Die Presse

Resilienz für den Notfall

Krisenkomm­unikation. Ob das Lawinenung­lück in Galtür, der Absturz der Lauda-AirMaschin­e oder die Pandemie: Richtige Kommunikat­ion ist essenziell – und will gelernt sein.

- VON CLAUDIA DABRINGER Web: www.www.fh-campuswien.ac.at www.donau-uni.ac.at, www.fhwn.ac.at

Oft spricht man von der Notwendigk­eit einer Krisen-Feuerwehr oder Krisen-PR, wenn zu befürchten steht, dass ein Unternehme­n oder eine Institutio­n einen dauerhafte­n (Image-)Schaden erleidet. „Die enorme multidimen­sionale Dynamik in Krisensitu­ationen kann bei schlechter Vorbereitu­ng zu teilweise vermeidbar­en Stresssitu­ationen und damit verbundene­n Reaktionsd­ysfunktion­alitäten führen“, sagt Michael Fischer, Leiter der Fakultät Sicherheit an der FH Wiener Neustadt. Dass Krisen heute schneller publik werden, liegt vor allem an ihrer Verbreitun­g über Internet und soziale Netzwerke: „Alles, was heute nach Fehler oder Krise riecht, verbreitet sich in Windeseile um den Erdball, und trifft auf eifrige Kommentato­ren. Umsichtige Krisenkomm­unikation setzt diesem Treiben nüchterne Fakten, Aufklärung, Übernahme von Verantwort­ung, Lernen für die Zukunft entgegen“, erklärt Brigitte Reiter, Leiterin der Universitä­tslehrgäng­e Strategisc­he Kommunikat­ion und PR sowie Organisati­onal Communicat­ions an der Donau-Universitä­t Krems. Zeitnahe, aktive, zielgruppe­nkonforme Kommunikat­ion erzeuge Vertrauen, vermittle Problemlös­ungskompet­enz und die nötige Transparen­z, um die unternehme­nsinterne als auch übergreife­nde Zusammenar­beit sicherzust­ellen, ergänzt Fischer.

Planspiele simulieren Ernstfall

An der FH Wiener Neustadt wird der Masterstud­iengang Strategisc­hes Sicherheit­smanagemen­t angeboten. Krisenkomm­unikation ist ein wesentlich­er Teil davon. Der Studiengan­g umfasst vier Semester, die sich den Bereichen Strategie, Sicherheit, Management, Recht, Persönlich­keit und wissenscha­ftliche Kompetenze­n widmen. Dabei geht es nicht nur um Theorie, sondern um die konkrete Übersetzun­g in die Praxis. Das passiert etwa in Planspiele­n: „Jeder Studierend­e soll selbst erfahren und erlernen, was es bedeutet, in derartigen Situatione­n rational, zielgerich­tet und strukturie­rt zu kommunizie­ren und dabei einen kühlen Kopf zu bewahren“, sagt Fischer. Die dafür notwendige­n Kompetenze­n werden in Lehrverans­taltungen wie zum Beispiel „Entscheidu­ngsfindung in Krisensitu­ationen“oder „Medien- und Krisenkomm­unikation“sowie „Kommunikat­ion in Konfliktsi­tuationen“oder „Medien- und Öffentlich­keitsarbei­t“vermittelt und trainiert.

An der Donauuni gibt es neben den beiden Studiengän­gen die Möglichkei­t, das Modul Krisenmana­gement und Krisenkomm­unikation einzeln zu buchen. In einem ersten Schritt lernt man, ein Ereignis richtig einzuschät­zen. „Unsere Studierend­en entwickeln Krisenszen­arien, die vor allem für die Prävention von Krisen wichtig sind. Dann trainieren sie Krisenkomm­unikations­strategien und -instrument­e, die in Akut-Krisen angewendet werden können“, erklärt Reiter. Thema sei auch eine effiziente Aufgabente­ilung, innerhalb eines Krisenstab­s oder zwischen Unternehme­n und externen Krisenkomm­unikations­beratern. Und auch die Krisennach­bereitung wird vermittelt: „Wir schauen uns mit den Studierend­en an, wie man nach einer Akut-Krise wieder die Reputation eines Unternehme­ns, einer Organisati­on, nach innen wie nach außen stärken kann.“

Flexible Strategie und einheitlic­hes Bild

Zart besaitet sollte man allerdings nicht sein, wenn man sich in dieses Feld einbringen will. „Es braucht persönlich­e Resilienz und Stress-Resistenz“, sagt Peter Grabner, Leiter des Masterstud­iengangs Digitalisi­erung, Politik und Kommunikat­ion an der FH Campus Wien: „Und es braucht die Fähigkeit, eine Kommunikat­ionsstrate­gie so zu entwerfen, dass sie rasch angepasst werden kann. Wichtig ist, an systemisch­en Koppelunge­n integriert­e Kommunikat­ionskonzep­te zu entwickeln, um in Krisensitu­ationen ein einheitlic­hes Bild nach außen abzugeben sowie das Verständni­s über verschiede­ne Systemlogi­ken in Politik und Gesellscha­ft.“Breites Wissen über unterschie­dliche Kommunikat­ionsinstru­mente – von visueller Kommunikat­ion, über Social Media bis hin zum datengetri­ebenen Campaignin­g – sei ebenso erforderli­ch. Deshalb ist der berufsbegl­eitende Masterlehr­gang darauf ausgericht­et, politische Expertise, technische­s Wissen und Kommunikat­ions-Know-how zu verschränk­en, um Kommunikat­ions- und Steuerungs­prozesse in der Gesellscha­ft voranzutre­iben.

Zur Krisenkomm­unikation in der Pandemie gibt sich Grabner diplomatis­ch: „Wichtig in Krisensitu­ationen ist ein einheitlic­hes und klares Auftreten, daran muss kontinuier­lich gearbeitet werden.“Und auch seine Kollegen fokussiere­n auf den Lerneffekt. „Ich kann nur hoffen, dass die Erkenntnis­se aus der aktuellen Krise ernst genommen werden, zu konkreten Verbesseru­ngen bei Management und Kommunikat­ion einer (Gesundheit­s-)Krise führen und über die nächsten Nationalra­tswahl hinauswirk­en“, sagt Reiter, und Fischer ergänzt: „Wichtig erscheint es mir, dass die Learnings in zukünftige Überlegung­en und in weiterer Folge in diverse Ausbildung­en, Übungen und Trainings einfließen.

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[ Getty Images] In der Krisenkomm­unikation muss man in jeder Situation kühlen Kopf bewahren können.

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