Althaus-Sanierungen mit Raffinesse
Stilaltbau. Die thermische Sanierung von verzierten, oft unter Denkmalschutz stehenden Fassaden ist eine Herausforderung – aber möglich. Experten sagen, worauf man achten muss.
Prachtvolle Gründerzeithäuser gelten als Schmuckstücke im Stadtbild, doch oft trügt die schöne Fassade: Dahinter verbergen sich Häuser, die energietechnisch aufgrund ihrer dicken Ziegelmauern zwar den ungedämmten Bauten aus den Sechzigeroder Siebzigerjahren überlegen sind, die mit modernen Niedrigenergiehäusern aber in keinster Weise mithalten können. „Ihr Wärmeschutz ist ungefähr um den Faktor 7,5 schlechter als bei heutigen Mehrfamilienhäusern“, weiß Clemens Demacsek, Geschäftsführer der Güteschutzgemeinschaft Polystyrol-Hartschaum.
Sanierung der Hofseite
Die thermische Sanierung wäre daher ein wichtiger Beitrag zum Erreichen der Klimaziele. Die tatsächliche Sanierungsrate in diesem Segment liegt jedoch bei unter einem Prozent. „Schwer machbar“und „unrentabel“, heißt es. Dabei wäre das Potenzial groß: Allein in Wien gibt es derzeit rund 32.000 Gebäude, die vor 1919 errichtet wurden, etwa zwei Drittel davon sind Zinshäuser aus der Gründerzeit ab 1848. Das ist etwa ein Achtel des gesamten Wiener Wohnhausbestandes.
Beispiele gelungener Sanierungen von Gründerzeithäusern wie die kürzlich fertig gestellten Projekte in der Quellengasse in Favoriten oder in der Oberen Viaduktgasse im 3. Bezirk zeigen, dass eine Senkung des Energiebedarfs bei gleichzeitigem Erhalt der Fassade bzw. Rekonstruktion des ursprünglichen Erscheinungsbilds möglich ist. „Viele der sogenannten Stilaltbauten haben die Schmuckfassade nur zur Straßenseite hin“, gibt Demacsek zu bedenken. „In solchen Fällen beschränkt sich die Sanierung der Gebäudehülle auf die Hoffassade sowie auf die Dämmung gegen den Dachboden und den Keller. Bei den straßenseitigen Außenwänden kann eine Innendämmung angebracht werden, wobei man aufpassen muss, dass die Holztramdecken keinen Schaden erleiden.“Damit lasse sich kein Niedrigenergie-Standard erreichen, aber eine Verbesserung der Energiewerte allemal.
Fenster-Fragen
Ein heikler Punkt bei Altbauten sind die Fenster. Als Teil der Fassade unterliegen sie häufig den Auflagen des Denkmalschutzes. Einige Hersteller bieten historisch getreue Nachbildungen des für die Gründerzeit typischen Wiener Kastenfensters an, im Idealfall können die alten Holzfenster aber saniert und durch Einsatz neuer Glasscheiben thermisch aufgewertet werden. Als wichtigen Beitrag zur Ökologisierung von Altbauten bezeichnet Wolfgang Amann, Geschäftsführer des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen einen Heizungstausch. „Ein Umstieg von Öl auf regenerative Energieträger scheitert oft am Veto der Mieter“, weiß der Experte. Ein Anschluss an die Fernwärme sei in Gründerzeithäusern aber meist problemlos möglich.
Doch es gibt auch eine Möglichkeit, die Schmuckfassade in eine thermische Sanierung einzubinden: „Dafür werden Verzierungen, Gesimse und Fensterrahmungen genau vermessen“erklärt Peter Huber, Spartenleiter für Fassadenprofile beim Dämmstoffspezialisten Austrotherm. In der Werkstatt werden Masken dieser Elemente gefertigt. Nach Anbringung einer besonders dünnen Dämmschicht an der Fassade werden diese Masken über die Originalelemente gestülpt. „Ist der Stuck ab oder sind Verzierungen dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen, kann man die ursprüngliche Fassade anhand alter Fotos oder Pläne rekonstruieren und das originale Aussehen wiederherstellen“, zeigt Huber Möglichkeiten auf, nicht nur die Energiebilanz des Hauses zu verbessern.
Für Hausbesitzer ist jede Sanierung freilich auch eine Frage des Geldes. Viele Altbauten sind unbefristet zu Konditionen vermietet, die der Marktsituation nicht entsprechen. Eine Zinsanhebung scheitert an der gesetzlichen Deckelung. Die Investitionskosten sind daher trotz Fördermöglichkeiten so kaum hereinzubekommen. „Ausweg ist eine Parifizierung und Abverkauf“, sagt Amann. „Allerdings: Parifizierte Häuser sind schwer instand zu halten, weil Maßnahmen das Einverständnis aller Eigentümer brauchen.“