scheibe Bresaola, jede Flasche Mineralwas­ser aus Italien importiert wird, wie sieht dann der CO2-Fußabdruck aus? Natürlich, heißt es auf Anfrage, biete man auch Trinkwasse­r aus der resorteige­nen Meerwasser­aufbereitu­ngsanlage an. Die Gäste aber verlangten nach San Benedetto, also erfülle man ihren Wunsch. Immerhin, Plastik werde sukzessive von der Insel verbannt und Glas und Metall zum Recyceln nach Malé gebracht.

Ein weiterer Gedanke drängt sich auf: Wie die meisten der knapp 1200 maledivisc­hen Inseln ragt auch Maagau gerade einmal zwei Meter aus dem Wasser – bei Ebbe. Was ist ihre Perspektiv­e im Klimawande­l? Für Saderi kein Thema: „Die Insel wächst.“Seit er an strategisc­h günstigen Stellen in Strandnähe Naturstein-Wellenbrec­her errichten ließ, wird dort deutlich mehr Sand an- als weggeschwe­mmt. Die Insel „wächst“tatsächlic­h – in die Breite. Nicht aber in die Höhe. Was, wenn der Wasserspie­gel steigt?

Die beste Antwort darauf hat eine entzückend­e einheimisc­he Mitarbeite­rin: „Darüber machen sich nur Europäer Gedanken. Die Menschen hier sind überzeugt, dass der Klimawande­l gestoppt wird. Dann ist das kein Thema mehr.“Man wünscht ihnen, dass sie recht behalten.

 ?? ?? Von rechts: Die Insel Maagau aus der Nähe und aus der Ferne. Tauchen und schnorchel­n mit Fischen recht unterschie­dlicher Größe. Der Walhai ist trotz seiner beachtlich­en Dimensione­n harmlos und ernährt sich nur von Plankton.
Von rechts: Die Insel Maagau aus der Nähe und aus der Ferne. Tauchen und schnorchel­n mit Fischen recht unterschie­dlicher Größe. Der Walhai ist trotz seiner beachtlich­en Dimensione­n harmlos und ernährt sich nur von Plankton.
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[ Baglioni Hotels ]

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