Im Umgang mit Geld gibt es sieben Typen
Geld ist eine psychologisch heikle Sache. Denn ob Bargeld oder Kreditkarten: Beide täuschen den Besitzer – nur unterschiedlich. Beim Ausgeben relevant ist, was ein japanischer Guru über das Verhalten der Menschen herausgefunden hat.
Wien. Nur Bares ist Wahres: Wenn es ums Geld geht, sind viele Österreicher – und auch die Mehrheit der Europäer – konservativ. Die Pandemie hat zwar das Zahlungsverhalten zugunsten von Bankund Kreditkarten oder dem Zahlen per Handy verschoben – die Bargeldnutzung ist 2020 im Vergleich zum Jahr davor um 13 Prozentpunkte gesunken. Aber nach wie vor greift die Mehrheit der Menschen an der Kassa ins Börsel. In Österreich sind das 66 Prozent, wie aus den Zahlen der Oesterreichischen Nationalbank hervorgeht. Vor allem bei kleineren Beträgen fließt nach wie vor Cash.
Aber auch jene, die überwiegend Plastikgeld oder andere digitale Zahlformen wie Überweisungen und E-Payments nutzen, schwören dem Bargeld nicht völlig ab. Wie anders ist zu erklären, dass der wertmäßige Banknoten- und Münzumlauf im gesamten Euroraum im Vorjahr um 10,7 Prozent auf 1,46 Billionen Euro angestiegen ist? Dass bei Geld auch hohe Emotionen – und manchmal Irrationalitäten – mitspielen, zeigt auch eine andere Zahl. Seit der Umstellung auf den Euro per 1. 1. 2002 sind fast 20 Jahre vergangen, und nach wie vor liegen hierzulande 6,9 Milliarden Schilling in Tresoren, Banksafes, unter der Matratze, im Wäscheschrank – oder sonst wo. Die Österreicher sind in ihrer SchillingNostalgie aber keineswegs allein: In Deutschland kursieren 5,79 Milliarden D-Mark in Banknoten und 6,6 Milliarden D-Mark in Münzen.
Rädchen im Gehirn
Bargeld – das ist eben nicht nur ein Zahlungsmittel. Wir müssen uns nur einmal selbst beobachten, was passiert, wenn wir z. B. einen Koffer voller Geldbündel sehen. Glitzern da nicht die Augen? Beginnen nicht die Rädchen im Gehirn zu rotieren, was man damit alles anfangen könnte? „Das greifbare Geld hat einen Besitztumseffekt“, sagt die Wirtschaftspsychologin Julia Pitters. Ein prall gefüllter Beutel mit Münzen, noch dazu aus Gold – das signalisierte schon in der Antike Wohlstand. Pitters, Professorin an der deutschen IUBH Internationale Hochschule, beschäftigt sich seit Jahren mit der Psychologie des Geldes. So hätten viele Studien den Unterschied zwischen Bar- und Plastikgeld gezeigt: Münzen und Banknoten seien „(an)greifbar“, während eine Kreditkarte etwas Abstraktes sei.
Schmerzgrenzen, Selbstbetrug
Daraus erklärt auch der – durchaus nicht unumstrittene – US-Psychologe Dan Ariely das Phänomen, dass wir mit Kreditkarte ganz locker höhere Beträge zahlen. Die Trennung vom Bargeld falle uns hingegen viel schwerer. Diese Irrationalität, dieses paradoxe Phänomen, kennen wir auch von Auslandsreisen: Egal, ob Urlaub oder Businesstrip – das Geld sitzt lockerer, vor allem auch, wenn eine Fremdwährung im Spiel ist. Der Schmerz, wenn später der Betrag vom Konto abgebucht wird, sei nicht annähernd so stark, sagt Pitters.
Mit einem Wort: Plastikgeld begünstigt die Selbsttäuschung, die Kostenkontrolle entgleitet schnell, sind Psychologen und Schuldnerberater einig. Wenn das Portemonnaie leer ist, ist Schluss mit lustig. Solange das Geld aus einem Kastel in der Wand sprudelt, man also sein Konto überziehen kann, geht der Überblick rasch verloren. Kreditund Bankkarten haben zweifelsohne Vorteile: Sie bieten Sicherheit, man muss Geld weder zu Hause bunkern noch größere Beträge mit sich herumschleppen. Und bei einem Diebstahl oder Missbrauch kann man die Karte sperren. Allerdings ist man als Kartenbesitzer „transparent“, die persönlichen Daten sind gespeichert und das Kaufverhalten genau protokolliert, was den Sicherheitsbegriff relativiert. Zudem hat auch die beste Technik ihre Tücken: Ein zerkratzter Chip, ein leerer Handyakku – und schon ist es vorbei mit dem bargeldlosen Zahlen.
Schützend, billig, demokratisch
Der Schutz der Privatsphäre – bei Bargeld gegeben – das ist für den Generaldirektor der Münze Österreich, Gerhard Starsich, einer von vielen Vorteilen für Bares. Nicht nur Kriminelle sind nicht daran interessiert, dass die Kartenfirma, die Bank und auch der Staat ihr Geldleben einsehen können. Bargeld hat aber noch weitere Vorteile, so Starsich. Es ist, wenn man so will, „billig“, weil keine Nebenkosten anfallen. Und es ermöglicht, das tägliche Leben in Krisensituationen aufrechtzuerhalten: Wenn Unwetter oder ein Blackout die Stromversorgung lahmlegen, funktionieren auch Bankomaten nicht mehr. Bargeld ist vor allem aber auch „demokratisch“. Es gibt Menschen, die kein Bankkonto und/oder kein Smartphone haben – „sie können nur mit Bargeld am Leben teilnehmen“, gibt Starsich zu bedenken.
Was macht Geld mit uns Menschen? Die einen beruhigt es, die anderen regt es auf, seit Urzeiten wurden dafür Kriege geführt, wurde gemordet und damit Politik gemacht.
Sieben Geldtypen
Der japanische Bestsellerautor und Geldguru („Happy Money“), Ken Honda, hat sich intensiv mit dem unterschiedlichen Umgang mit Geld befasst. Er unterscheidet sieben Geldtypen:
► Der zwanghafte Sparer spart oft ohne konkretes Ziel, nur so fühlt er sich sicher. Er genießt sein Erspartes nicht.
► Der zwanghafte Käufer ist das genaue Gegenteil vom ersten Typ. Er gibt ständig Geld aus und kompensiert damit auch Stress. Ist das Konto nicht gut gefüllt, häuft er Schulden an.
► Der Verdiener steckt viel Zeit und Energie ins Geldverdienen. Finanzieller Erfolg ist für ihn eine Selbstbestätigung, darüber vernachlässigt er andere Werte.
► Der Gleichgültige denkt nie über Geld nach, braucht auch nur wenig, um glücklich zu sein. Bei unvorhergesehenen Kosten läuft er allerdings Gefahr, ins Trudeln zu kommen.
► Der Protzer ist eine Mischung aus Sparer und Käufer. Er verdient viel Geld, gibt es auch wieder aus. I Der Zocker geht für Gewinne hohe Risken ein. Belohnung und Absturz liegen jedoch nah beieinander.
► Der Sorgende sieht die Welt pessimistisch und fürchtet immer um sein Geld.
Egal, welcher Typus man ist, Angst, in einer völlig bargeldlosen Gesellschaft leben zu müssen, braucht man in absehbarer Zeit nicht zu haben. Denn wie meinte kürzlich der Chef der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, zum Thema Bargeld: „Kein anderes Zahlungsmittel wird alle seine Eigenschaften nachbilden können. Auch nicht der digitale Euro.“