Hoffen auf das „fünfte Quartal“
Handel. Das Weihnachtsgeschäft gibt den Händlern Zuversicht. Jeder zweite will sein Geschäft am Sonntag nicht öffnen, mehr als 100.000 Handelsangestellte sind ungeimpft.
Wien. Die Einkaufsstraßen sind dieser Tage gut besucht – besser noch als im Dezember des Vorjahrs. Seitdem die Geschäfte diesen Montag nach dreiwöchigem Lockdown wieder geöffnet haben, werden sie regelrecht gestürmt, erzählt eine Händlerin auf der Wiener Mariahilfer Straße. Der nahende Heiligabend treibt die Menschen in die Geschäfte, niemand will den Familienfrieden wegen fehlender Geschenke riskieren.
Konsumverzicht war in den LockdownWochen ohnehin nicht angesagt. 43 Prozent erledigten ihre Weihnachtseinkäufe heuer online. Davon zeugen auch die vielen Paketzusteller, die sich mit Bergen von Packerln ihren Weg durch die gehetzten Menschenmassen
bahnen. Zum Ende des Jahres wird der eCommerce-Anteil am gesamten Handelsumsatz mehr als 13 Prozent ausmachen – eine Fortsetzung des Onlinebooms, nachdem Interneteinkäufe im Vorjahr erstmals die Zehn-Prozent-Marke überschritten.
Stationärer Handel bleibt Nummer eins
Verkaufsplattform Nummer eins bleibt aber der stationäre Handel, gerade jetzt. Die Wochen vor Weihnachten sind für die Händler die wichtigsten des gesamten Jahres. Sie nennen sie deshalb scherzhaft auch das „fünfte Quartal“. Es entscheidet darüber, ob das Geschäftsjahr erfolgreich endet oder nicht. Dieses Jahr gilt dies mehr denn je. Die Ausgangslage stehe heuer aufgrund des harten Lockdowns für viele Händler aber vor allem unter dem Motto der Verlustbegrenzung, sagte Handelsverband-Chef Rainer Will am Donnerstag, als er die Prognose für das diesjährige Weihnachtsgeschäft präsentierte. Das laufe im gesamten stationären Handel schwach, so Will.
Ein Resümee, das mit Blick auf die Umsatzprognose von Handelsverband und Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) allerdings auch positiver ausfallen könnte. Die Händler dürfen heuer mit einem weihnachtsbedingten Mehrumsatz von 1,2 Mrd. Euro netto rechnen. Das entspricht einem Plus von 100 Mio. Euro im Vergleich zum Vorjahr. Im Vergleich zu 2019 betragen die Mehrumsätze im Dezember sogar 240 Mio. Euro. Hat der Handel die Krise mit dem heurigen Weihnachtsgeschäft also überwunden? Mitnichten. Das Plus liegt einzig am
Lebensmittelhandel, der seit Beginn der Pandemie floriert. Zieht man den Nicht-Lebensmittel-Bereich heran, liegen die Mehrumsätze im Dezember mit 606 Mio. Euro sieben Prozent unter dem Vorkrisenniveau. Im Vergleich zum Vorjahr bedeutet das immerhin ein zweistelliges Plus.
Jeder Dritte besorgt seine Geschenke erst in den letzten Tagen vor Weihnachten. Eine zusätzliche Möglichkeit bietet dieses Jahr der verkaufsoffene Sonntag am 19. Dezember. Laut Handelsverband-Umfrage sollen diese Gelegenheit 31 Prozent der Konsumenten zum Shoppen nutzen, rund die Hälfte aller Geschäfte werden geöffnet haben. Angesichts einer bevorstehenden Omikron-Welle könnten auf die Branche ohnehin bald wieder düstere Zeiten zukommen. Mehr als 100.000 der 330.000 Handelsangestellten sind noch nicht geimpft.