La dolce vita: Ein Stück Italien auf den Malediven
Insel Maagau. Man hält es lang im Baglioni Resort im maledivischen Dhaalu Atoll aus. Doch irgendwann lässt sich die Wirklichkeit nicht mehr ausblenden.
Vom Flugzeug sehen sie aus wie ins Meer gefallene Opale. Blaugrün schillernde Edelsteine, manche vom Wasser überspült, manche mit samtsandigem oder palmgrünem Kern. Manche haben ein dunkles Riff um sich, andere stehen in Gruppen und sind von einem raumgreifenden Atoll umzäunt, das sie gegen das Meer schützt. Das sind die Malediven.
Sie verdienen es, sich ihnen behutsam zu nähern. Erst der riesige und bis zum letzten Platz mit aufgeregten Touristen gefüllte Airbus zur definitiv unattraktiven Hauptinsel Malé ,
Malé lässt man am besten so schnell wie möglich hinter sich. Die nächste Annäherung zur Insel seiner Träume erfolgt, schon individueller, im Wasserflugzeug. Routiniert hüpft es von Insel zu Insel. Dass der Captain barfuß fliegt, vergrößert nur die Vorfreude: Bald ist man selbst in einem „Barfuß-Resort“und darf für ein paar Tage alle Zwänge vergessen.
Insidertipp: Im Wasserflugzeug setzt man sich in die hinteren Reihen. Vorn würde einem der Ventilator direkt ins Gesicht blasen. Ja, es ist heiß hier: endlich Sonne!
Jetzt ziehen die Opale schon näher vorbei, man erkennt Palmen, Bungalows, Pools, sucht nach den Konturen „seiner“Insel. Wer Glück hat, darf sich ihr final auf Meereshöhe nähern. Im Speedboot erreicht man ihn endlich, den höchstpersönlichen Garten Eden.
Tutto all’ italiana
„Benvenuti“tönt es zur Begrüßung. Benvenuti? Richtig, das Baglioni Resort auf der maledivischen Insel Maagau im Dhaalu Atoll ist in italienischer Hand. Dass die Baglioni-Gruppe, die in Süd- und Mitteleuropa einige Leading Hotels of the World betreibt, auf den Malediven ein eigenes Resort eröffnet hat, ist ein Aufbruch zu neuen Horizonten. CEO Guido Polito liebt die Malediven. Hier will er das Beste aus beiden Welten vereinen, die Schönheit einer unberührten Insel und das italienische Erfolgsrezept.
Das Resort ist ein Geheimtipp – noch. Ende 2019 eröffnet, hatte es pandemiebedingt bisher wenig Gelegenheit, seine Stärken auszuspielen. 85 feinstausgestattete Villen, 43 von ihnen malediventypisch entlang eines Stegs im Meer gebaut (Water Villas), 42 direkt am Sandstrand (Beach Villas), für Familien, Honeymooners, Ruhesucher. Für Letztere vor allem. Den Trubel anderer Resorts vermisst man nicht.
Am Strand die ersehnte Stille. Er scheint einem allein zu gehören. So wie der Pool vor der eigenen Villa, an der offenen Holzveranda, von tropischen Büschen umrundet. Oder die Badewanne im zum Himmel offenen strandweiß-türkisen Badezimmer. Nur die Palmen schauen zu.
Finde dein Resort
Der erste Sonnenuntergang. Am spektakulärsten erlebt man ihn vom Steg aus, wo nichts zwischen dem Meer und den orangevioletten Wolkentürmen trennt. Wie aus dem Malkasten.
Seit sich die Malediven als eine der ersten Destinationen für covidsicheren Tourismus geöffnet haben, ist es nicht mehr so einfach, ein solches Hide-away zu finden. General Manager Andrea Saderi, ein waschechter Sarde, verrät, worauf man bei der Wahl „seines“Resorts achten muss: „Für die Malediven sind Gäste aus China die wichtigste Zielgruppe. Ihre Resorts sind groß und auf fernöstliche Lebensgewohnheiten abgestimmt. Also chinesische Küche mit Betonung auf ein geselliges Frühstück, der wichtigsten Mahlzeit des Tages.“
Viele Gäste kommen auch aus dem arabischen Raum. Sie erwarteten zahlreiche und feste Mauern zum Schutz ihrer Privatsphäre. Ihre Resorts erkennt man sofort an der verschwenderischen Ausgestaltung mit Marmor und Gold.
Russische Gäste wiederum feiern gern und ausgelassen. Ihre Resorts erkennt man an abgelegenen Großfamiliensuiten.
Und europäische Gäste? Jetzt ist Saderi in seinem Element. „Europäer wollen europäisch sein“, konstatiert er mit Bestimmtheit. Das bedinge europäisches – hier italienisches – Management, das vertraut ist mit europäischen Ansprüchen. Die Villen: leicht, luftig, offen, mit Naturmaterialien ausgestattet. Die Küche: international und höchstklassig. Die Zerstreuung: „Europäer liegen nicht nur am Strand. Sie wollen etwas erleben.“
Abenteuerlust
Saderi hat recht. Ein, zwei Tage will man nichts als selig auf das Meer hinausschauen, das heimische Nebelgrau tropenbunt übermalen. Anfangs genügen Strand
wandern und Muschelsuchen. Dann erwacht die Abenteuerlust. Auf den Walhai.
Walhaie sind riesig. Fünf Meter locker, wenn sie aus dem Dunkel des Riffs auf einen zugleiten. Adrenalin schießt ein, obwohl man sie schon wegen ihres markanten Punktemusters nicht mit anderen Haien verwechseln kann. Sie ernähren sich von Plankton, weshalb ihr Maul ständig offensteht – und gewaltig ist.
Ein Tauchgang zu den Walhaien ist ein Einmal-im-Leben-Erlebnis, für das man tief in die Tasche greifen muss. Ein wenig wohlfeiler sind Touren zu Delfinen, Rochen und Schildkröten. Im Preis inbegriffen ist das Schnorcheln am hauseigenen Riff, einer Besonderheit dieses Resorts. Egal, von welchem Punkt der 800 Meter langen und 600 Meter breiten Insel man startet, das Riff ist nie weiter als ein paar Dutzend Flossenschläge entfernt.
Du und ich und die Sandbank
Verliebte – deren sieht man viele – bevorzugen „Cruisen under the Stars“, samt bereitgestelltem iPad, um sich in der Milchstraße zu orientieren (was angesichts von Milliarden Sternen nicht so einfach ist).
Oder es zieht sie zur Sandbank. Sandbanking ist ein junger Trend, erzählt Saderi, mit dem Boot zu einer der Mini-Sandbanken in der Nähe, die kaum einen halben Meter aus dem Meer ragen. Ohne Zweifel ein origineller Platz für einen Heiratsantrag oder für ein romantisches Diner zu zweit – du und ich und die Sandbank.
Wer es nicht ganz so verloren im endlosen Ozean mag, ist besser aufgehoben bei der „Sunset Cruise“mit Aperitif-Begleitung.
Baglionis Spezialität ist die Kulinarik. Italienisch im Gusto-Restaurant, International im Taste, Japanisch im Umami. In Letzterem ist das bescheiden „Surf & Turf“genannte Menü hervorzuheben, Langusten, Lachs und australisches Wagyu-Rind, von Teppanyaki-Experten Abdelahd „Abu“Omar souverän und höchst unterhaltsam vor den Augen der Gäste zubereitet. Große Empfehlung!
Francesco Bosu wiederum, Sarde wie sein Chef Saderi, ist Wein- und Käse-Sommelier. Im ersten Stock des Gusto führt er durch den sensationell ausgestatteten Wein„Keller“, der regelmäßig Preise gewinnt. Nur zu gern hält Bosu Verkostungen für jede Vorliebe und jedes Thema, kombiniert mit dem passenden Käse – am liebsten aus Italien, woher sonst?
Auf Sand gebaut
Bei so viel Italien-Bezug vergisst man leicht, wo man sich befindet. Das sollte man nicht: Die Malediven sind muslimisch. Zwar wird für den wirtschaftlich lebenswichtigen Tourismus so manche Konzession gemacht, doch außerhalb der schützenden Resorts sei von jeder Provokation abgeraten. Auch innerhalb der Resortgrenzen sollte man stets im Hinterkopf behalten, dass per Gesetz 70 Prozent aller Mitarbeiter einheimisch sein müssen. Und dass immer auch Gäste aus dem Nahen Osten anwesend sind.
Ein paar Tage später lassen sich auch andere Realitäten nicht mehr ausblenden. Wenn jede Olive, jede Scheibe Bresaola, jede Flasche Mineralwasser aus Italien importiert wird, wie sieht dann der CO2-Fußabdruck aus? Natürlich, heißt es auf Anfrage, biete man auch Trinkwasser aus der resorteigenen Meerwasseraufbereitungsanlage an. Die Gäste aber verlangten nach San Benedetto, also erfülle man ihren Wunsch. Immerhin, Plastik werde sukzessive von der Insel verbannt und Glas und Metall zum Recyceln nach Malé gebracht.
Ein weiterer Gedanke drängt sich auf: Wie die meisten der knapp 1200 maledivischen Inseln ragt auch Maagau gerade einmal zwei Meter aus dem Wasser – bei Ebbe. Was ist ihre Perspektive im Klimawandel? Für Saderi kein Thema: „Die Insel wächst.“Seit er an strategisch günstigen Stellen in Strandnähe Naturstein-Wellenbrecher errichten ließ, wird dort deutlich mehr Sand an- als weggeschwemmt. Die Insel „wächst“tatsächlich – in die Breite. Nicht aber in die Höhe. Was, wenn der Wasserspiegel steigt?
Die beste Antwort darauf hat eine entzückende einheimische Mitarbeiterin: „Darüber machen sich nur Europäer Gedanken. Die Menschen hier sind überzeugt, dass der Klimawandel gestoppt wird. Dann ist das kein Thema mehr.“Man wünscht ihnen, dass sie recht behalten.