Schlumberger und der Lockdown-Fluch
Der heimische Sekthersteller stemmt sich mit viel Export gegen die Pandemie. Gegen die Teuerung ist auch Schlumberger machtlos. Der Preis für Sekt wird steigen.
Wien. Sechs Monate lang waren Restaurants, Hotels und Bars im heurigen Jahr wegen staatlich verordneter Lockdowns gesperrt. Clubs und Nachtlokale noch länger. Ein herber Schlag nicht nur für Wirte und Betreiber, sondern auch für Getränkelieferanten wie die Sektkellerei Schlumberger, die in normalen Jahren fast die Hälfte ihres Umsatzes in der Gastronomie erwirtschaftet. Und auch jetzt gibt es kaum Weihnachtsfeiern, Hochzeiten und keine Bälle, auf denen der Sekt sonst literweise fließt.
Trotzdem wird es dem Traditionsbetrieb 2021 gelingen, den Umsatz wieder in etwa auf das Vorkrisen-Niveau von rund 90 Millionen Euro zu hieven, freut sich Firmenchef Benedikt Zacherl. Möglich wurde das dank stark wachsender Exportmengen und dank trinkfreudiger Österreicher, die ihre steigende Lust auf Sekt einfach im Supermarkt statt in der Bar gestillt haben.
Im ersten Pandemiejahr 2020 waren die Exporte von Schlumberger noch drastisch eingebrochen. Das Unternehmen verkauft neben
Schlumberger-Sekt vor allem den Schokoladelikör Mozart ins Ausland. Ein Großteil des Geschäfts wurde üblicherweise mit Touristen in Duty-free-Shops an den Flughäfen gemacht. Das fiel 2020 wie auch heuer nahezu komplett weg. Dafür ist es dem Unternehmen gelungen, eine Vielzahl neuer Märkte zu erschließen. Korea, die Ukraine, Russland und Norwegen sind ebenso neu auf der Käuferliste wie die Volksrepublik China, wo im ersten Jahr gleich 40.000 Liter Mozart-Likör abgesetzt wurden. Dazu kommt
starkes Wachstum mit der Marke Schlumberger in den näherliegenden Kernmärkten. Der breitere regionale Fußabdruck gebe dem Unternehmen auch zu Coronazeiten Sicherheit, da mögliche Infektionswellen „nicht überall gleichzeitig stattfinden können“, so Zacherl.
Eine Million Liter Sekt verkauft
Anders die Lage im Heimmarkt Österreich: „Wenn die Gastro wieder ein halbes Jahr zusperrt, werden wir es schon spüren“, warnt der Firmenchef. Im heurigen Jahr aber
habe sich auch der Heimmarkt als krisenfest erwiesen. Erstmals wurde mehr als eine Million Liter Schlumberger-Sekt in Österreich verkauft. 70 Prozent davon im Lebensmittelhandel.
Während in der Gastronomie heuer um mehr als die Hälfte weniger Getränke verkauft wurden als 2019, stieg der Sekt-Absatz in den Supermärkten von Jänner bis September 2021 laut Zahlen des Marktforschers Nielsen um 18,6 Prozent. Schlumberger, aber auch die hauseigenen Marken Hochriegl und
Goldeck, konnten den Absatz noch schneller ausbauen. Mit ein Grund dafür ist der Fall der Schaumweinsteuer, den die Branche seit Jahren gefordert hat. Seither sind Sektflaschen um etwa einen Euro billiger zu haben.
Sektpreise steigen ab April
Aber das wird sich bald ändern. Denn die steigenden Rohstoff-, Transport- und Energiekosten haben auch den Schaumweinproduzenten voll erwischt. Heimischer Wein wird aufgrund der schwachen Ernte um ein Viertel bis Drittel teurer verkauft. Glas und Karton sind um ein Fünftel kostspieliger, Energie um ein Vielfaches. „Ich wüsste nicht, wie ich diese historische Entwicklung schlucken sollte“, sagt Benedikt Zacherl. „Auch wir werden erstmals seit vielen, vielen Jahren eine Preiserhöhung durchführen müssen.“
Über das gesamte Sortiment, Schlumberger vertreibt auch Spirituosen wie Hendrick’s Gin, Cointreau oder Metaxa, werden die Preise ab Anfang April um sieben bis acht Prozent angezogen werden. Nach der schwarzen Null, die das Unternehmen 2020 schrieb, und dem deutlichen Plus heuer soll so auch der Gewinn im kommenden Jahr weiter ausgebaut werden. Die geplante Großinvestition in die neue Sektkellerei im burgenländischen Müllendorf muss pandemiebedingt ohnedies weiter auf die lange Bank geschoben werden. Ursprünglich wollte Schlumberger ab Ende 2021 nicht mehr in Wien und Niederösterreich produzieren. Stattdessen gibt es noch nicht einmal einen Termin für den Baustart.