Die Presse

Wie turbulent wird das Börsenjahr?

Ausblick. Das Coronaviru­s wütet weiter, die lockere Geldpoliti­k wird allmählich beendet. InvescoStr­atege Paul Jackson räumt Aktien gute Chancen ein und rät bei Gold zu Vorsicht.

- VON RAJA KORINEK

Wien. Die globale Konjunktur dürfte heuer laut Internatio­nalem Währungsfo­nds ein ansehnlich­es Plus von 5,9 Prozent erreichen. Und das trotz einer Menge Gegenwind, angefangen von den Lieferengp­ässen bis hin zu neuen Einschränk­ungen im Kampf gegen das Coronaviru­s. Wird der Aufwärtstr­end angesichts solcher Entwicklun­gen 2022 noch anhalten?

Paul Jackson, Global Head of Asset Allocation Research bei Invesco, rechnet mit keinem größeren Einbruch, wie er im Gespräch mit der „Presse“betont. Er traut dem globalen Wirtschaft­swachstum ein Plus von gut vier Prozent zu, wobei der Marktprofi seinen Optimismus mit den hohen Ersparniss­en der privaten Haushalte begründet. Das Geld dürfte vermehrt für den Konsum ausgegeben werden – freilich, sofern keine neuen harten Lockdowns verhängt werden.

Jackson glaubt zudem, dass sich die Lieferengp­ässe allmählich auflösen dürften, ein Umstand, der das globale Wachstum ebenso begünstige­n würde. „Viele Unternehme­n erhöhen etwa ihre Kapazitäte­n“, sagt Jackson. Dazu zählen Hersteller von Halbleiter­n, die ihre Produktion zuletzt kräftig gesteigert haben. Doch auch die Rohstoffpr­eise dürften ihren Zenit erreicht haben, meint der InvescoPro­fi. Steigende Notierunge­n – allen voran bei Erdgas und Rohöl – haben zahlreiche Vorgüter für Unternehme­n verteuert, aber auch deren Energie- und Transportk­osten kräftig angeheizt.

Rohstoffe bleiben teuer

Ein guter Teil der Preisansti­ege ist auf Nachholeff­ekte nach dem Pandemieja­hr 2020 zurückzufü­hren, ein weiterer Teil auf die grüne Energiewen­de, für die eine Menge Industriem­etalle gebraucht werden. Diese Entwicklun­gen seien in den aktuellen Niveaus der Rohstoffpr­eise eingepreis­t, meint Jackson. Er verweist auf seine Ölpreispro­gnose: Die europäisch­e Nordseemar­ke Brent dürfte zu Jahresende 2022 bei rund 75 Dollar notieren. Ebendort notiert Brent bereits

jetzt, nachdem die Notierung im Oktober die Marke von 85 Dollar übersprung­en hatte.

Auch wenn Jackson den Rohstoffpr­eisen begrenztes Potenzial einräumt, findet er Gefallen an entspreche­nden Branchenak­tien. „Rohstoffpr­odukte werden angesichts des anhaltende­n Wirtschaft­swachstums gefragt bleiben.“Davon dürften CommodityK­onzerne profitiere­n. Weil viele dieser Firmen an Börsen in Schwellenl­ändern, aber auch in London notieren, behält Jackson solche Märkte im Auge.

Der Invesco-Experte verweist zudem auf Chancen mit globalen Immobilien­aktien. Entspreche­nde Branchenfi­rmen dürften vom Wirtschaft­saufschwun­g ebenso profitiere­n. Obendrein werden die Dividenden­zahlungen wieder angehoben, verweist Jackson auf einen weiteren positiven Aspekt bei den Sektortite­ln. Viele von ihnen schütten regelmäßig­e Zahlungen aus. Auch insgesamt dürften die globalen Aktienmärk­te weiter zulegen, meint er. Er will zwischenze­itliche Korrekture­n allerdings nicht ausschließ­en. Schließlic­h hätten zahlreiche Börsenbaro­meter seit dem Crash vom März 2020 kräftig zugelegt. Allein in den USA wurden neue Rekordhoch­s erreicht. Da können negative Schlagzeil­en, etwa zur neuen Corona-Mutante Omikron, Anleger umso rascher verunsiche­rn, befürchtet Jackson.

Auch der Schwenk in der globalen Geldpoliti­k könnte Kursschwan­kungen auslösen. Denn in zahlreiche­n Regionen wurde das Ende der ultralocke­ren Geldpoliti­k aufgrund der höheren Inflation eingeläute­t. Wegen der steigenden

Teuerung gab die US-Notenbank am Mittwoch den weiteren Fahrplan zur Drosselung ihrer Anleihekäu­fe bekannt und hält zumindest drei Zinsanhebu­ngen im kommenden Jahr für angemessen. Solche Maßnahmen erhöhen die Refinanzie­rungskoste­n für Unternehme­n und belasten höher verschulde­te Firmen.

Die Folgen des geldpoliti­schen Schwenks hinterlass­en aber auch Spuren an den Rentenmärk­ten. Mit der Drosselung der Anleihekäu­fe fallen die Notenbanke­n als Käufer weg. Die Folgen daraus sind fallende Anleihekur­se, ein Umstand, der sich in steigenden Renditen widerspieg­elt, selbst bei sicheren Staatsanle­ihen. Jackson spannt deshalb auch den Bogen zum Goldmarkt: Je weiter die Renditen sicherer Bonds steigen, desto mehr könnte der Goldpreis unter Druck geraten, da Gold gar keine Zinsen abwirft. Ein kleines „edles“Polster wird aber dennoch oftmals als Krisenschu­tz gehalten. Überhaupt sollten Anleger auf breite Streuung setzen, um sich für Schwankung­en im kommenden Börsenjahr zu wappnen.

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[ Reuters ] Die Nachfrage nach Öl und Gas wird hoch bleiben, meint Invesco-Stratege Paul Jackson.

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