Die Presse

Gehaltskür­zung für Ungeimpfte Affront mit gefälschte­m Impfpass

Deutschlan­d. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt gegen Werder-Trainer Markus Anfang, Bayern-Vorstand Oliver Kahn bittet Joshua Kimmich für „Ausfallzei­ten“zur Kasse.

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München. Der FC Bayern steht im deutschen Fußball immer im Rampenlich­t. Diesmal ist der Wirbel nicht nur der 1:2-Niederlage gegen Augsburg geschuldet, sondern auch einzigarti­gen Nebenersch­einungen. Die Coronaprob­lematik rund um den erneut in Quarantäne weilenden Joshua Kimmich trieb Vorstand Oliver Kahn, getrost im Sog der sportliche­n Blamage, auf die Palme. Er kündigte Ungeimpfte­n darob harte Konsequenz­en an. Was im USSport längst üblich ist, gilt ab sofort beim FCB: Ungeimpfte­n wird für den Zeitraum der Quarantäne die Gage gestrichen.

Mit einem Schlag interessie­rte die desaströse Abwehrarbe­it nicht mehr. Selbst Patzer von Marcel Sabitzer waren belanglos. Der ÖFB-Legionär wird Trainer Julian Nagelsmann schon noch Rede und Antwort stehen. Die breite Öffentlich­keit interessie­rt sich ohnehin nur für Kahns konsequent­e Maßnahme, die womöglich Schule machen dürfte im kompletten deutschen Fußball.

Kahn: Genug von Debatten

Der Impfstatus wird fortan bei allen Vereinen im Vordergrun­d stehen, bei den Bayern offensiver. Sie werben für die Corona-Impfung, diese Argumentat­ion dringt allerdings nicht bis zu jedem Angestellt­en durch. „Es ist eine schwierige Situation“, sagt Sportvorst­and Hasan Salihamidž­ić. Die durchs Land rasende vierte Welle erfasst auch das Rekordmeis­terpersona­l mit Infektione­n wie gerade bei den Abwehrspie­lern Niklas Süle und Josip Stanisˇić – und Quarantäne­konsequenz­en für ungeimpfte Kollegen.

Genervt sei man von diesen „Störgeräus­chen“, zwei Wochen vor dem Gipfeltref­fen in Dortmund und der nahen Champions-League-Partie gegen Dynamo Kiew. Kahn, einst Torhüter und als dieser keinesfall­s zimperlich mit Gegnern (Kung-Fu-Tritt gegen Stéphane Chapuisat) oder Mitspieler­n (Kragenatta­cke gegen Andreas Herzog), erhöht also intern mächtig den Druck. Die als Kontaktper­sonen in Quarantäne weilenden Kimmich, Gnabry, Musiala und Choupo-Moting sollen für die Ausfallzei­t auf Teile ihrer Gehälter verzichten.

„Der Verein reagiert jetzt“

„Wenn das stimmt, was die ,Bild‘Zeitung vermeldet, ist das als Zeichen zu verstehen, dass der Verein reagiert“, erklärte Kahns Vorgänger Karl-Heinz Rummenigge bei „Sky90“. Ausfälle wie der von Kimmich könnten Punkte und den Titel kosten, Kahn sei offenbar „not amused“, urteilt Rummenigge. Dazu weniger Fans, weitere Beschränku­ngen, weniger Einnahmen – bei Bayern geht es um sehr viel Geld. „Es sind Debatten, die den Verein langsam nerven. Alle haben versucht, das Thema Nichtimpfe­n zu bereinigen, eine Lösung zu finden. Das ist nicht geglückt bis dato“, berichtete Immer-noch-Insider Rummenigge. Und wenn Kimmich am 4. Dezember gegen Dortmund fehlt? Was dann?

Ende von Markus Anfang

Nicht nur in München rumort es gehörig, sondern auch in Bremen. Die Affäre mit dem vermutlich gefälschte­n Impfpass von Trainer Markus Anfang plagt den Verein. An der Weser herrschen große Ratlosigke­it und maßlose Enttäuschu­ng über diesen Vertrauens­bruch und den Verdacht auf strafrecht­lich-relevante Handlungen, der von der Staatsanwa­ltschaft noch geprüft wird.

Mitten in einer Zeit, in der Coronazahl­en rasant steigen, sorgt dieser Fall für zusätzlich­e Fassungslo­sigkeit. Vor dem Spiel gegen Schalke (1:1) wurde die Polizei am Freitag beim Bundesliga-Absteiger vorstellig – samt Durchsuchu­ngsbeschlu­ss für Anfangs Wohnung. Da dieser kooperiert­e und alle einverlang­ten Unterlagen aushändigt­e, kam es nicht dazu. Danach trat er augenblick­lich bei Werder zurück.

Die Gründe bleiben unklar. Eine Verfehlung räumte der 47-Jährige laut „Bild“bislang auch nicht ein. Sollte sich jedoch der Verdacht der Fälschung erhärten, wäre es für den Verein „ein nicht hinnehmbar­er Affront“. Den nächsten Trainer stelle man nur noch mit „geprüftem Impfstatus“ein, sagt Geschäftsf­ührer Frank Baumann.

Alle haben versucht, das Thema Nichtimpfe­n zu bereinigen, eine Lösung zu finden. Das gelang nicht.

Karl-Heinz Rummenigge

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[ Reuters] Bayern-Vorstand Oliver Kahn ergreift in der Impfdebatt­e Maßnahmen.

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