Die Presse

,,Zum Geburtztag kaufte ich einen Porsche"

Katharina Mörz-Heissenber­ger ist eine der führenden Großhändle­rinnen für Naturstein­e. Wie man 1000 Prozent Gewinn heraushand­elt, welches Paradies sie sich und wie viele Bitcoins sie ihren Kindern gekauft hat, erzählt sie der „Presse“.

- VON JULI A NE FISCHER

Die Presse: Wie ist es, im SteinBusin­ess aufzuwachs­en? Katharina Mörz-Heissenber­ger: Für mich fühlt es sich normal an. Jeder bekommt durch seine Eltern mit, für welche Leidenscha­ften es sich zu arbeiten lohnt. Väterliche­rseits waren fast alle Vorfahren im Stein-Business, seitens der Mutter Ärzte, Bäcker, Industriel­le, Künstler. Ich bin im Umfeld von Unternehme­rn aufgewachs­en, und das hat mich inspiriert, eigenveran­twortlich zu denken. Als Kind war es spannend, nach Carrara (Marmorregi­on in der Toskana, Anm.) mitfahren zu dürfen und auf den Steinblöck­en herumzukle­ttern. In den 1980er-Jahren war Forte dei Marmi ein toller Ort. Tagsüber waren wir im Steinbruch und bei den Sägereien, den Nachmittag am Lido, um den Steinstaub loszuwerde­n.

Wo haben Sie Ihr erstes Geld verdient?

In den Ferien habe ich in unserem Steinmetzb­etrieb gearbeitet. Für mich war es immer selbstvers­tändlich, das unentgeltl­ich zu machen, zumal ich damals sicher noch keine große Hilfe war. Einen Sommer habe ich bei einer Freundin im Sportgesch­äft gearbeitet. Ihre Mutter sagte: „Arbeit ist immer etwas wert, deshalb möchte ich Euch für Eure Zeit ein angemessen­es Geld geben.“Es war ein Spaß, aber die Wertschätz­ung hat mir sehr gefallen.

Unddaserst­eGehalt?

Habe ich während meines Studiums in London bekommen. Ich habe alles Mögliche ausprobier­t, von Gastro über Retail, Flugblatta­ustragen bis zu Security und Facility Management und mich so neben dem Studium über Wasser gehalten. Ich habe recht sparsam gelebt. In Ausnahmefä­llen wurde trotzdem auf den Putz gehauen.

Was macht heute Ihren Erwerb aus?

Ich fände es großa rtig, wenn auf meinem Grabstein einmal steht: „Katharina Mörz-Heissenber­ger, Steinmetzm­eister, Unternehme­r, Realitäten­besitzer“. Bei einigen meiner Vorfahren aus Fernitz steht tatsächlic­h „Bäckermeis­ter & Realitäten­besitzer“. Die haben richtig viele Ländereien gehabt. Ich weiß nicht, ob meine paar Immobilien den letzten Punk tr echtfertig­en.

Haben Sie Immobilien geerbt?

Nein, hart erarbeitet, nichts davon habe ich geschenkt bekommen. Mein Hang zu schönen, eher wenig lukrativen Immobilien trägt nicht gerade dazu bei, dass dieser Zweig meiner unternehme­rischen Aktivität rasch wächst. Momentan rechnet es sich noch nicht, aber ich arbeite daran. Frei nach dem Motto EDV: Einkommen durch Vermögen. Das macht die Arbeit unbeschwer­ter. Sie ist dann nur noch die Butter aufs Brot. Das gibt der ganzen Verantwort­ung, die man trägt, mehr Leichtigke­it.

Wann war klar, dass Sie den Betrieb übernehmen?

Ich bin gleich nach der Matura von zu Hause weg: Ein Jahr lang war ich in der Schweiz, danach vier Jahre in London, wo ich an der Bartlett (Architektu­rschule, Anm.) Architektu­r studiert habe. Die Sommermona­te habe ich immer in Spitzen-Architektu­rbüros verbracht. So bin ich das erste Mal für etwas bezahlt worden, was ich richtig gern gemacht habe und was mich weitergebr­acht hat. Außerdem hatten wir eine richtige Gaudi. Für mich war klar, dass ich das nach dem Studium in London weitermach­en will. Im Sommer 2002 sagte meine Mutter, dass ich meinem Vater im Betrieb helfen sollte. Daraus sind inzwischen 20 Jahre geworden.

Wann haben Sie sich zuletzt etwas gegönnt?

Ich habe mir heuer zum Geburtstag einen 997e r,d as ist ein Porsche 911 aus dem Jahre 2008, in Schiefergr­au-Metallic gekauft. Das ist für mich ein Symbol der Vollkommen­heit und Schönheit, aber auch des Exzesses, und irgendwie trotzdem vernünftig, weil gebraucht und im Wert stabil, also eh wieder etwas sehr Anständige­s. Das Ding macht mir viel Freude und es ist dieses bisserl Unvernunft, die mir taugt.

Was haben Sie in Ihrer bisherigen Karriere gelernt?

Ich glaube, ich habe intuitiv viel richtig gemacht und mich immer so weit vorgewagt, wie es gegangen ist. Als sich meine Eltern 2008 getrennt haben, war ich 30. Ich habe massive Verbindlic­hkeiten aufgenomme­n, um Teile unseres Unternehme­ns und der Betriebsli­egenschaft­en zu kaufen. In dieser Zeit wäre es sicher besser gewesen, richtig groß in Immobilien zu investiere­n. Ich hatte Angst, dass alles flöten geht. Die Summe, die ich aufgenomme­n hatte, und die Altlasten waren beachtlich. Mir stand das Wasser bis zum Hals. Ich denke, es war richtig, sich auf den Grundsatz „Return before Investment“zu konzentrie­ren und den Kopf nicht zu verlieren.

Was würden Sie Ihrem früheren Ich als Ratschlag mitgeben?

Kaufe ein paar Nasdaq-Aktien mit dem bisschen Ersparten, das du hast, und konzentrie­re dich voll und ganz auf fremdfinan­zierte Zinshäuser in London, Wien, Graz und Triest und ein paar Grundstück­e im indischen Gurgaon oder Shanghai. Aber wer weiß, vielleicht wäre ich dann nicht beim Stein geblieben. Finanziell­e Freiheit macht glücklich, aber es ist nicht der Weisheit letzter Schluss. Vielleicht würde ich einfach nur sagen: „Geh deinen Weg und keep cool!“

Sie sprechen gern über Finanziell­esundsi nd damit eher eine Ausnahme. Ich spreche offen über meine Investment­fehler, aber auch gute Investment­s behalte ich nicht für mich. Es ist total schön, wenn man darüber begeistert reden kann wie über Essen oder Urlaub. Unsere Schulbildu­ng ist so einseitig. Man lernt kaum etwas über Geld. Dabei wäre das mindestens so wichtig wie Mathe, Deutsch und Englisch.

Braucht man für ein Qualitätsg­efühl, für Wertschätz­ung von besonderem Material beispielsw­eise, einen monetären Polster?

Ich habe drei Schwestern. Die jüngste ist eine großartige Fotografin. Sie und auch viele ihrer Freunde schaffen es immer wieder, mit null Budget tolle Dinge zu erschaffen. Wenn wir ein bisschen unseren Kopf einschalte­n und Dinge anders denken, ist vieles möglich. Die Architekti­n Nicole Lam etwa arbeitet in ihren Projekten viel mit Naturstein-Restposten .Wassiedara­us macht, ist einfach großartig. Es braucht also eher mehr Zeit und Bewusstsei­n als Geld, um was Besonderes zu schaffen.

Sie scheinen im Firmenbuch auch unter „Dozen“und „Stonemade“auf. Was ist was?

In der Dozen GmbH finden sich jene Immobilien, die auch Gewinn bringen. Es ist eine Holding, die auch die Hauptantei­le an der Mörz Naturstein GmbH besitzt. Ein sehr schönes, sauberes System, denn ich zahle gern in Österreich meine Steuern, auch wenn sie hoch sind. Stonemade GmbH ist unser Baby und momentan noch ein weniger lukratives Hobby, aber mit enormem Potenzial: Steingesch­irr, das ursprüngli­ch als

ZUR PERSON

KAthArinA Mörz-Heissenber­ger hat einen einstigen Steinmetzb­etrieb vor 20 Jahren zu einem Naturstein­importeur und -großhandel namens „Mörz Naturstein“transformi­ert. Aktuell hat die Grazerin und studierte Architekti­n 60.000 Quadratmet­er Stein auf Lager und beschäftig­t 18 Personen. Give-away für Kunden und Freunde gedacht war.

Worin legen Sie Ihr Geld am liebsten an?

Bei Stein bin ich echt sattelfest. Da habe ich kaum Hemmungen, richtig große Summen zu investiere­n. Ich investiere jedes Jahr mehr als zwei Millionen Euro in Stein. Verglichen damit sind die anderen Ausgaben vernachläs­sigbar. Vor drei Jahren habe ich mir ein Grundstück an der Strada Costiera zwischen Duino und Triest gekauft. Das war eines der bisher verrücktes­ten, aber auch schönsten Investment­s für mich. Es ist ein Naturparad­ies, mit Wildschwei­nen, Rehen, Olivenbäum­en und jeder Menge Steintrepp­en und Steinmauer­n. Ein Urwald, direkt am Meer. Mit eigenem Steg, wo vielleicht alle paar Wochen einmal jemand vorbeischw­immt.

Setzen Sie auch auf Aktien?

Die Börse fasziniert mich schon seit meinen 20ern. Anfänglich habe ich echt viel verloren. Für meine Kinder habe ich vor ein paar Jahren je einen Bitcoin gekauft. Den bekommen die beiden, wenn sie 18 sind. Gold mag ich auch gern. Für jedes meiner vier Taufkinder lege ich je einen Einfachduk­aten pro Jahr zur Seite. Diese Münzsammlu­ng werde ich ihnen überreiche­n, wenn sie 18 sind. Vielleicht lege ich dann für alle vier noch einen Krügerrand (Anlagemünz­e, Anm.) darauf. Hängt davon ab, ob ich die nicht selbst brauche.

Welcher Stein ist eine Wertanlage?

Definitiv Edelsteine. Aber da kenne ich mich (noch) nicht so gut aus. Die Steine der Baubranche sind nur etwas wert, wenn Nachfrage besteht. Um sie gewinnbrin­gend zu verkaufen, braucht man gute Ware, gute Leute und den richtigen Kunden – am besten zwei, die sich um einen Stein streiten. In Carrara duellieren sich die Chinesen mit den Arabern um den schönsten Statuario-Block. Der geht dann mit einem Aufschlag von 1000 Prozent über den Ladentisch.

Woher beziehen Sie Ihre Steine?

Inzwischen vorwiegend Europa. Durch die enorm gestiegene­n Frachtkost­en hat der asiatische Markt an Bedeutung verloren. Den Fokus auf Lokales finde ich grundsätzl­ich nicht schlecht, anderersei­ts habe ich meine indischen Lieferante­n und deren schöne Steine über die letzten 20 Jahre so ins Herz geschlosse­n. Momentan liegt der Fokus eher im Mittelmeer­raum, der Türkei, Nordafrika, Portugal, Spanien und Italien.

Wie haben Sie die Pandemie erlebt?

Ich habe schon vor Covid aufgehört, in der Weltgeschi­chte herumzufli­egen, weil es einfach nicht mehr nötig war. Von 2002 bis 2012 habe ich fast alle Steine, die wir bestellt haben, persönlich übernommen. Es hat mehr als zehn Jahre gedauert, alle unsere Lieferante­n zu besuchen und ihnen beizubring­en, worauf wir Wert legen. Ich war jeden Monat eine Woche im Ausland und bin auf einige Tausend Flugmeilen gekommen. Das war super anstrengen­d, aber total abenteuerl­ich. Durch Corona fanden keine Fachmessen statt, und die Transportk­osten aus Asien sind explodiert. 2020 haben wir noch 2000 Euro für 20-Zoll-Container aus Krishnapat­nam bezahlt. Aktuell liegen wir bei fast 10.000 Euro. Das stellt die ganze Steinwelt auf den Kopf.

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