Der umstrittene Temporausch
Ski. Aleksander Kilde gewinnt den Super-G auf der Saslong – ein spektakulärer Auftakt für das Klassiker-Wochenende. Doch die Disziplin ist angezählt, Kritiker fühlen sich in Gröden bestätigt.
St. Christina/Gröden/Wien. Der Super-G steht unter Beobachtung. FIS-Marketingchef Jürgen Capol brachte zu Saisonbeginn eine Abschaffung dieser Disziplin, die vor knapp 40 Jahren erstmals im Weltcup ausgetragen wurde, ins Spiel. Unter dem neuen Ski-Boss Johan Eliasch will man sich stärker auf die Kerndisziplinen Abfahrt, Riesenslalom und Slalom fokussieren.
In Österreich würde man freilich protestieren. Schon der frühere FIS-Renndirektor Günter Hujara nahm einst einen Anlauf, um den Super-G zu kippen, was letztlich auch am Einspruch des ÖSV scheiterte. Bis heute stellt Österreich mit Hermann Maier den erfolgreichsten Super-G-Fahrer im Weltcup (24 Siege; bei den Damen hält Lindsey Vonn die Bestmarke mit 28 Erfolgen).
Oberster Kritikpunkt: Die zweitschnellste Disziplin ist der Abfahrt zu ähnlich. Schon Marcel Hirscher wetterte gegen Gleitpassagen im Super-G und forderte mehr Abgrenzung zur Abfahrt. Andererseits: Ohne Super-G könnten
Speedfahrer den Gesamtweltcup von vornherein abschreiben.
Was nun am Freitag in Gröden präsentiert wurde, ist ein Sinnbild dieser Debatte. Der Super-G selbst war hochklassig und lieferte spektakuläre Bilder. Trainerlegende Andi Evers hatte einen flotten und flüssigen Kurs in das tückische Gelände der Saslong gesetzt. Das Podest-Trio mit Sieger Aleksander Aamodt Kilde und dem ÖSVDuo Matthias Mayer und Vincent Kriechmayr auf den Plätzen zwei und drei war ein mehr als würdiges. Kurzum: Ein sehenswerter Auftakt für ein Klassiker-Wochenende, an dem heute noch die Abfahrt in Gröden (11.45 Uhr, live, ORF1, Eurosport) und am Sonntag der erste von zwei Riesentorläufen in Alta Badia warten.
Für Nichtexperten aber war dieser Gröden-Super-G kaum noch von einer Abfahrt zu unterscheiden. Die Athleten rasten meist in Schussposition dahin und wurden wenig aus der Hocke gezwungen, das gemessene Höchsttempo betrug 110 km/h, wobei vor dem Ziel die Geschwindigkeiten wohl an die 130 km/h heranreichten. Der Schweizer Beat Feuz, der beste Abfahrer der vergangenen Winter, fuhr nicht zufällig mit Platz vier sein bestes Super-G-Resultat seit fast drei Jahren ein. Der Gesamtweltcupführende Marco Odermatt, der zuletzt bei den beiden drehender gesetzten Super-G in Beaver Creek einen Sieg und einen zweiten Platz bejubelt hatte, wurde dieses Mal nur 24.
Für Aleksander Kilde, der nun die jüngsten drei Speedrennen im Weltcup für sich entschieden hat, spielt all das kaum eine Rolle, dem Norweger, 29, ist als WeltklasseAbfahrer und nebenbei ausgezeichnetem Riesentorläufer jeder Super-G recht. In Gröden hat er wie Franz Klammer, Michael Walchhofer und Kristian Ghedina nun schon viermal gewonnen, nur sein Landsmann Aksel Lund Svindal hält bei mehr Saslong-Siegen (sieben). Apropos Norwegen: Kildes Erfolg war der zwölfte der Wikinger in den jüngsten 18 Rennen im Grödnertal. 2015 war er hier zum ersten Mal auf einem Weltcup-Stockerl gestanden (Platz drei hinter den Teamkollegen Svindal und Jansrud).
In der Abfahrt kann er nun trotz zwischenzeitlichem Kreuzbandriss sein Speed-Double aus dem Vorjahr wiederholen. „Ich habe eine gute Balance. Ich kann meinen Körper besser spüren. Ich hatte wieder einen gewaltigen Ski.“
Die Österreicher präsentierten sich auch hinter Mayer und Kriechmayr beachtlich, sieben ÖSV-Läufer fuhren in die Top 30.
Es gibt nie einen perfekten Lauf. Aber 95 Prozent waren richtig auf dem Plan.
Aleksander Kilde Gröden-Spezialist
SUPER-G
1. Aleksander Aamodt Kilde (NOR) 1:25,91 Min.
2. Matthias Mayer (AUT) +0,22 Sek.
3. Vincent Kriechmayr (AUT) +0,27
Weiters: 4. Feuz (SUI) +0,57 5. Rogentin (SUI) +0,74 6. Paris (ITA) +0,80 7. Franz (AUT) +0,85 8. Crawford (CAN) +0,92 9. Cochran-Siegle (USA) +0,99 10. Ganong (USA) +1,00 14. Danklmaier (AUT) +1,18.
Gesamtweltcup (nach 9 Rennen): 1. Odermatt (SUI) 453 2. Mayer (AUT) 390 3. Kilde 329.