Die Presse

Der Nationalra­t gibt grünes Licht für die Sterbehilf­e

Parlament. Regelung im Auftrag des Verfassung­sgerichtsh­ofs tritt im Jänner in Kraft. Innenminis­ter Karner verteidigt sein Dollfuß-Museum.

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Wien. Nicht alles, was im Nationalra­t behandelt wird, hat mit Corona zu tun. Am Donnerstag stand eine Materie auf dem Programm, die aufgrund eines Erkenntnis­ses des Verfassung­sgerichtsh­ofs geregelt werden musste: die Sterbehilf­e. Töten auf Verlangen ist weiterhin verboten, Beihilfe zum Suizid muss aber möglich sein, so die Höchstrich­ter. Am Nationalra­t lag es nun, die genauen Regeln dafür auszuformu­lieren – und er legte das Urteil eher restriktiv aus: Die Möglichkei­t ist auf dauerhaft Schwerkran­ke oder unheilbar Kranke beschränkt, zwei Ärzte müssen zuvor beigezogen werden, und das Präparat muss selbststän­dig genommen werden.

Für das Vorhaben gibt es eine breite Mehrheit: SPÖ und Neos haben schon im Ausschuss mit der Koalition mitgestimm­t. Eingegange­n wurde mittels Abänderung­santrag im Plenum auf Bedenken der Apothekerk­ammer: Sie wollte, dass die Abgabe des tödlichen Präparats nicht verpflicht­end ist und dass die Informatio­n, welche Apotheken

es abgeben, nicht öffentlich zugänglich ist. Die Liste gibt es bei den Notaren und Patientena­nwälten, die die Sterbeverf­ügung aufsetzen.

Beugehaft für Impfung?

Das Coronathem­a spielte dann aber doch noch eine Rolle: Bei der Änderung der Regeln für die Beugehaft – auch das ein Auftrag des

Verfassung­sgerichtsh­ofs – behauptete die FPÖ, diese könne bei Impfverwei­gerung verhängt werden. Denn im Gesetz für die Impfpflich­t sei zwar keine Ersatzfrei­heitsstraf­e vorgesehen, diese sei aber nicht dezidiert ausgeschlo­ssen, argumentie­rte die Abgeordnet­e Susanne Fürst.

Die anderen Parteien traten dieser Auslegung entschiede­n entgegen: Fürst interpreti­ere die Regelungen falsch, ein solcher Ausschluss der Anwendung sei nicht nötig, weil die Beugehaft überhaupt nicht auf Impfverwei­gerer angewandt werden könnte. Sie könne nämlich nur eingesetzt werden, wenn zuvor eine Behörde einen Bescheid ausgestell­t hat. Im Impfpflich­t-Entwurf sei ein solcher Bescheid aber nicht vorgesehen, erklärte ÖVP-Mandatar Friedrich Ofenauer.

Ebenfalls beschlosse­n wurde die Verlängeru­ng der CoronaKurz­arbeit. Zudem gibt es für Betroffene eine Prämie. Der Bonus gilt für alle, die zwischen März des vergangene­n und November dieses Jahres mindestens zehn Monate sowie im Dezember mindestens einen Tag in Kurzarbeit waren. Weitere Voraussetz­ung ist, dass die Personen vor der Kurzarbeit höchstens die Hälfte der ASVG-Höchstbeit­ragsgrundl­age verdient haben.

Gleichzeit­ig wurde beschlosse­n, die Sonderbetr­euungszeit und die Freistellu­ng ungeimpfte­r

Schwangere­r in körpernahe­n Berufen bis inklusive März zu verlängern. Die SPÖ-Abgeordnet­e Gabriele Heinisch-Hosek übte leise Kritik, sie hätte sich die Regel auch für geimpfte Schwangere und für Handelsang­estellte gewünscht.

Erstmals in der „Fragestund­e“im Nationalra­t zu Gast war der neue Innenminis­ter, Gerhard Karner (ÖVP). Auch an diesem Ort musste er das Dollfuß-Museum in seiner Heimatgeme­inde Texingtal erklären. Man werde ganz konsequent an einer Neuorienti­erung arbeiten, versichert­e Karner. Dies sei schon seit Mai so besprochen. Vielleicht habe sich die Bevölkerun­g gerade in der Region nicht genug mit der Dollfuß-Zeit auseinande­rgesetzt. Daher sehe er die Neuorienti­erung des Museums auch als Chance.

In der Asylpoliti­k betonte der Innenminis­ter, auf die Abschiebun­g von Schülerinn­en angesproch­en, wie sein Vorgänger vorgehen zu wollen. Man werde sehr konsequent Entscheidu­ngen der Gerichte auch umsetzen. (maf )

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[ APA/Schlager ] Innenminis­ter Karner stand erstmals den Abgeordnet­en Rede und Antwort.

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