Die Wunden des „Anti-Terror-Krieges“
Das politische Buch. 20 Jahre dauerte die westliche Militärmission in Afghanistan. Der Journalist Emran Feroz geht mit dem von den USA angeführten Einsatz hart ins Gericht.
Die Nachrichten aus Afghanistan sorgten in den USA und Europa für Entsetzen: In Windeseile eroberten die Extremisten der Taliban eine Stadt nach der anderen. Viele Jahre lang hatten die USA und ihre Verbündeten gewaltige Summen in Afghanistans Regierung und Sicherheitskräfte investiert. Doch im August dieses Jahres kollabierte dieses vom Westen unterstützte System in kürzester Zeit. Es hatte offenbar schon lang auf tönernen Füßen gestanden – warum, das beschreibt Emran Feroz in seinem Buch „Der längste Krieg – 20 Jahre War on Terror“.
Feroz arbeitet für mehrere englisch- und deutschsprachige Medien – darunter auch die „Presse“. Der Journalist hat in den vergangenen Jahren immer wieder Afghanistan besucht. Er recherchierte auch abseits der urbanen Zentren – in Gegenden, in die Reporter aus Europa nur selten gelangen. Feroz sprach mit Menschen in entlegenen Dörfern und in von der Regierung vernachlässigten Vororten Kabuls, in denen die Taliban schon seit längerer Zeit ihren Einfluss ausgebaut hatten.
In seinem Buch geht Feroz mit dem westlichen Militäreinsatz in Afghanistan sehr hart ins Gericht. Nach den Attentaten vom 11. September 2001 hatte der damalige US-Präsident George W. Bush den „Krieg gegen den Terror“ausgerufen. US-Truppen zogen am Hindukusch in die Schlacht gegen die Taliban und die Jihadisten der alQaida. Und sie setzten schon damals auch auf zwielichtige Verbündete wie den brutalen Warlord Abdul Rashid Dostum. Feroz listet die Verfehlungen des „Anti-Terror-Krieges“in Afghanistan auf: von der Allianz mit korrupten lokalen Machthabern über die US-Drohnenattacken, die zahlreichen Zivilisten das Leben kosteten, bis hin zum Foltern und Töten angeblicher „feindlicher Kämpfer“durch westliche Spezialkräfte. All das begünstigte letzten Endes auch den Wiederaufstieg der Taliban. Und der längste Krieg in der US-Geschichte hat tiefe Wunden geschlagen.