Die Zeit für das Atomabkommen läuft davon
Iran. Verhandlungen in Wien unterbrochen. Westen macht Druck: Vorteil des Nukleardeals werde in wenigen Wochen erloschen sein.
Wien. Vor wenigen Tagen noch standen die Wiener Atomverhandlungen vor dem Abbruch. Doch die Iraner lenkten an einer anderen Front ein. Sie gestatteten der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), wieder Überwachungskameras in der Nuklear-Anlage Karadsch zu installieren. Danach verbesserte sich offenbar auch das Gesprächsklima im Palais Coburg. Die Verhandlungen über eine Wiederbelebung des Atomabkommens mit dem Iran (JCPOA) sollen nach einer kurzen Pause möglichst noch vor Ende des Jahres weitergehen.
Die Lage bleibt jedoch ernst, die Zeit drängt, wie aus einer Erklärung Großbritanniens, Deutschlands und Frankreichs hervorgeht. „Wir nähern uns rasch dem Ende des Weges für diese Verhandlungen“, heißt es darin. „In nur wenigen Wochen, nicht Monaten, werden die durch das JCPOA erreichten (. . .) Vorteile erloschen sein.“In den vergangenen 24 Stunden habe es Fortschritte gegeben, doch man sei dem Punkt, an dem man im Juni gewesen sei, nur etwas näher gekommen. Das Abkommen soll Iran von der Atombombe abhalten.
Nach der sechsten Verhandlungsrunde im Juni hatten die Unterhändler in Textentwürfen drei Viertel der Hindernisse aus dem Weg geräumt, damit die USA ins Abkommen zurückkehren und sich auch die Iraner wieder daran halten. Doch dann gewann der Hardliner Ebrahim Raisi die Präsidentenwahl im Iran. Und sein neuer ChefAtomverhandler Ali Bagheri-Kani weigerte sich bei der Wiederaufnahme der Gespräche Ende November, dort anzuknüpfen, wo man im Spätfrühling aufgehört hatte.
Bagheri-Kani fliegt nun zurück zu Konsultationen nach Teheran. Die drei europäischen Staaten zeigten sich enttäuscht über die neuerliche Unterbrechung. Sie wären ebenso wie China, Russland und auch die USA bereit gewesen, weiter zu verhandeln. Freitag Mittag hatte IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi in einer Pressekonferenz einen Prototypen der Überwachungskameras vorgeführt, die nun wieder in Karadsch aufgestellt werden sollen. In der dortigen Zentrifugen-Fabrik war im Juni eines der drei Aufnahmegeräte bei einer Explosion beschädigt worden. Der Iran machte Israel für den Sabotageakt verantwortlich und entfernte danach alle Kameras. Seither war die IAEA blind in Karadsch, wo Zentrifugen zur Uran-anreicherung hergestellt werden.
Die Einigung hat nur einen Haken. Die Iraner wollen die Speicherkarten der Kameras erst dann herausrücken, wenn die Amerikaner ihre Sanktionen aufheben und damit den Weg frei machen für die Reanimation des Atomabkommens. Das Regime in Teheran geht immer nur so weit, wie es muss und lässt sein Atomprogramm auf Hochtouren laufen, während die Verhandlungen in Wien stocken.