Die Presse

Straße, Schnitzel, Schweinsbr­aten: Wie Verkehrsak­tivisten mobilisier­en

Stadtstraß­e. Gibt es Alternativ­en zum vierspurig­en Projekt Wiens?

- VON MICHAEL LOHMEYER

Wieder geht es um die Stadtstraß­e – das Projekt einer vierspurig­en Fahrbahn in der Donaustadt. Sie war bei der Projektier­ung als Zubringer zur S1-Spange gedacht gewesen, zu einem Zeitpunkt als die S1 den Autobahnri­ng um Wien hätte schließen sollen und der Lobau-Tunnel vorgesehen war. Mittlerwei­le ist das Projekt abgeblasen – und damit das Umfeld für die Stadtstraß­e anders.

Am Mittwoch hatten Nichtregie­rungsorgan­isationen vor allem die Klagsdrohu­ng gegen Aktivisten angeprange­rt, in der nächsten Pressekonf­erenz am Donnerstag waren lösungsori­entierte Töne zu vernehmen. Die enge Taktung der Medienvera­nstaltunge­n innerhalb von 24 Stunden ist nicht zufällig – was die einen als Teil einer Kampagne sehen, erachten andere als aktualität­sbedingt gerechtfer­tigt und notwendig.

Wo liegt also der Schwerpunk­t der zweiten Veranstalt­ung? Agnes Zauner, Geschäftsf­ührerin von Global 2000, meint, dass nach Wegfall des Schließens des Rings um Wien die Voraussetz­ung für das von der Stadt Wien als Stadtstraß­e bezeichnet­e Projekt völlig überdimens­ioniert sei. Die vierspurig­e Straße führe de facto ins Leere. 460 Millionen sollten nicht in „Straßenwah­n“, so Zauner, investiert werden, sondern in bescheiden­er ausgelegte Straßen mit Grünstreif­en,

Rad- und Gehwegen. Das Festhalten am Projekt, ergänzt Maria Schachinge­r vom World Wide Fund for Nature (WWF), sei mit einem inakzeptab­len Ausmaß an Bodenverbr­auch und -versiegelu­ng verbunden.

Stadträtin Sima gesprächsb­ereit

Rechtlich sieht Gregor Schamschul­a jedenfalls keine Hinderniss­e. Er ist Jurist des Ökobüros und Spezialist für Fragen der Umweltvert­räglichkei­tsprüfung. Für die Errichtung von Wohnungen für 17.500 Menschen ist im Bescheid eine neue Straßenver­bindung als Bedingung formuliert. Dies heißt für Schamschul­a aber nicht, dass an der Straße nichts geändert werden dürfe. Der Jurist hält auch die These, dass ein UVP-Verfahren für ein Projekt ein Bremsklotz sei, für schlichtwe­g „nicht haltbar: Die normale Verfahrens­dauer liegt bei sieben bis neun Monaten.“

Michael Schwending­er vom Verkehrscl­ub Österreich (VCÖ) sieht die Stadtstraß­e den Klimaziele­n diametral entgegenst­ehen: „An den Zielen festzuhalt­en und die Stadtstraß­e in der geplanten Größe zu bauen, wäre, als wolle man abnehmen und ungebremst Schnitzel und Schweinsbr­aten essen.“In einer ersten Reaktion heißt es aus dem Büro von Verkehrsst­adträtin Ulli Sima (SPÖ, die vor 20 Jahren selbst Aktivistin bei Global 2000 war), man sei an Gesprächen interessie­rt und zu solchen bereit.

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