Die größte Pleite des Jahres
Insolvenz. Für Hunderte Anleihegläubiger sieht es nicht gut aus – die Aktionäre des Immobilienentwicklers Eyemaxx haben schon alles verloren. Eine Analyse.
Wien. „Ich bin unglücklich mit der Situation und würde gern endlich mehr Daten veröffentlichen können.“Das sagte Michael Müller, Gründer und Boss des Immobilienentwicklers Eyemaxx Real Estate, im August dem Onlineportal Anleihenfinder.de. Zahlen lieferte der Österreicher, der das in Frankfurt und Wien gelistete Unternehmen 1996 gegründet hatte, dann im November – allerdings fielen sie ganz anders aus, als sich das die Investoren der vier Eyemaxx-Anleihen im Volumen von knapp 130 Millionen Euro erwartetet hatten: Eyemaxx stellte Anfang November selbst beim Landesgericht Korneuburg den Insolvenzantrag, weil dem Unternehmen das Kapital fehlte, um die Zinsen für die Anleihe 2018/2023 zu bedienen. Bisher wurden Forderungen in Höhe von 165 Millionen Euro angemeldet, wie bei der Prüfungstagsatzung am Mittwoch bekannt wurde. Damit ist Eyemaxx die größte Insolvenz dieses Jahres.
Das Unternehmen, das zuerst auf Gewerbeimmobilien in Osteuropa fokussiert war und ab 2012 auch Wohnimmobilien, Hotels und Appartements in Deutschland und Österreich entwickelte, soll fortgeführt werden. Der Zeitdruck ist allerdings enorm, eine Entscheidung müsse noch vor Weihnachten, also in den nächsten Tagen, fallen, hieß es zur „Presse“. Insolvenzverwalterin Ulla Reisch muss einen Investor für die ganze Firma finden oder zumindest einige Immobilienobjekte versilbern. Wie viel sie tatsächlich wert sind, ist offen, denn die Firma konnte den Jahresabschluss 2020/21 nicht legen.
„Nur dann besteht die Aussicht auf ein tragfähiges Sanierungskonzept“, erklärte Creditreform-Chef Gerhard Weinhofer der „Presse“. Um die im angestrebten Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung für die Gläubiger vorgesehene Quote von 20 Prozent zu erreichen, braucht es für den Fall, dass alle Forderungen anerkannt werden, rund 35 Millionen Euro. Auch wenn, was wahrscheinlich ist, das nicht alles anerkannt wird, „ist ein zweistelliger Betrag notwendig, sagt Weinhofer.
Blase oder Corona?
Die Immobilienbranche boomt in ganz Europa – was ist also bei Eyemaxx schiefgelaufen? Dem Insolvenzantrag des Unternehmens zufolge ist die Coronakrise schuld: Projekte hätten sich verzögert, ebenso seien Zahlungen nach Projektverkäufen nicht eingegangen, Arbeiter hätten wegen Reisebeschränkungen nicht auf den Baustellen arbeiten können, Hotels und Büroobjekte hätten wegen der Lockdowns massiv abgewertet werden müssen. Schon die Zahlen für die vergangenen Jahre werfen einige Fragen auf: Laut dem Geschäftsbericht 2019/20 verminderte sich der Umsatz von 8,5 auf 5,4 Millionen Euro, der Nettogewinn stieg hingegen erstaunlicherweise von 6,6 auf 7,3 Millionen.
Wer jetzt Parallelen zu einer anderen Pleite in der Immobilienbranche sucht, die viel Staub aufgewirbelt hat, nämlich jene von Wienwert, liegt in einem wesentlichen Punkt falsch. Beide Firmen begaben millionenschwere Anleihen und in beiden Firmen gab es offenbar erhebliche Fehlkalkulationen und zu optimistische Prognosen. Aber Malversationen wie bei Wienwert (die Justiz ist nach wie vor mit der Aufarbeitung beschäftigt) scheint es bei Eyemaxx nicht gegeben zu haben.
Dennoch herrscht vor allem bei deutschen Anlegern Unmut. Die Investoren ärgern sich darüber, dass das Insolvenzverfahren in Österreich läuft, obwohl Eyemaxx seinen Sitz im deutschen Aschaffenburg hat. Führung und Verwaltung befinden sich jedoch in Leopoldsdorf in Niederösterreich, weshalb der Insolvenzantrag hier eingebracht worden ist.
Die Folge ist ein Tauziehen zwischen den beiden Ländern. Die deutschen Gläubiger stoßen sich an der niedrigen 20-prozentigen Quote und führen ins Treffen, dass es in Deutschland keine fixe Quote gebe. Sie ergibt sich aus der Verwertung der Aktiva – was freilich nicht heißt, dass sie höher ausfällt. Zudem muss in Österreich jeder Gläubiger seine Forderung selbst anmelden, in Deutschland gibt es die Möglichkeit gemeinsamer Vertreter. Nun haben der Berater One Square Advisors und die Anwaltskanzlei Heuking Kühn einen Fremdinsolvenzantrag in Aschaffenburg gestellt. Sie wollen sich in einer deutschen Gläubigerversammlung als gemeinsame Vertreter legitimieren lassen.
Aktie notiert bei 17 Cent
Deutsche Anleihe-Investoren sind auch bei einer anderen Pleite betroffen, die vom Zusammenbruch von Eyemaxx ausgelöst worden ist: 14 Tage nach der Eyemaxx-Insolvenz wurde über die VST Building Technologies das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung eröffnet. Der Bauzulieferer VST ist geschäftlich und personell mit Eyemaxx verbunden: Mehrheitseigentümer ist die Sankt Leopold Privatstiftung von Michael Müller, der Sitz der Firma ist in Leopoldsdorf. Die Passiva betragen laut erster Schätzung des KSV 22 Millionen Euro. Auch VST hat eine Anleihe begeben, im Volumen von 15 Millionen Euro. Die Rechte der Anleihegläubiger werden in dem Fall von einem Kurator vertreten.
Die Aktionäre von Eyemaxx sehen ohnedies bereits durch die Finger. War die Aktie im Jänner sieben Euro wert, notiert sie derzeit bei 17 Cent.